Donnerstag, 31. Oktober 2013

Wo liegt Thaleischweiler-Fröschen?

Zu den grossen Diskussionsthemen der Sprachforscher gehört die Frage: Ist Humor übersetzbar? Kann man Heinz Erhard, OTTO, Robert Gernhard oder gar Loriot in eine andere Sprache übertragen? Oft natürlich nicht, weil ein Wortspiel in einer anderen Zunge nicht klappt. Übersetzen Sie doch mal das: "Es ist soeben etwas Furchtbares eingetreten - nämlich ich. Und ich heisse nicht nur Heinz Erhard, sondern Sie auch herzlich willkommen." Diese Konstruktion (Bildungsprotzer nennen sie Zeugma) ist nicht übersetzbar. Aber manchmal geht es. Als neulich ein Kollege behauptete, die Englische Fernsehansage  könne man nur in Deutsch aufsagen, musste ich widersprechen. Wenn man in einem englischen Text statt der unaussprechlichen englischen Namen eben unaussprechliche deutsche Namen nähme, könnte das sehr wohl gehen.
Da würden dann Herr und Frau Kräuter-Schächtele in Thaleischweiler-Fröschen wohnen, mit dem jüngsten Sohn Eberhard-Benedikt, die zwei Kusinen Anna-Katharina und Chantal-Hilaria Feierling-Rombach kämen aus Hiddenhausen-Schweicheln und Hochdorf-Marktzeuln.
Ausser den Vornamen ist übrigens alles echt. Wie kommt man auf so bescheuerte Ortsnamen?
Auf verschiedene Arten und alle sind gleich doof.
Die eine Art verdanken wir der deutschen Gemeindereform, und zwar egal, ob bei Juxhausen-Lachheim Lachheim ein Stadtteil von Juxhausen ist, oder ob die beiden Gemeinden fusioniert haben. Wir erinnern uns:
In den 70ern kam der deutsche Staat auf eine tolle Idee: Grössere Verwaltungseinheiten. Also schickten sie wie weiland der Kaiser Augsutus Boten in die Provinz und liessen verkünden: "In 5 Jahren haben alle Gemeinden 8000 Einwohner, wer es zum Stichtag nicht geschafft hat zu fusionieren oder zu wachsen, wird zwangseingemeindet."
Nun begann ein überaus wildes, hektisches und chaotisches Treiben. Da schlossen Dörfer Zwangsehen, gegen die die Beziehung von Sieglinde und Hunding eine reine Liebesheirat war, da zogen Gemeinden wie Umkirch scheusslichste Hochhäuser hoch und warben kurz noch 700 Einwohner an. Da wurde gefeilscht, gemarktet, geschachert. Da versprach man Dörfern, die man eingemeinden wollte, Tennishallen, Schwimmbäder, Kunsteisbahnen, Merkzweckhallen, Kinos, Einkaufscenter und Teddybären. So kann es sein, dass in der Stadt Pixheim das Hallenbad eine kleine Planschkloake ist, aber im Stadtteil Puschelbüren weit draussen ein Sportbad mit 50m-Bahn und 10m-Sprungturm steht. Oder dass eine Stadt wie Freiburg ungefähr zwei Schwimmbäder pro Einwohner hat, Bäder, die man sich übrigens nicht mehr leisten kann.
Hat die Gemeindereform etwas gebracht? Vereinfacht? Kosten gespaart? Es gab nie eine neutrale Analyse - wann gibt es die schon bei staatlichen Massahmen - aber es war auf jeden Fall ein Riesenklamauk.
Die andere Art der Doppelnamen ensteht durch Bahnhofsteilung.
Hier haben dann Juxhausen und Lachheim einfach die gleiche Zugsstation. Aber Vorsicht! Wer denkt, er komme vom Bahnhof mühelos in beide Orte, irrt sich oft. Klar ist nur, dass die Station gleich weit von beiden Gemeinden liegt, das können auch 5 Kilometer sein. Die Bahn ist da nämlich sehr erfinderisch. Früher hielt der IC in Bonn und man fuhr mit einer S-Bahn in einer Viertelstunde nach Siegburg. Heute hält der ICE in Siegburg und Sie fahren mit dem selben Bähnchen nach Bonn. Weil der Bahnhof aber nun Siegburg/Bonn heisst, hat man das Gefühl, der Bahnhof läge nahe der Bonner Innenstadt, als hätte Mehdorn die beiden Gemeinden irgendwie näher zusammengeschoben, was natürlich Quatsch ist.
Wer also nun bei der nächsten Reise an den Namen im Fahrplan verzweifelt - müssen wir in Dubingen-Horsten nach Teegolf-Friesing umsteigen oder in Dubingen-Friesing nach Teegolf-Horsten? - weiss, warum.
Ach, Schweizer: Bitte hört auf zu lächeln! Ist Dottikon-Dintikon (zwischen Lenzburg und Wohlen) nicht genauso bescheuert?

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