Ich buche eigentlich sonst keine
Luxushotels, aber wenn ich das Atlantis Steigenberger in Bottrop für EUR 100.-
pro Nacht bekomme (via www.hotelomat.com ), warum nicht. Ist ja auch sinnvoll
in einer Stadt, in der man so wenig wie möglich vor die Türe gehen sollte.
(„Wenn Sie Bottrop kennen, finden Sie es überall auf der Welt schön.“ „Hier
möchte man nicht einmal tot über den Zaun gehängt werden.“) Ich bereue das
Atlantis Steigenberger auch keine Sekunde: Riesenzimmer, Südseite, Schwimmbad
mit 20m-Bahn, Fitnessraum mit 90 Geräten, Restaurant mit Gourmet-Karte, üppiges
Frühstücksbuffet mit – und das ist in der Hotelwelt so selten wie Eisbär am
Südpol – weichen Eiern.
Das Drama beginnt, als ich bezahlen möchte.
„Sie zahlen mit welcher Karte?“, fragt mich
die in blauen Blazer und passender Bluse gehüllte junge Dame an der Rezeption.
„Mit keiner“, entgegne ich, „ich zahle bar.“ Das sei sehr ungeschickt, erwidert
diese, sie habe keinen Schlüssel für die Kasse, ob ich wirklich keine
CreditCard habe? Natürlich habe ich eine Mastercard, aber die ist so
hoffnungslos überzogen, dass ich auf Barzahlung bestehe. Nach einigem Hin- und
Her ruft sie ihren Chef vom Dienst an. Ja, hier stehe ein Mann und der wolle
bar, nein, richtig gehört, bar und sie habe doch keinen Schlüssel… Der junge
Mann erscheint, Jacke, Hemd und Krawatte in den gleichen Blautönen wie bei der
Dame. Er lässt sich meinen Ausweis zeigen und mustert mich von oben bis unten.
Man weiss ja schliesslich nicht, und Bargeld taucht ja meistens bei Berufskillern,
Drogenkurieren und Callboys auf. Ein Glück, dass ich die Knete im Geldbeutel
und nicht in der Hosentasche habe. (Kleiner Exkurs: Wenn ich einfach so im
Anzug ins Theater gehe, stopfe ich meine Geldscheine in die Gesässtasche, denn
bei Grösse W29 sind diese Taschen aus optischen Gründen zu klein für ein
Portemonnaie, so als ob Schlanke auch dünnere Geldbörsen hätten.)
Die Kasse springt auf und ich zähle mein
Geld ab. Auf einmal spüre ich Leute hinter mir und als ich verstohlen über die
Schulter linse, sehe ich eine ganze Menschentraube. Mindestens 30 Menschen
drängen sich um die Rezeption, um den sensationellen Vorgang einer Barzahlung
mitzuerleben. Es würde mich jetzt nicht einmal wundern, wenn ich wie im
Kalbshaxe-Florida-Sketch von Loriot hören würde: „Was ist denn da los?“ „Der
Herr zahlt bar.“ „Ach.“ „Lassen Sie doch mal das Kind durch.“
Wann hat die Zahlung mit echtem, richtigem
und anfassbarem Geld den Touch des Üblen bekommen? Gewiss, wie oben erwähnt, werden viele heikle Sachen bar bezahlt. Aber ich bekomme doch auch
rechtmässiges, hart verdientes Geld an meinem Bankomat. Und Bargeld hat extreme
Vorteile: Hier kann niemand meine Daten kopieren, es kann nicht – wie neulich
passiert – doppelt abgebucht werden, ich behalte den Überblick über meine Transaktionen
und kann auch locker ein Trinkgeld geben, was ich in Bottrop natürlich unterlasse.
Der einzige Nachteil ist, dass es mir gestohlen werden kann, daher schleppe ich
auch nicht ständig 30 000.- mit mir herum, sondern so viel wie ich brauche. Das
ist relativ unspontan, aber mal ganz ehrlich: Wie häufig kaufen wir so ganz
spontan und nebenbei eine Audemars Piguet, einen Perserteppich oder eine Jacht?
Aber die Kartenzahlerei ist nicht
aufzuhalten. Da fischen Leute beim Kauf eines RedBull ihre VISA aus der Tasche,
da hantieren andere bei McDoof für ein paar Pommes mit MASTER, da zücken
weitere ihre DINERS CLUB, um einen Radiergummi zu erstehen.
Ich werde weiterhin bar zahlen, wo auch
immer es geht.
Der Chef vom Dienst verabschiedet sich bei
mir, beugt sich noch zu mir herüber und flüstert mir ins Ohr: „Wir haben jetzt
für Sie eine Ausnahme gemacht, aber bitte, bitte, erzählen Sie das nicht weiter,
stellen Sie sich vor, das spräche sich herum: Im Atlantis in Bottrop kann man
bar bezahlen…“
Leider konnte ich ihm das nicht
versprechen, und hätte ich, wäre das Versprechen jetzt gebrochen.
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