Die Schweizer hätten beim Thema ÖV ein Luxusproblem, sagt
Mnube Mnububu aus Kenia, wenn er in die Kreisstadt müsse, stehe er um 4.00 auf,
beim ersten Sonnenstrahl, beim ersten Gnuschrei, dann müsse er, nachdem er sich
gewaschen, angezogen und seinen Maniok gegessen habe, zwei Stunden bis zu einer
Busshaltestelle laufen, dort müsse er um 7.00 sein, denn ab 7.00 komme dort der
Bus vorbei, die Betonung liege hier allerdings auf „ab“, denn Bus erreiche die
Haltestelle eben zwischen 7.00 und 12.00, man tue gut daran, immer etwas zum
Trinken und zum Lesen und zum Rauchen dabei zu haben. Komme der Bus dann, so
Mnube Mnububu, so sei man froh, wenn auf dem Dach noch Platz sei, denn
Trittbrett, Heck oder Front seien nicht so gemütlich. Die Rückfahrt aus der
Kreisstadt gestalte sich ähnlich, die Abfahrt erfolge zwischen Sonnenuntergang
und letztem Gnuschrei, also zwischen 19.00 und 24.00, er müsse dann natürlich
noch zwei Stunden heimwandern, eine Fahrt auf ein Amt, eine Behörde sei also
eine gewaltige Sache.
Die Schweizer hätten beim Thema ÖV ein Luxusproblem, sagt Schantall
Glabowski aus Wanne-Eickel. Sie arbeite in Bottrop und stehe jeden Tag um 3.00
auf, denn ohne vier Zigaretten und vier Tassen Kaffee werde sie nicht wach. Um
4.30 fahre die S-Bahn, die sie erreichen müsse, um rechtzeitig in der Halle der
Frock AG zu stehn, Frühschicht. Sie könnte auch später fahren, aber man wisse
ja, so Schantall Glabowski, wie das in Deutschland sei. Mal komme die Bahn
überhaupt nicht, mal mit 50 Minuten Verspätung, mal seien die Türen kaputt und
man könne nicht einsteigen, mal bliebe der Zug einfach irgendwo stehen.
Alle drei, Mnube, Hiroshi und Schantall, sind sich einig: Die
Forderung nach einem billiardenschweren Ausbau der SBB, damit Pendler
pünktlich, zuverlässig, bequem und SITZEND (hier erfolgt dreistimmiges,
dreisprachiges, multiethnisches, internationales Hohngelächter) sei das
Absurdeste, was sie je gehört hätten.
Gut und schön, aber die Drei vergessen das Folgende: Die
Pendler Simone Burckhardt (Basel-Bern), Pia Matter (Bern-Zürich) und Urs
Schläfli (Zürich-Basel) könnten auch mit dem Auto fahren. Das ist nämlich für
unser Trio keine Option. Mnube hat gar keinen PKW, Hiroshi hat zwar einen, aber
nur zum Einkaufen im Vorort, denn die Parkplatzsuche in Tokio würde ihn drei
Stunden kosten, Schantall käme problemlos zur Frühschicht, stünde dann aber auf
dem Rückweg vier Stunden im Stau.
Warum fahren dann Simone, Pia und Urs mit der SBB?
Einerseits aus Umweltschutzüberzeugung, andererseits, weil sie im Zug all das
können, was im Auto nicht geht: Essen, Trinken, Lesen, Arbeiten, Dösen,
Schlafen. Wenn die Züge nicht mehr pünktlich sind und vor allem, wenn sie keine
Sitzplätze mehr bieten, werden die drei wieder den PKW benützen und statt wie
bislang als Pendler die Eisen- werden sie als Pendler wieder die Autobahnen
verstopfen. Der Hinweis, dass es in anderen Ländern im Pendlerverkehr
wesentlich rauer und härter zugeht, rinnt also an unserer Baslerin, unserer
Bernerin, unserem Zürcher ab wie Wasser.
Daher: Bitte, bitte, liebe Schweizer:
Stimmen Sie am 9.2., wenn es um Finanzierung und Ausbau der
Bahninfrastruktur geht (FABI) mit JA!Denn auch ich geniesse das Pendeln in warmen, pünktlichen Zügen MIT SITZPLATZ. Dieser gesamte Post ist auch in einem Zug entstanden, in doppelter Hinsicht.
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