Dienstag, 9. Januar 2024

Die teure Bürokratie


Hubert Meier hat eine 4-Zimmer-Wohnung. Er hat ein Schlafzimmer, ein Esszimmer, ein Wohnzimmer und ein Arbeitszimmer. Eigentlich ist dieses Büro unnötig, denn Hubert hat einen festen Arbeitsplatz mit festem Büro, aber er meint, dass er diese Atmosphäre braucht, um sein Leben richtig zu planen, zu planen in finanzieller, organisatorischer und terminlicher Hinsicht. Nun stellt er immer wieder beim Rechnen am PC in seinem Arbeitszimmer fest, dass er zwar gut in Organisation und Terminen dasteht, nicht aber in den Finanzen. Konsequent fehlen ca. 300 Franken. Und nach langem, langem, langem Nachdenken kommt Hubert Meier auf die Lösung: Das Zimmer, in dem er in finanzieller, organisatorischer und terminlicher Hinsicht plant, ist das Problem. Wenn er diesen Raum untervermietet oder sich eine kleinere Wohnung sucht, dann wird das Geld vorhanden sein.

Die freischaffende Sängerin und Dirigentin Franziska Schuler aus Basel hat ein verlockendes Angebot bekommen: Der Kammerchor Schnitzwiler im Elsass sucht eine neue Leitung. Die ca. 30 Sängerinnen und Sänger singen auf hohem Niveau und sind hochmotiviert. Sie können ihr allerdings nicht allzu viel zahlen, aber das wäre OK. Nun kommt aber der grosse Haken, der grosse Haken, der wahrscheinlich alles zunichtemacht, der Haken aller Haken, Schnitzwiler ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln zwar erreichbar, aber nach der Probe kommt man nicht mehr weg. Franziska wird also den Fahrausweis machen müssen, Fahren lernen und sich um einen motorigen Untersatz kümmern müssen. Die Kosten für all das würden das Honorar eventuell für Jahre auffressen…

Und die Bundesrepublik hat nun ähnliche Probleme.

In der Schweiz brauche ich für meine Steuererklärung eine halbe Stunde, wenn alle Unterlagen in der Kiste «Aktuelle Steuer» sind; in der BRD braucht man die sechsfache Zeit. So weit, so gut, nun braucht natürlich die Finanzbeamtin oder der Finanzbeamte auch die sechsfache Zeit. Rechnet man nun diese Verwaltungskosten, aber auch die Zeit, in denen ich über der Erklärung sitze und nichts anderes erwirtschafte, kommt man insgesamt auf eine Summe von über 20 Milliarden, die beim Eintreiben der Abgaben entsteht. Damit ist Deutschland weit oben im weltweiten Vergleich. By the way: Jedes Unternehmen würde bei einer solch teuren Inkasso-Abteilung Pleite gehen.

Aber wenn man nun ein Gesetz beschliesst, das Geld sparen soll, dann ist das auch nicht so einfach. Denn jedes neue Gesetz verursacht bei seiner Umsetzung wiederum Kosten. Dieser «Erfüllungsaufwand» entsteht z. B. durch das Umrüsten der Bürokratie. Es braucht nun ein bis zwei Jahre, bis sich ein Gesetz quasi «amortisiert» hat.
Nun machen wir ein einfaches Quiz: Ist der Erfüllungsaufwand in der BRD in den letzten Jahren
A) gestiegen
B) gesunken
C) gleichgeblieben?
Oh, sind Sie klug! Es ist A) – wer hätte das gedacht. In den letzten 10 Jahren hat er sich verdoppelt.

Aber gehen wir noch ein wenig mehr ans Eingemachte.
Der Bundestag ist eines der grössten Parlamente der Welt. Und er wächst und wächst und wächst und wächst… Wie ein Krebsgeschwür, wie eine Lawine befindet sich der Rat in einem ständigen Wachstum. Denn jede(r) weitere Abgeordnete braucht ja nicht nur seine oder ihre Diäten, nein da wird ein PC und ein Büro benötigt, und dieses Büro muss natürlich auch geputzt werden und der PC schreit nach IT, dann muss auch beraten und unterstützt werden, jedes Mitglied des Deutschen Bundestags kann sich – das ist jetzt kein Witz – Angestellte für bis zu 23000 Euro zulegen, Angestellte, die der Steuerzahler bezahlt.

Gehen wir noch ein Schritt weiter.
637 Millionen soll der Erweiterungsbau des Bundeskanzleramtes kosten – laut offizieller Website. Rechnet man ehrlich, wird es teurer werden. Ich habe im Internet keine Statistik gefunden, aber die Steigerung wird irgendwo zwischen 10% (Tunhalle der Stadt Moglingen) und der Elbphilharmonie liegen, die Kosten werden also zwischen 700 Millionen oder 10 Milliarden betragen.
Die Frage aber ist: Wozu braucht das Kanzleramt einen Erweiterungsbau? Die Deutschen haben jetzt schon eine der grössten Regierungssitze der Welt. Ganz ehrlich, mit Scholz und Biden verhält es sich wie mit Charlie und Snoopy, der Ami hat eine Hundehütte…

Nun rechnen uns die Finanzstrategen vor, dass die ganzen Wustkosten und der Kostenwust statistisch gar nicht ausmacht. Aber kommt das bei den Menschen an, denen man nur noch Miete und Heizung zahlen will, weil sie nicht brav arbeiten? Bei Schülern, die in der Schule immer noch an PCs mit Windows 5 sitzen? Bei Bahnreisenden, die auf Schienen von 1765 (gefühlt) fahren?
Und aktuell: Bei den Landwirten? 

Hubert Meier hat nun eine 3-Zimmer-Wohnung. Er hat ein Schlafzimmer, ein Esszimmer und ein Wohnzimmer. Und seine Rechnungen, ob das Geld langt, macht er mit dem Laptop am Küchentisch, und – siehe da, siehe da, siehe da – er stellt zufrieden fest, dass das Budget ausgewogen ist.

Franziska hat blutenden Herzens auf das Engagement beim Kammerchor verzichtet. Sie hat einen Abend lang gerechnet und dann festgestellt, dass sie tatsächlich draufzahlen würde…

Vielleicht sollten sich in Berlin auch einmal ein paar Menschen mit gesundem Menschenverstand mit der Sache beschäftigen.
Wenn es die denn gibt.





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