Dienstag, 3. Dezember 2013

Im Freibad zugenommen und in der Unibibliothek nichts gelernt


Ricardo und Florian trafen sich nach der Sommer- und Herbstpause zum ersten Mal wieder in ihrer Stammkneipe. Die beiden kennen sich vom Lehramtsstudium, aber während Ricci schon das erste Jahr unterrichtet und jetzt die Sommerferien (und Herbstferien) genossen hatte, war Flo kurz vor dem Examen.
„Mensch, bist du braun“, begrüsste er den Kollegen, „allerdings hast du auch zugenommen." “Stimmt“, gab Ricardo zu, „dabei war ich jeden Tag im Schwimmbad. Und du? Du siehst müde und blass aus. Fit für die Prüfungen?“ „So lala. Ich hab echt wenig gelernt. Dabei war ich jeden Tag in der Bibliothek. Wenigstens habe ich keine zusätzlichen Kilos.“
Beim ersten Bier versuchten die zwei Kumpels zu analysieren, wie man im Freibad aus der Facon kommen und in der UB nichts lernen kann.

Dabei ist die Lösung denkbar einfach: Wir verwechseln Anwesenheit mit Aktion. 
Nehmen wir doch gerade mal die Badi: Sie wollen in den Sommermonaten endlich etwas für ihre Fitness tun und kaufen sich ein Abonnement für das örtliche Freibad. Schon beim Betreten fühlen Sie: Hier ist ein Ort, an dem Sie sich runderneuern werden, denn wo Sie hinschauen, sehen Sie durchtrainierte, muskulöse und bronzefarbene Körper. Sie schwimmen eine Länge, plantschen noch ein wenig am Rand und legen sich in die Sonne. Nach einem Stündchen haben Sie unbändige Lust auf Pommes – Pommes rot-weiss, oder „Schranke“ wie die Norddeutschen sagen. Sie sonnen danach noch ein bisschen, schwimmen und plantschen noch eine kurze Zeit und gleiten die Rutschbahn hinab und… jetzt muss es ein Eis (Magnum Mandel) sein. Am nächsten Tag zeigt die Waage 500g mehr.
Denn: Der Anblick des Wassers verbrennt keine Kalorien, das Berühren des Wassers verbrennt keine Kalorien, das Hinabrutschen auch nicht. Einzig etliche Längen, schnell hintereinander durchpflügt, führen Sie in den sogenannten aeroben Bereich, in dem Sie Fett verbrennen, zum Beispiel das von Majo und Ketchup.
Und was ist mit den schlanken und muskulösen Leuten? Die sind meistens 17, und mit 17 hat man noch Träume - und einen anderen Körper.

Genauso wie in der Badi ist es in der Bibliothek. Die Anwesenheit allein bringt nichts. Auch wenn man das Gefühl hat, 5000 Meter Weisheit müssten doch irgendwie auf magische Weise abstrahlen, es ist nicht so. Auch das Anhäufen auf dem Pult bringt nix, nicht einmal das Durchblättern, Sie kommen nicht drum herum, Sie müssen die Bücher wirklich lesen - und verstehen!

Es langt also nicht, irgendwo zu sein, Sie müssen etwas tun.
Sie lernen in Frankreich kein Wort Französisch, wenn Sie keine Kommunikation betreiben. 
Sie lernen keinen Chopin, wenn Sie einen Flügel im Wohnzimmer und die Noten im Bücherschrank haben.
Sie - und jetzt wird es spannend - regieren nicht, auch wenn Sie an der Regierung sind, aber nichts machen. Es genügt nicht, den Finanzsektor zu besetzen, man muss die Finanzen auch sanieren. Es reicht nicht, das Wirtschaftsministerium zu leiten, die Wirtschaft sollte auch etwas davon haben. Es langt nicht, der Verkehrsminister zu sein, man muss sich auch um den Verkehr - immer wachsend, immer brodelnder, immer bedrohlicher - kümmern. 
So hat die Grosse Koalition die besten Voraussetzungen, um etwas zu bewirken: Sie hat fast 2/3 der Stimmen, ist breit abgesichert im Volk. 
Aber jetzt muss auch was passieren! 
Jetzt! 
Ihr könnt alles durchsetzen, also setzt auch was durch! 
Jetzt!
Sonst geht es euch nach vier Jahren wie den beiden Studienkollegen. Sonst habt ihr auch in der UB nix gelernt und im Bad zugenommen.

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