Freitag, 31. Oktober 2014

Andalusien IV: Gibraltar- und andere Affen

Darf ich das überhaupt? Darf ich etwas zu Gibraltar, diesem nebelumflorten, heissumkämpften Felsen unter dem Stichwort Andalusien 4 sagen? Darf ich die eine Säule des Herkules hier erwähnen, in einem Post, der einen südspanischen Titel hat?
Ich nehme jetzt einmal Andalusien als Landschaft und nicht als politische Einteilung. Dann geht das.

Warum das Gezeter? Gibraltar gehört den Briten. Es ist nicht Teil von Spanien, nicht in der EU und nicht im Schengen-Raum, anders gesagt: Der Felsen ist eine der herrlichsten Absurditäten, die sich die europäische Landkarte leistet.
Das merkt man schon bei der Anreise: An der Grenze angekommen, stürmen spanische Polizisten den Bus und nehmen die Reisenden fest, die aus Versehen schon mit "Good morning" gegrüsst haben, und unterziehen sie einem verschärften Verhör. 100m weiter passiert das Gleiche mit vertauschten Vorzeichen: Britische Soldaten schnappen sich die, die noch "Buenos dias" sagten und befragen sie mit Hilfe von Dauerbeleuchtung und Wassereimern.

Hat man die Grenze geschafft, muss man sofort zum CHANGE und Geld wechseln, Euros in Pfund, aber: Es sind Gibraltesische. Diese sind zwar an Britische Pfund gekoppelt, werden aber in London, Liverpool und Manchester nicht akzeptiert. Man muss also alles ausgeben, was allerdings nicht schwerfällt, denn man hat genügend Möglichkeiten, die unmöglichen Geldscheine loszuwerden. Auf dem nebelumflorten, heissumkämpften Felsen sind alle normalen Güter (Nahrung, Wasser, Strom) teuer und jeder Luxus billig. Schnaps, Zigis und Parfüm bekommen Sie praktisch nachgeworfen. Natürlich sind die Mengen limitiert, weshalb man sich bei der Ausreise wieder schärfsten Kontrollen unterwerfen muss, meist ein Ausziehen bis auf die Unterhose, selten werden auch noch Körperöffnungen  mit gummibehandschuhten Händen abgetastet.

Was tun, wenn man noch Gibraltarpfund im Täschchen hat? Man kann sie an die Pinnwand hängen, sonst nichts, in London, Liverpool und Manchester wird sie niemand nehmen. Natürlich kann man auch mit Euro oder Britischem Pfund zahlen, wenn man ein paar Stunden Zeit hat, mit Wirten und Händlern zu streiten, aber die hat man meistens nicht.
Denn es gibt ja so viel zu sehen: Die Tropfsteinhöhle, die Tunnel, das Naturschutzgebiet, das entzückende Städtchen, die Wehranlagen, den Europapunkt, wo sie Afrika sehen und traditionsgemäss ein Stay there hinüberrufen - unterschiedlich, was man meint, es können Asylanten, Drogen oder jetzt auch Ebola sein - und natürlich die Affen.

Die Affen, die am Aussichtspunkt vor Ihnen herumturnen, sich lausen, balgen und auf die Autos springen, dürfen nicht gefüttert werden, das ist das schlimmste Delikt auf Gibraltar und wird meist mit der Todesstrafe geahndet. Verständlich, ein Flecken mit so viel Polizei und Soldateska braucht ja irgendein Verbrechen, Diebstahl und Morde gibt es fast keine, nur 30.000 Einwohner und eine Halbinsellage machen ein Abtauchen in den Untergrund fast unmöglich.
Sind aber nun die Makaken auf dem nebelumflorten und heissumkämpften Felsen wirklich die einzigen frei lebenden Affen in Europa?
Ich habe meine Zweifel.
Denn ich fühle mich ständig von Affen umgeben - oder von Primaten der Spezies homo erectus, die ihren Verwandten immer ähnlicher werden. Wir machen uns doch jeden Tag zum Affen, immer häufiger und immer mehr.
Entschuldigen Sie bitte, was ist denn für ein Unterschied zwischen einem Schimpansen, der Grimassen schneidet und vor Ihnen herumturnt, damit er ein paar Nüsse bekommt, und einem Teenie, der in sein Handy grinst, knipst, das uploadet und auf ein paar Likes hofft? Was ist der Unterschied zwischen einem Besuch im Affenhaus des Basler Zoos und einem Besuch einer VIP-Veranstaltung? Im Grunde genommen sind die Affen im Zoo sogar schon weiter: Manchmal haben sie nämlich keine Lust, dann machen sie gar nichts, die B- und C-Promis auf den Roten Teppichen können sich das nicht leisten, wenn die Kameras blitzen, machen sie den Sakko-Griff und fahren sich durch die Haare, ein Orang-Utan oder ein Pavian könnte das nicht besser.
Wir machen uns so sehr zum Affen, dass man Kafka umdrehen muss, dort sagt der Affe im Bericht an eine Akademie: "So hörte ich auf, Affe zu sein." Wir haben aufgehört, Menschen zu sein.
Auf Gibraltar leben also am ehesten die einzigen freilebenden Affen, die auch wie solche aussehen.

Gibraltar, der nebelumflorte, heissumkämpfte Felsen, die Säule des Herkules ist also eine Reise wert, trotz verschärfter Kontrollen und Wechselproblemen.
Gibraltar wird britisch bleiben, die Einwohner haben vor Jahren mit 90% dafür gestimmt.
Kein Wunder:
Sie zahlen keine Steuern, der Queen nicht und Madrid auch nicht.

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