Diese Säulen sind Beten, Fasten, Pilgerfahrt, Glaubensbekenntnis und Armenabgabe.
Haben wir früher auch gemacht, werden Sie sagen. Haben, liebe Onliner, Betonung auf HABEN.
Wir, der fortschrittliche und aufgeklärte Westen, wir, das Mitteleuropa des 21. Jahrhunderts, haben solche Dinge längst hinter uns gelassen.
Früher wurde auch bei uns gebetet, vor den Mahlzeiten und vor dem Einschlafen. Nachdem dann zunächst das blöde Tischgebet durch das viel praktischere "Mahlzeit" ersetzt wurde - "Mahlzeit" kann man nämlich auch sagen, wenn man zu Tisch geht, oder von Tisch kommt, oder, so machen es die NRWler auf Cran Canaria, wenn man um 14.00 wieder am Strand erscheint: "Mahlzeit" - nachdem also zunächst das so gehandhabt wurde, hat heute der Blick aufs Handy jeglichen Spruch ersetzt. Wenn in unseren Tagen vier Menschen vor der Suppe die Blicke zu Boden senken, dann sprechen sie nicht mehr "Komm, Herr Jesu", nein, sie kontrollieren das Display ihres I-Phones. Abends ist der letzte Blick auf Facebook der Abendsegen des heutigen modernen Menschen.
Auch wir haben früher gefastet, in den
vorsinnflutlichen (sic) Zeiten, man fastete vor Ostern (Karzeit) und vor Weihnachten
(Adventszeit), nicht nur, um sich spirituell auf das kommende Fest
vorzubereiten, sondern auch, weil man sparen musste und sich die Gans am 25.12.
sonst gar nicht hätte leisten können. Zum Glück ist das heute in der
Wohlstandsgesellschaft anders, man kann schon ab September Nikoläuse und
Lebkuchen erwerben, sowie ab Januar Ostereier, man frisst sich sozusagen mit
LINDT, Tobler und MILKA auf das Fest zu und auf das Fest hin, und wenn man sich
mit all den herrlichen Sachen warmgefressen hat, kommt dann Gans, Ente, Lamm
und Pute, jeweils sekundiert von Kroketten und Pommes. Gefastet wird dann – sie
ahnen es – NACH dem Fest, um all die Kalorien, die Pute und Ei, LINDT und
Tobler beschert haben, wieder loszuwerden.
Pilgerreisen gehörten bis ins
20.Jahrhundert zum Alltag des Katholiken, für viele war es eine Art Urlaub, ein
Hinauskommen, ein Tapetenwechsel. Sie brachten allerdings – und das ist das Rückschrittliche an ihnen – nicht wirkliche eine Wertschöpfung. Daher ersetzt man
heute, wo ja Geld gemacht werden soll, die Reise nach Einsiedeln, Altötting
oder Lourdes durch Fahrten nach New York oder Paris (Shopping-Weekend in…). Der
Muslim pilgert nach Me-kka, der aufgeklärte Deutsche oder Schweizer pilgert
nach Me-tzingen, das sich ja manchmal auch als Outlet-Mekka bezeichnet und wo
die grossen schwarzen Glaskästen immer ein wenig an die Kaaba erinnern, nur das
man nicht herum- sondern hineingeht und mit BOSS® und HILFINGER® wieder
hinauskommt. Wer ein bisschen etwas Anderes für sich tun will, darf auch den
Jakobsweg machen, aber bitte niemals aus katholischen Motiven, da sind Sie
völlig out, wehe, Sie sagen nicht jedem, dass Sie es eben aus allgemein philosophischen Gründen tun oder liessen sich mit einem
Rosenkranz erwischen.
Armenabgabe? Wie absolut veraltet, wie
absolut hinterwäldlerisch und rückständig! Denn in einer modernen Gesellschaft
wie der unseren gibt es ja gar keine Armen mehr! Es gibt nur Faule und
Arbeitsscheue, denn Arbeit ist ja da, man muss nur zugreifen. Und das bald bei
einem Mindestlohn von 8,50.-, es sei denn Sie arbeiten als freier Mitarbeiter
beim Theater, Funk oder an der Uni, da können Sie davon nur träumen. Und wenn
wirklich alle Stricke reissen: Hartz IV ist so grosszügig bemessen, dass Sie
weder auf ihren Mallorcaurlaub noch auf ihren neuen Golf verzichten müssen.
Im Glaubensbekenntnis bekennt sich der
Muslim zu Allah und seinen Propheten Mohammed. Auch wir bekannten früher, in
der uralten Zeit Credo in unum deum…
Heute glauben wir an Justin Bieber, sind –
und das Wortspiel kommt ja von ihm – zu Beliebern geworden, und wir sind da
auch ganz schön fanatisch, wenn ein Model in einer CK-Reklame dem Idol zu nahe
kommt, und die gute Frau umschlingt den Luxuskörper auch ganz schön heftig,
dann bekommt sie – und das ist wirklich wahr! – auch schon mal eine
Morddrohung.
Nein, der Islam ist rückständig, aber die werden das auch noch lernen und die Säulen hinter sich lassen. Oder sich neue Säulen anschaffen: I-Phone-Check, Schoggiosterhasen, Metzingenfahrten, Hartz IV und Justin Bieber.
Nein, der Islam ist rückständig, aber die werden das auch noch lernen und die Säulen hinter sich lassen. Oder sich neue Säulen anschaffen: I-Phone-Check, Schoggiosterhasen, Metzingenfahrten, Hartz IV und Justin Bieber.
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