Montag, 20. Mai 2013

Schöne Pfingsten oder: Wir sollten aufhören, uns zu verstehen


Hatten Sie schöne Pfingsten?
Oder freuen Sie sich wie Erhard auf Pfingsten nicht im Geringsten? Oder waren Sie wie Bolle in Pankow und haben sich verprügeln lassen?
Also, nochmal: Hatten Sie schöne Pfingsten?
Wissen Sie eigentlich, was an Pfingsten gefeiert wird? Nein, es ist nicht der Spargel.  Es wird da zwar oft Spargel gegessen, und die entscheidenden Pfingstfragen sind Spargelfragen – grün oder weiss, roher oder gekochter Schinken, Brat- oder Pellkartoffeln, zerlassene Butter oder Bechamel – aber gefeiert wird da etwas anderes. An Pfingsten  feiern wir – was ich esse? Gehört jetzt gar nicht zur Sache, aber gut: weiss, gekocht, BACKkartoffeln und KÄSEsauce, ja ungewöhnlich, aber ich bin halt ein bisschen schräg, und Sie lenken furchtbar vom Thema ab – an Pfingsten feiern wir das Fest der Verständigung.
Als Petrus sich damals in Jerusalem ein Herz gefasst hatte und vor die Meute getreten war, hielt er eine glühende Predigt, die alle Leute verstanden. Der Heilige Geist machte es möglich, dass auch Menschen von JWD (janz weit draussen, alter Berliner Ausdruck, siehe Bolle) ihm mühelos folgen konnten. Das Phänomen heisst übrigens Glossolalie, Zungenrede und war eigentlich das Reden in existierenden Idiomen und nicht das Kleinkindgebrabbel, dessen sich sowohl Charismatiker (Pfingstler, da haben wir es wieder) als auch Esoteriker bedienen.
Jedenfalls: Mit diesem Verstehen fingen die Probleme an.
Es ist nämlich gar nicht gut, wenn Menschen sich verstehen.
In der Urzeit trafen oft Stämme aufeinander, und oft entspann sich eine Szene wie diese: Der Häuptling I schrie: „Ztagggdesiiii“, was so viel heisst wie „Wir killen euch!“, aber der Häuptling II verstand: „Wir sind eure Freunde!“ und unterliess sein „Wwwwzttefruuuuuuu“, was geheissen hätte: „Wir schneiden euch den Schwanz ab!“ Stattdessen umarmte er Häuptling I und beide Tribes feierten in einer Metorgie ihren neuen Pakt.
Auch heute möchte ich oft nicht verstanden werden und ich möchte nicht verstehen.
Wenn ich im Urlaub sehe, wie zwei einheimische Damen im Café am Nachbartisch Platz nehmen, Buttertorte MIT Sahne bestellen, obwohl sie schon links und rechts vom Stuhl herunterquellen, überlege ich mir immer: In welcher Sprache sage ich jetzt zu meinem Partner, dass ein kleiner Salat angebrachter wäre? Englisch und Deutsch können sie womöglich, hier ist dann oft die Mundart der beste Ausweg.
Wenn ich im Tram sitze und bemerke, dass die beiden  albanischen Mädchen  über mich reden, MÖCHTE ich gar nicht wissen, was sie sagen. Vielleicht ist es ja: „Was für ein toller Typ!“ Wahrscheinlicher ist aber: „Guck mal, was der für widerliche Falten hat, kennt der kein Botox? So alt wie der möchte ich auch nicht werden.“
Die Verständigung an Pfingsten war also ein Fehler, kehren wir zurück zum Nichtverstehen. Und feiern wir Pfingsten 2014 den Spargel, mit Brat-, Back, Pell-, Schaum-, Schall- oder Rauchkartoffeln. Völlig egal.

 

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