Donnerstag, 3. Oktober 2013

Jack O'Brian und der Shutdown oder: Angeln in Arizona

Jack O'Brian hat Sorgen, grosse Sorgen.
Er sorgt sich um seine Arbeit, seinen Job, seine Zukunft.
Jack ist der Beauftragte für Angelscheine und -lizenzen in seinem County, Angestellter der FFF (Federal Fishing Foundation), somit Staatsbediensteter und vom Shutdown betroffen.
Jack O'Brian hat Sorgen. Nur sind seine Sorgen etwas spezieller als die anderer Shutdown-Opfer. Da er etwas gespart hat, im Eigenheim wohnt, alleinstehend und ein genügsamer Mensch ist, kann er gut ein Jahr ohne Gehalt leben. Er hat auch keine Angst, dass ihm die Angler die Bürotüre aufbrechen und sich ihre Dokumente einfach holen, so wie ja Veteranen der US Army auch das Gatter zum World War II-Memorial einfach aufgebrochen haben (Sie haben übrigens - im Gegensatz zu Greenpeacelern, die sich von Stadiondecken abseilen - mit keinerlei Konsequenzen zu rechnen, jedermann hat Verständnis für Veteranen aus Mississippi, die sich den Herzenswunsch eines Memorial-Besuches erfüllen möchten, wenn halt auch mit Brecheisen und Vorschlaghammer).
Nein, die Sorgen Jack's sind eher gegenteilig, er hat eher Angst, dass niemand vor seiner Bürotüre poltert, denn: Der Bezirk, in dem O'Brian Dienst tut, ist Cochise County, und Cochise County, für die geografisch unbedarften, ist der Süden Arizonas, nicht weit der Mexikanischen Grenze. Und dort ist der Bedarf an Angelscheinen nicht ganz so gross, ehrlich gesagt, er tendiert gegen Null, es hat nämlich keine Flüsse, Cochise ist Wüste, der einzige Wasserlauf ist der Grenzfluss Rio Grande, und aus dem fischt man keine Karpfen und Schleien, sondern höchstens illegale Einwanderer, die man dann an Ort und Stelle erschiesst.
Nun bangt Jack O'Brian um seine Arbeit, denn niemand wird es auffallen, dass der Shutdown sein Büro dicht gemacht hat.
Nun mag man sich fragen, wieso eine Landschaft, die aus Steinen, Gräsern, Kakteen und Klapperschlangen besteht, eine Angelscheinstelle, hat. Der Grund ist Act 56567733/xxs, indem eine flächendeckende Versorgung mit solchen Ämtern beschlossen wurde. Hier hatte die Anglerlobby ganze Arbeit geleistet, förderlich war sicher auch, dass praktisch alle Senatoren Hobbyangler waren.
Nun mag man sich ebenso fragen, was Jack den ganzen Tag macht. Dies ist einfach beantwortet: Er macht das, was man in einem Büro so tut, da er keine Sekretärin hat, muss er ja auch Kaffee kochen, Wandkalender abreissen, Gummibaum putzen usw. Nicht zu vergessen die 5 Aquarien! (Es ist ja schliesslich eine Angelscheinbehörde.) Und dann sind ständig Dinge zu entscheiden! So hat er zum Beispiel letzte Woche einen ganzen Tag lang überlegt, ob er einen Referenten aus Oregon einladen soll, der zum Thema Überfischung reden möchte. Die Antwort war dann doch ein Nein, schliesslich gehört Überfischung nicht zu den Hauptproblemen von Cochise County, aber es will doch überlegt sein.
Nun hat Jack O'Brian Angst, dass er seinen Job verliert, weil niemand diesen Job vermissen wird, niemand ausser ihm.
Aber das wäre doch vielleicht einmal eine Superidee, auch für Länder, die noch Kohle haben und ihre Beamten und Angestellten bezahlen können:
Der Shutdown bei vollen Kassen.
Wir schliessen ein, zwei, drei Wochen alle staatlichen Ämter, Behörden, Dienststellen, Museen, Archive, Denkmäler, Parks usw., usw. Und dann schauen wir, ob das eine oder andere schlicht und einfach gar nicht vermisst wird. Oder ob eine Stelle so stark vermisst wird, das man sie aufwerten muss.
Shutdown jetzt!
Three, two, one, zero

Jack O'Brian hat sich übrigens schon einmal prophylaktisch an anderer Stelle beworben, bei einer Angelscheinausgabestelle in Montana, wo es von Bergbächen nur so wimmelt, er hat gute Chancen, niemand hat alle Fischgesetze und Landeskarten studiert wie er (er hatte ja auch Zeit), und irgendwann muss das Geld ja wieder kommen...

P.S. Cochise County liegt natürlich nicht am Rio Grande (Mein Stammleser R.M. war erbost) Ich bin selber dort 5 Wochen in die Schule gegangen und wir sind trockenen Fusses (oder Rades) nach Nogales in Mexiko. Aber ein Seitenhieb auf die Einwanderungspolitik musste sein. Und Tosca springt auch von der falschen Seite ab...

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