Montag, 9. Dezember 2013

Das wahre Problem ist das Auspacken

Ich habe nun endlich das wahre Problem von Weihnachten gefunden – und gelöst.

Das Problem ist nicht die Weihnachtsfeier.
Das Problem ist nicht das Wünschen.
Das Problem ist nicht das Schenken.
Das Problem ist nicht der Gabentisch.

Das Problem ist das Auspacken.

Also, erst packen wir die Geschenke aus und dann hört Opa seine Weihnachtsplatte, dann sagt Dicki sein Weihnachtsgedicht auf und dann machen wir es uns gemütlich.

Hallo, Familie Hoppenstedt, hört ihr nicht zu? Ich sagte gerade, das Auspacken sei das Problem. Und ich spreche nicht von den ca. 23 Kubikmetern Papier, Tüll, Schleifchen, Zellophan, Pappe und Tesafilm, die an einem 24.12. zusammenkommen und jeden Mülleimer, jede Altpapiertonne, jeden Abstellraum und jeden Schrank sprengen. Ich spreche vom Vorgang des Auspackens.

Nein, erst sagt Dicki sein Weihnachtsgedicht auf, dann schauen wir uns die Weihnachtssendung im Fernsehen an, dann packen wir die Geschenke aus und dann machen wir es uns gemütlich.

Haaaaaaaaaaalloooo, Familie Hoppenstedt! Ihr hört nicht zu. Das Auspacken, der Vorgang des Papieraufreissens, des Tesaabmachens, des Schleifchenzerschneidens, das ist das Problem.
Und warum?
In der Zeit vor dem Heiligen Abend wird man ja stets gefragt, was man sich zu Weihnachten wünsche. Antwortet man jetzt nicht ausweichend („Dir fällt bestimmt etwas Nettes ein.“) oder wünscht sich Belangloses wie Krawatten und Düfte, sondern antwortet ehrlich, wünscht sich das, was man wirklich will, liegen unter dem Tannenbaum etwas andere Präsente. Da hat sich der 18jährige Sohn 150g Schwarzer Libanese gewünscht, die ein Jahr jüngere Tochter eine Geschenkpackung Fliegenpilze, Mutti wollte einen Vibrator, weil Papi… na ja, wahrscheinlich stressbedingt, aber er bringt’s nicht mehr so… und Vati ganz viel Viagra, denn er befürchtet,  Mutti will jetzt irgendwann ein Hilfsmittel. Der 13jährige Sohn hat auf seinen Wunschzettel ganz im Stile von Oscar Wilde geschrieben: „Ich bin nicht anspruchsvoll, ich freue mich über jedes Geschenk, das erst ab 18 ist.“
Und das soll nun zu den Klängen von Stille Nacht und Adeste Fideles im Kerzenschimmer ausgepackt werden? Wo doch auch Opa und Oma, Uropa und Uroma da sind und die sehr strenge Tante Isolde, die schon die obengenannten Wörter nicht über die Lippen bringt? Nimmt man das nicht lieber eingepackt mit ins stille Kämmerlein und freut sich dort, dass endlich mal ein Herzenswunsch erfüllt wurde?
Ein anderes Szenario geschah letztes Jahr, als ich Söhnen von befreundeten Familien das Buch Ich knall euch ab von Morton Rhue schenkte, in dem er in Einzelberichten einen (erfundenen) Amoklauf analysiert. In Familie 1 hatte der Sohn kaum ausgepackt, als die Eltern es sehen wollten, den Roman als gewaltverherrlichend und amokanstiftend ansahen und das Buch sofort konfiszierten. (Und mir eine böse Mail schrieben, in dem mir der Kontakt mit ihren Kindern untersagt wird.)
In Familie 2 hatte der Sohn kaum ausgepackt, als die Eltern es sehen wollten, das Buch als das erkannten, was es ist, ein literarisch gekonntes und pädagogisch wertvolles Stück Literatur, nur wollte der Sohn es jetzt nicht mehr lesen, weil er in einem Alter ist, in dem man eben keine literarisch gekonnten und pädagogisch wertvollen Bücher möchte. Hätten sie nicht sofort auspacken müssen, hätten beide das Buch verschlungen.
Also bleiben dieses Jahr die Gaben vom Gabentisch unausgepackt. Jeder kann sich das wünschen, was er WIRKLICH will.  Und wenn die strenge Tante Isolde sagt, es rieche hier so süsslich, dann sagt der 18jährige Sohn: „Wahrscheinlich arabische Gewürze, ich koche doch so gerne.“

Nein, wir machen es so: Erst sagt Dicki sein Weihnachtsgedicht auf und Opa hört die Weihnachtsplatte, dann machen wir es uns gemütlich und dann packen wir die Geschenke aus..
 
Ach, Hopfenstedts! Bei euch ist Hoppen und Malz – äh – Hoppenstedts, bei euch ist Hopfen und Malz verloren. Und das Verpackungsproblem habt ihr ja auch nicht in den Griff bekommen, alles ins Treppenhaus ist zwar genial, aber weil das alle schon gemacht haben, stürzt die ganze Papierflut in euren Korridor.

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