30sek: Herr Stämpfli, Sie sind Gründer und Leiter der Selbsthilfe-Vereinigung „Heteromänner in schwulen Berufen“. Braucht es eine solche Arbeit?
Stämpfli: Absolut. Heteros in sind in gewissen
Umfeldern noch immer grossen Belastungen ausgesetzt. Ein Inning…
30sek: Was ist ein Inning?
Stämpfli: Das Gegenteil von Outing: Jemand
gibt zu, dass er Hetero ist. Ein Inning also kostet sehr viel Courage.
30sek: Von welchen Berufen reden wir?
Stämpfli: Coiffeur, Kosmetik, Spa und
Wellness, Parfümerie, Modebranche und Kleider-Detailhandel, aber auch
Innenarchitektur, Möbel- und Antiquitätenhandel, und natürlich das gesamte Feld
Theater-Film-Kunst-Musik.
30sek: Werbung?
Stämpfli: Ja, natürlich, vor allem, wenn die
Kunden aus den oben genannten Bereichen kommen.
30sek: Der Schwule also als Garant für
Schönheit, Eleganz und Stil?
Stämpfli: Das ist dieses saublöde Klischee!!!
Warum soll ein Mann, der auf Frauen steht, nicht einen Duft kreieren können?
Warum soll er keine Frisur gestalten können? Warum soll ein Hetero nicht
wissen, wo er ein Sofa hinstellen soll? Wenn Schwule jetzt auch Fussball
spielen, dann können doch wir auch Gesichter schminken!!!
30sek: Man merkt, Sie sind emotional
dabei.
Stämpfli: Absolut. Ich habe selber jahrelang
still gelitten, bis ich mich traute, der Öffentlichkeit meine Partnerin
vorzustellen.
30sek: Sie sind Visagist…
Stämpfli: Ja, heute mit eigenem Laden in der
Zürcher Bahnhofstrasse, aber damals…
30sek: Wann war das?
Stämpfli: 2002, da war ich noch angestellt.
30sek: Wie hat ihr Chef reagiert?
Stämpfli: Er hat mich
rausgeschmissen, er meinte, die Kundinnen liessen sich doch nicht von einem
normalen Macho übers Gesicht fahren, die wollten die Sicherheit, dass die
Finger, die da über ihre Backen fahren, kein heterosexuelles Begehren ausloten.
Und zu mir haben ja auch Kundinnen gesagt: „Ihr Schwulen habt so zarte Finger.“
30sek: Wie sieht es in der Modebranche
aus?
Stämpfli: Wenn ein Hetero einer Kundin sagt,
ihr stehe Grün, dann kauft sie ein rotes und ein gelbes Shirt, die ihr
natürlich nicht stehen, und sagt dann, sie sei schlecht beraten worden. Wenn
man ihr mit nasaler, affektierter Stimme sagt: „Schätzchen, in Grün siehst du
phäänomenaal auss!“, dann kauft sie gleich drei grüne Blusen.
30sek: Herr Stämpfli, wird das Outing
von Fussballstars und Soldaten Ihnen nützen?
Stämpfli: Absolut. Jede Art von Klischee, die
beseitigt wird, ist gut. Und wenn man weiss, dass auch Schwule kampfbetonten
Sport machen können, dann wird man bald checken, dass auch Heteros Stil
und Geschmack haben können.
30sek: Ihre Wünsche für die Zukunft?
Stämpfli: Ich wünsche mir. Dass folgende
Sätze bald der Vergangenheit angehören:
„Wenn du nicht
schwul wärst, hättest du das Tor getroffen.“ Und:„Ich habe mir jetzt eine Gruixtend gekauft, du weisst das nicht,
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