Dienstag, 25. Februar 2014

Die Swisscom und das Vergessen


Das indische Gemischtwarenlädchen in der Hammerstrasse habe ich richtig liebgewonnen, obwohl ich nur viermal da war. Betritt man den Laden, in dem man etliche Dinge einkaufen, mit einem Billigstanbieter telefonieren und ins Internet gehen kann, wabern einem schon die Düfte von Kardamom, Zimt, Curry und Ingwer entgegen, denn im Hinterzimmer wird gekocht. Eine reizende Junge Dame mit Punkt auf der Stirn begrüsst einen mit aufeinandergelegten Handflächen und leichter Verbeugung, das ist natürlich Quatsch, das tut sie nicht, aber man hat, so wie sie lächelt, das Gefühl, sie täte es. Sie führt den Kunden, nachdem sie auch ihr Söhnchen angelächelt hat, das auf einer Wolldecke spielt, dann zu seinem PC und kontrolliert, ob das Internet funktioniert, dann kann man surfen, jeden Tag von 10.00 bis 22.00, einmal Mailchecken kostet 1.-
Übrigens ist auch mein letzter Post von diesem Orte aus veröffentlicht worden.
Warum ich seit langer Zeit einmal wieder ein Internetcafé aufsuchte? Weil die Swisscom mich drei Tage hängen liess. Mittwoch war mein Zügeltag – der vielleicht noch weitere Posts nach sich ziehen wird – und die Swisscom hatte mir versprochen, dass Telefon und Internet im Laufe des Donnerstages aufgeschaltet würden.
Sie können den Anschluss 061 xxx xx xx ab sofort an Ihrem neuen Standort nutzen. Sollten Sie einen Internetzugang haben, werden Sie separat informiert.
SMS um 10.45, soweit, so gut.
Die nächste Nachricht war schon etwas ernüchternder:
Ihr Service wird bis 18.00 aufgeschaltet, wir informieren Sie bis 18.00, sobald Sie diesen einrichten können.
Eine weitere SMS kam nicht.
Auch nicht am Freitag.
Auch nicht am Samstag. Da ich kein Onlinejunkie bin, machte ich halt kurze Besuche in Indien, liess mich von Zimt und Kardamom umwehen, lächelte das Söhnchen an und checkte kurz meine Mails, am Sonntagabend rief ich dann die Hotline an. Eine halbe Stunde umdudelte mich DA DA DAM DA DA DA (Wer komponiert eigentlich diese Jingles? Sollte unter Zuchthausstrafe gestellt werden.) Dann war ein reizender junger Mann am Telefon, hörte sich mein Anliegen an und warf mich aus der Leitung.
Am Montag stand ich dann im Swisscomshop in der Innenstadt und auch wenn ich versuchte so wie die junge Inderin zu wirken, sah man auf meiner Stirne keinen Imaginärpunkt, sondern eher Zornesfalten und meine Hände lagen auch nicht aufeinander, sondern bildeten Fäuste in der Tasche.
Der Kundenbetreuer faselte etwas von Schwierigkeiten zurzeit, von Netzknoten, Schaltstellen und Schwankungen  im Raum-Zeit-Kontinuum, konnte nun aber auch nichts machen als bei der Hotline anzurufen, nur kommt er schneller durch. Dabei fand man heraus, dass ich gestern angerufen hätte und meinte, ich hätte das Gespräch wiederaufnehmen sollen, also noch einmal 30 Minuten DA DA DAM DA DA DA…
Nach langem Hin und Her einigten wir uns darauf, dass ein Techniker mich zwischen 17.00 und 17.30 anrufen werde. Nach 45 Minuten erreichte mich eine SMS:
Ihr Internetzugang ist jetzt geschaltet…
Sie hatten keine Probleme mit dem Raum-Zeit-Kontinuum gehabt.
Sie hatten es einfach vergessen.
 Vergessen.
Menschlich, allzu menschlich, jeder vergisst ständig irgendetwas, jeder kann mal einen Termin vergessen oder sein GA, Männer vergessen den Hochzeitstag und Kinder den Geburtstag der Oma. Zwei Sachen aber sind ärgerlich.
Zum einen sieht man sich, wenn man Taxis, Eintrittskarten, Hotelzimmer, Strom, Gas, Wasser oder eben Internet bestellt, einer anonymen Masse gegenüber, man muss sich einfach drauf verlassen, dass es irgendwie erledigt wird. Wenn man einem Freund etwas aufträgt, weiss man, ob der zuverlässig ist oder nicht, aber bei Nichtpersonalen? „Hallo, ist da die Taxizentrale? Die Mitarbeiterin vorhin klang so etwas schusselig, können Sie mal schauen, ob Taxi für Herter 20.00 Allschwil bei Ihnen steht?“ Es stand übrigens wirklich schon einmal nichts drin, das Taxi kam nicht, wahrscheinlich weil die Frau am Telefon anstatt meinen Bestellung reinzuhämmern ihre Fingernägel lackiert hatte.
Alles, was über Telefone mit mehreren Mitarbeitern geht, sollte zuverlässig sein.
Zum Zweiten ist die Swisscom nicht so tolerant wie man mit ihr sein sollte, vor allem, wenn es um das Vergessen von Rechnungen geht. Schon am ersten Tag nach Fristablauf wird ein Schreiben losgeschickt, das den Kunden an sein Säumnis erinnert und im Falle der wiederholten Nichtzahlung alles Mögliche androht: Zwangsvollstreckung, Pfändung, Gefängnis, Daumenschrauben, Streckbank, Eiserne Jungfrau, Teeren und Federn und als Ultima Ratio das Grausamste, das passieren kann: Abschalten des Internets.
Nein, liebe Swisscom, Vergessen ist menschlich, allzu menschlich, aber ich bin mit dir als anonyme Wand und eifrige intolerante Anmahnerin weniger gnädig als mit einem Kumpel, der einen Jasstermin vergisst.
Vielleicht kündige ich eh meinen Vertrag, das Lädchen fünf Häuser weiter hat ja immer offen, vielleicht gehe ich ja da hin, lasse mich von Zimtdüften umwehen, lächele das Söhnchen an, surfe dort und telefoniere mit Billigstanbieter. Und vielleicht macht die junge Frau ja für Stammkunden die Handflächenverbeugung.      

 

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