Dienstag, 15. Oktober 2013

Männer können (wollen?) Multitasken


Ich komme an einem ganz normalen Arbeitstag nach Hause. Der Briefkasten ist voll, die Mailbox wahrscheinlich auch, die Waschmaschine ist gerade frei und ich habe tierisch Hunger. Also mache ich mich ans Kochen und während ich auf gewisse Dinge warte, zum Beispiel bis das Wasser kocht, rufe ich in die Wohnung: „Schatzi, kannst du mal die Post durchsehen?“, später: „Mausi, kannst du kurz die Mails checken?“ und dann: „Bärchen, machst du noch eine Ladung Kochwäsche rein?“ Nach der Mahlzeit muss ich allerdings feststellen, dass nichts, aber auch gar nichts gemacht ist. Aber überhaupt nix. Weil da ist nämlich kein Schatzi, Mausi oder Bärchen, das Dinge erledigt, während ich des Brodelns des Nasses harre. (Was für eine Formulierung! Ich muss mich dringend für den Naumburger Lyrikpreis bewerben.) Also sieht es in Wirklichkeit so aus: Ich koche, während unten im Keller meine Slips und Handtücher sich im Kreise drehen, wenn ich kurz auf das Glasigwerden der Zwiebeln warte, sehe ich die Post durch (eh alles für den Papiermüll), hinter mir auf dem Küchentisch steht mein Läpptop.
Männer können multitasken. Also zumindest manche Männer, denn ich kann es und ich bin ein Mann. Männer können es dann nicht, wenn eben ein Schatzi-Mausi-Bärchen da ist, die so froh ist, dass der Mann einmal kocht und deshalb eben die 50 anderen Dinge erledigt. Keine Frau wagt es dann zu murmeln: „Liebling, du musst das Wasser beim Erwärmen nicht beobachten und zehn Minuten neben dem Topf stehen.“ Es könnte ja sein, dass Männe morgen dann gar nix mehr macht und sich aufs Sofa legt, während die holde Gattin kocht UND die 50 Kleinigkeiten erledigt. Frauen können nämlich multitasken, weil sie es müssen, ich kann es aus dem gleichen Grund. Männer können es dann nicht, wenn man zulässt, dass sie es nicht tun.
Oh, bitte, jetzt nicht der Biologismus-Quatsch! „Frauen schminken sich, weil die Neandertalerin…“ „Männer können Autos reparieren, weil der Cro-Magnon-Mensch…“ Wir sind keine Urmenschen mehr und keine Affen. Wir haben uns doch ein bisschen weiterentwickelt, auch wenn das Leute wie Kästner, Tucholski oder Ringelnatz bezweifeln. Ausserdem geht man ständig von den falschen Voraussetzungen aus, denn bei der Jagd war die ganze Sippe dabei, man konnte es sich einfach nicht erlauben für das Erlegen eines Riesenviechs (Mammut, Elefant, Riesenechse) nur die Herren aufzubieten.
Männer können multitasken.
Die andere Frage aber ist, ob man es immer tun sollte. Denn was ich oben beschrieben habe, ist eine hektische Ausnahmesituation. Viel lieber ist mir, wenn ich erst kochen und essen kann, dann die Briefe durchschauen und dann gemütlich an den Computer. Viel lieber ist mir, wenn nicht alles auf einmal kommt. Das ständige Multitasken ist eine grosse Belastung. Es ist eine Frechheit beim Sex mit Susi die SMS von Robert zu lesen. Warum telefonieren wir dann mit Franz, während wir die Mail von Britta lesen?
Insofern kann es aus Slow-down-Gründen auch einmal sinnvoll sein, das Wasser beim Erwärmen zu beobachten, einfach als meditative Übung, nicht, weil man nicht multitasken könnte. Als die Waschmaschine neu war, haben wir uns einen ganzen Waschgang angesehen, war besser als Fernsehen. Sollte man wieder einmal machen.




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