Jedenfalls benötigte ich etliche Zeit um herauszufinden, dass der 4er für mich die ideale Bahn war. (Es war Freitag, der 8er fuhr also nicht.) Jetzt begann das wirkliche Martyrium, das Lösen eines Fahrscheins. Bielefeld hat drei Tarifzonen, die sich in konzentrischen Kreisen um die Stadtmitte legen: Die Kernzone A, die Mittelzone B und die Aussenzone C. Tickets können für A, B, C, A+B, A+C, B+C und ABC gelöst werden. Haben Sie aufgepasst? Ein Billett ist doch Schwachsinn, wie komme ich von der Zone A in die Zone C ohne durch B zu fahren? Scheinbar geht das im Westfälischen, in der Schweiz geht das nicht, es sei denn, sie hüpfen 5 km weit und fahren dann weiter, aber welcher Heini macht das und warum? An Tarifmöglichkeiten gab es: Erwachsener 3.-, Kind 1.50.-, Erwachsener plus Kind 4.-, Erwachsener plus Hund 3,50.-, Hund 1.-. Hallo? Wie kann ein Hund alleine fahren? Sicher, es gibt streunende Hunde, Gassenköter wie Strolch, aber fahren die nicht immer ohne zu lösen? Denn wenn sie erwischt werden, kann man ihnen ja schlecht ein Strafmandat ausstellen.
Noch völlig baff und buff über so viel Ungereimtheit, löste ich meinen Fahrschein (Erwachsener Kernzone), nein, nein, ich versuchte es, denn der Automat nahm nur 20 Cent-Münzen. Nun habe ich immer Eurometall in der Tasche, aber keine 15 Münzen gleicher Bauart. Ich fuhr schwarz.
Prompt kam ich in eine Kontrolle und musste 100.- Busse bezahlen. Jetzt ergriff ich die Gelegenheit beim Schopf und meinte zum Kontrolleur: „Sehen Sie, ich habe kein Ticket und bleche natürlich, aber wenn wir schon so nett am Plaudern sind: Was ist mit diesen Dienstag- und Donnerstag-Linien?“ Das wisse er auch nicht, so der freundliche Herr, Wochenmarkt sei nämlich am Mittwoch und da seien alle Bahnen immer gestopft voll. „Und das A+C-Ticket? Wie geht das?“ „Das ist für Menschen, die in B auf den Trimm-Dich-Pfad (für Schweizer: Vita Parcour) gehen und dann in C zum Krankenhaus unters Sauerstoffzelt müssen, kommt oft vor.“ „Und der Hundefahrschein?“ „War ein Aprilscherz, ist aber nun nicht mehr wegzuprogrammieren.“ „Und warum nimmt der verdammte Automat nur 20Cent-Stücke?“ Weil sie, so Herr Wobbke, wie er sich inzwischen vorgestellt hatte, Personalnot hätten und die Automaten daher nur an Fronleichnam und Allerheiligen gelehrt würden, die Münztanks seien schlicht und einfach voll. Dann gab Herr Wobbke mir meine 100 Euro zurück, weil er meinte, ich hätte mich nun eingehend mit der Tarif- und Lösekatastrophe der Puddingstadt auseinander gesetzt und man könne mir keinen Strick daraus drehen.
Denken Sie jetzt nicht, das alles sei übertrieben, in Berlin haben sie 120 verschiedene Tarife, vor denen regelmässig asiatische Touristen kapitulieren und weinend vor den Automaten zusammenbrechen. Wenn wir wollen, dass die Menschheit den ÖV benutzt, warum machen wir ihr es dann so schwer?
Erfunden ist die Story natürlich dennoch, denn Bielefeld hat keine Strassenbahn. Und ausserdem – so beweisen es einige deutsche Studenten auf ihrer Homepage – gibt es Bielefeld ja gar nicht.
Bielefake <3
AntwortenLöschen