Montag, 3. Februar 2014

"Der Herr zahlt bar." "Ach."


Ich buche eigentlich sonst keine Luxushotels, aber wenn ich das Atlantis Steigenberger in Bottrop für EUR 100.- pro Nacht bekomme (via www.hotelomat.com ), warum nicht. Ist ja auch sinnvoll in einer Stadt, in der man so wenig wie möglich vor die Türe gehen sollte. („Wenn Sie Bottrop kennen, finden Sie es überall auf der Welt schön.“ „Hier möchte man nicht einmal tot über den Zaun gehängt werden.“) Ich bereue das Atlantis Steigenberger auch keine Sekunde: Riesenzimmer, Südseite, Schwimmbad mit 20m-Bahn, Fitnessraum mit 90 Geräten, Restaurant mit Gourmet-Karte, üppiges Frühstücksbuffet mit – und das ist in der Hotelwelt so selten wie Eisbär am Südpol – weichen Eiern.
Das Drama beginnt, als ich bezahlen möchte.
„Sie zahlen mit welcher Karte?“, fragt mich die in blauen Blazer und passender Bluse gehüllte junge Dame an der Rezeption. „Mit keiner“, entgegne ich, „ich zahle bar.“ Das sei sehr ungeschickt, erwidert diese, sie habe keinen Schlüssel für die Kasse, ob ich wirklich keine CreditCard habe? Natürlich habe ich eine Mastercard, aber die ist so hoffnungslos überzogen, dass ich auf Barzahlung bestehe. Nach einigem Hin- und Her ruft sie ihren Chef vom Dienst an. Ja, hier stehe ein Mann und der wolle bar, nein, richtig gehört, bar und sie habe doch keinen Schlüssel… Der junge Mann erscheint, Jacke, Hemd und Krawatte in den gleichen Blautönen wie bei der Dame. Er lässt sich meinen Ausweis zeigen und mustert mich von oben bis unten. Man weiss ja schliesslich nicht, und Bargeld taucht ja meistens bei Berufskillern, Drogenkurieren und Callboys auf. Ein Glück, dass ich die Knete im Geldbeutel und nicht in der Hosentasche habe. (Kleiner Exkurs: Wenn ich einfach so im Anzug ins Theater gehe, stopfe ich meine Geldscheine in die Gesässtasche, denn bei Grösse W29 sind diese Taschen aus optischen Gründen zu klein für ein Portemonnaie, so als ob Schlanke auch dünnere Geldbörsen hätten.)
Die Kasse springt auf und ich zähle mein Geld ab. Auf einmal spüre ich Leute hinter mir und als ich verstohlen über die Schulter linse, sehe ich eine ganze Menschentraube. Mindestens 30 Menschen drängen sich um die Rezeption, um den sensationellen Vorgang einer Barzahlung mitzuerleben. Es würde mich jetzt nicht einmal wundern, wenn ich wie im Kalbshaxe-Florida-Sketch von Loriot hören würde: „Was ist denn da los?“ „Der Herr zahlt bar.“ „Ach.“ „Lassen Sie doch mal das Kind durch.“

Wann hat die Zahlung mit echtem, richtigem und anfassbarem Geld den Touch des Üblen bekommen? Gewiss, wie oben erwähnt, werden viele heikle Sachen bar bezahlt. Aber ich bekomme doch auch rechtmässiges, hart verdientes Geld an meinem Bankomat. Und Bargeld hat extreme Vorteile: Hier kann niemand meine Daten kopieren, es kann nicht – wie neulich passiert – doppelt abgebucht werden, ich behalte den Überblick über meine Transaktionen und kann auch locker ein Trinkgeld geben, was ich in Bottrop natürlich unterlasse. Der einzige Nachteil ist, dass es mir gestohlen werden kann, daher schleppe ich auch nicht ständig 30 000.- mit mir herum, sondern so viel wie ich brauche. Das ist relativ unspontan, aber mal ganz ehrlich: Wie häufig kaufen wir so ganz spontan und nebenbei eine Audemars Piguet, einen Perserteppich oder eine Jacht?
Aber die Kartenzahlerei ist nicht aufzuhalten. Da fischen Leute beim Kauf eines RedBull ihre VISA aus der Tasche, da hantieren andere bei McDoof für ein paar Pommes mit MASTER, da zücken weitere ihre DINERS CLUB, um einen Radiergummi zu erstehen.
Ich werde weiterhin bar zahlen, wo auch immer es geht.
Der Chef vom Dienst verabschiedet sich bei mir, beugt sich noch zu mir herüber und flüstert mir ins Ohr: „Wir haben jetzt für Sie eine Ausnahme gemacht, aber bitte, bitte, erzählen Sie das nicht weiter, stellen Sie sich vor, das spräche sich herum: Im Atlantis in Bottrop kann man bar bezahlen…“
Leider konnte ich ihm das nicht versprechen, und hätte ich, wäre das Versprechen jetzt gebrochen.   

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