Montag, 4. November 2013

48.000 im Monat


Sind 48.000.- im Monat ein guter Lohn? Wie man es nimmt. Mit 48.000 Franken kann man sich eine schöne Wohnung kaufen, kann Reisen machen, man muss seine Klamotten nicht am Wühltisch aufsammeln und kann sicher auch mal deliziös essen gehen. Man ist in der Lage, sich ein Auto zu kaufen, und weil man ja umweltbewusst ist, leistet man sich auch noch ein Generalabonnement 1.Klasse. Vielleicht sind in der Wohnung keine Marmorsäulen und goldene Türklinken drin, aber dafür muss man Bischof sein. Vielleicht ist auch die Reise zur Pgischi-Poschgi-Insel (geht nur mit Sonderflug samt Mietpilot) nicht jedes Jahr drin, aber: Wer will schon jedes Jahr nach Pgischi-Poschgi?
48.000.- sind ein anständiges Gehalt, da kann man jetzt nicht dran rumdeuteln. Wie ich auf 48.000 komme? Nun, die 1:12-Initiative will, dass der Höchstlohn im Unternehmen nur das Zwölffache des tiefsten Lohnes betragen darf, und das wäre bei einem Mindestlohn von 4.000 eben die genannte Summe.
Aber wenn ich jetzt so dran rumüberlege, kommen mir Bedenken.
Achtundvierzigtausend sind das Sechsfache meines Monatslohnes. Und „mal 6“, das kann ich mir irgendwie vorstellen, das ist irgendwie im Bereich des Denkbaren. 6 Schnitzel auf einem Teller, 6 Tafeln Schokolade, 6 Jeansjacken, 6 Bücher, das gibt noch ein Bild, das gibt ein Foto, z.B. 100 kann ich nicht überschauen, nicht abzählen, nicht begreifen. Und damit rückt die Summe, die ein CEO absahnt, in den Bereich des Vorstellbaren, des Normalen. Und genau das will natürlich keiner aus der Teppichetage.
Wir sind oben nämlich von falschen Voraussetzungen ausgegangen: Wir haben postuliert, man bräuchte Geld um ein ordentliches Leben zu führen.  Man braucht Geld für viele andere Dinge, aber vor allem ist ein Statussymbol. Und um den Abstand zu einem Normalo wie mich herzustellen, ist das Sechsfache meines Lohnes schlicht und einfach zu wenig. Da braucht es schon das Dreihundertfache, das Vierhundertfache, das Fünfhundertfache. Da müssen es eben Marmorsäulen sein, und zwar aus dem  gleichen, mit dem Michelangelo gearbeitet hat. (Das ist ja das Problem mit unserem Limburger,  er hat nicht begriffen, dass ein kirchliches Amt schon genügend Status ist, so dass man keine Symbole mehr braucht. Oder anders formuliert: Das Statussymbol sollte das goldene Kreuz, nicht die goldene Türklinke sein.)  
Eine Reise nach Pgischi-Poschgi erfüllt auch nicht den Zweck, zu zeigen, wer man ist, da muss man schon die ganze Insel kaufen, aber das ist mit lumpigen 48.000 auch nicht drin. Man benötigt schlicht und einfach immer das Teuerste. Kleinwagen? Wäre gar nicht unpraktisch, wenn man im Grossraum Zürich arbeitet (Parkplatz!), statussymbolistisch ist aber ein Cadillac. Rolex? Trägt heutzutage schon jeder Droschkenkutscher, statussymbolistisch ist eine Audemars Piquet. Essen gehen im „Schwanen“ in Hummiswil, wo unglaublich lecker, dazu saisonal und regional gekocht wird? Hat der einen Stern, hat der einen Punkt? Nee? Also vergessen wir’s.
Die 1:12-Geschichte wird dazu führen, dass niemand mehr den Job eines CEO machen will. Denn wozu nimmt man den ganzen Stress auf sich, wenn nicht dazu, ein Vermögen in der Garage oder am Handgelenk zu haben. Und wenn niemand mehr den CEO-Posten belegt, kommen Leute an die Macht, denen es egal ist, was sie für einen Status haben, die lebensnah, pragmatisch, bescheiden und unkompliziert sind, und – ich bitte Sie! – das würde ja die ganze Wirtschaft umkrempeln.
Sind 48.000.- ein guter Monatslohn? Wie man es nimmt.

 

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