Dienstag, 4. November 2014

Andalusien V (und letzt): Nun will ich ein Denkmal

Ich war zwei Wochen im schönen Süden Spaniens, ich habe mit dem heutigen fünf Posts geschrieben: Nun will ich ein Denkmal, es kann ja ein kleines sein, vielleicht eine Büste in einem netten Park in Córdoba, eine kleine Statue an der Küste, einen kleinen Brunnen in Sevilla. Gut, ich will nicht wählerisch sein, man könnte auch eine Tafel aufhängen oder eine Strasse nach mir benennen, vielleicht auch ein Café oder eine Fahrschule.

Warum ein bisschen Ferien machen und ein bisschen posten gleich mit einem Denkmal belohnt werden soll? Weil alle eines haben.

Die Andalusier lieben Denkmäler. Im Hafenpark in Málaga stehen sie so dicht, dass die Makaken von Gibraltar, kämen sie vom Felsen weg ohne gültigen Pass, dort vom Kopf eines Bürgermeisters auf die Schulter eines berühmten Komponisten, von dort auf die Brust eines Dichters und dann auf den Rücken eines Offiziers springen könnten, und dann den ganzen Weg zurück. Überall in den andalusischen Städten stehen Statuen von Männern und Frauen in ziemlich verrenkter Position mit wild gedrehten Händen da, es ist die Galerie der Flamencotänzerinnen und -tänzer.

Aber auch dem Fremden, der einmal im Süden Spaniens weilte, wird ein Denkmal gesetzt, dabei ist es völlig wurscht, ob er Tage, Wochen oder Monate da zubrachte.
Nach Rainer Maria Rilke ist in Ronda eine Strasse, ein Eiscafé und eine Fahrschule benannt - und er hat natürlich sein Denkmal. Liest man dann im Reiseführer nach, bekommt man mit, dass der Gute 3 Monate in Ronda war und den Ort mit nur einem Satz in seinem Werk erwähnt, mehr nicht. Gut, Rondaer Elegien klingt auch echt blöd.
An der Strandpromenade in Málaga sitzt Hans Christian Andersen, er war gerade mal vier Wochen dort, macht nix, Denkmal muss sein.

Das Ganze ist natürlich eine Werbestrategie: Der Reisende denkt, wenn der Promi XY schon da war, dann ist das was, dann muss ich da auch hin, ich will über das Pflaster gehen, über das XY schritt und im Restaurant speisen, wo schon XY seinen Fisch zerteilte.
Ob XY in Z glücklich war - was soll's.
So bringt es Valdemossa auf Mallorca fertig, mit Chopin und Sand zu werben, ja  die beiden haben nicht nur ein Denkmal, sie werden jeden Tag zu Geld gemacht. Dass Chopin in jenem Winter depressiv und lungenkrank war, stört keinen, ja sogar das Buch von George Sand, Ein Winter auf Mallorca, wird in 15 Sprachen verkauft, obwohl Madame an Malle, Valdemossa und vor allem den Einwohnern kein, aber auch kein einziges gutes Haar lässt.

Napoleon hatte auf Elba nur einen Wunsch: Weg hier! Heim! Und setzte diesen Wunsch auch relativ bald in die Tat um. Hindert die Elben (ich nenne sie so) nicht daran, die Tage des Bonaparte zu Geld zu machen, als ob der gute Empereur auf der Insel eine Kur gemacht hätte.

Wir sind einfach promisüchtig. Wir schlafen im gleichen Gasthaus wie Goethe und lesen nicht vorher in Dichtung und Wahrheit, ob der Geheimrat nicht furchtbar ablästerte.
Wir essen im gleichen Gasthof wie Spitzweg und schauen nicht nach, ob er nicht ein Bild gemalt hat, auf dem die Wirtsstube wie ein Drecksloch aussieht.
Wir wollen eben über das Pflaster gehen, über das XY schritt.
So lockt Ronda an jeder Ecke mit seinem Rilke, dazu noch mit Hemingway (H-Terrasse, H-Supermarkt, H-Denkmal, H-Park) und Orson Welles (W-Burger, W-Tapas, W-Denkmal, W-Schwimmbad), denn ein Ort, an dem Rilke, Welles UND Hemmingway waren, kann ja nicht schlecht sein.

Nun, wenn also ein so denkmal- und tafelfreudiges Volk wie die Andalusier mir jetzt nicht irgendetwas widmet, habe ich etwas verkehrt gemacht.



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