Dienstag, 23. Januar 2024

Die Insider, die um die Welt jetten

 
Es gibt für Menschen mit den gleichen Interessen stets so etwas wie einen Zirkus. Also jetzt nicht Zirkus im Sinne von Manege und Trapez und Clowns, sondern im Sinne von «im Kreis herum», also mal hier und mal dort. Immer die gleichen Leute treffen sich im Monat X an Ort A, dann später im Y in B und dann im Sommer im C um das Jahr dann in D zu beschliessen.
Das ist dann auch so schön, wenn man immer wieder die gleichen Nasen sieht und irgendwie auch unter seinesgleichen ist…

So treffen sich die Kunstfreunde, die Freunde von Skulptur und Malerei nicht nur an den verschiedenen ARTs (Honkong, Basel, Miami), sondern natürlich auch alle zwei Jahre in Venedig und alle fünf Jahre in Kassel, und alle zehn Jahre gibt es dann einen richtigen Stress, da kommen dann zu Honkong, Miami und Basel noch Biennale und Documenta hinzu.

Die Freundinnen und Freunde klassischer Musik können da nur lächeln, wenn die die Bildende-Kunst-Leute von Stress reden, denn bei Ihnen ist die Anzahl von Festivals so gross, dass man sie kaum überblickt, und natürlich kann man den ganzen Zirkus nur mitmachen, wenn man nicht etwa noch arbeiten muss: Salzburger Festspiele, Bayreuther Festspiele, Aix-en-Provence, Glastonbury, Rheingau, Schleswig-Holstein, etc., etc., etc.

Genauso im Schuss sind die Pferde-Leute, bei ihnen kommt noch hinzu, dass die Rennen über die ganze Welt verteilt sind, man will ja nicht nur nach Iffezheim und Ascot, sondern auch nach Dubai, nach Melbourne, nach Florida.

So viel zu den Reichen und Kultivierten der Welt, die hemmungslos ihren Interessen nachgehen. Die Kunst (Basel, Hongkong, Miami, Kassel, Venedig) oder Musik (Salzburg, Bayreuth, Aix-en-Provence) oder Pferdesport (Iffezheim, Ascot, Dubai, Melbourne, Florida) konsumieren, als ob die Welt noch völlig in Ordnung wäre.
Die Mächtigen der Welt…
Die Mächtigen der Welt…
Ja.
Die Mächtigen der Welt haben auch ihren Zirkus, sie tun das aber nicht aus Reiselust, sondern damit die Welt ein wenig besser wird. Ich weiss nicht, ob sie das bemerkt haben, aber mit jedem Treffen und jeder Konferenz, mit jedem Forum und mit jeder Tagung kommt die Welt dem Zustand «Paradies» ein wenig näher.

Beginnen tut der Polit-Wirtschafts-Zirkus immer in Januar oder Februar in Davos, dann folgen so viele Treffen der Staatsoberhäupter, Aussenminister, so viele Klima- und Friedenskonferenzen, so viele Treffen von UNO und NATO und OSZE und so weiter, dass einem schwindlig werden kann. Und das Feeling ist natürlich so wie bei den Kunstliebhabern, den Musikfreunden und den Rennleuten: «Sie sind doch dann auch wieder in…?» «Gut, dann sehen wir uns in…» Winken hier, Küsschen da, hallo, hallo, hallo, man kennt sich und ist unter sich.

Ein kleiner, klitzekleiner Unterschied ist aber noch, dass die Teilnehmer von Kunst (Basel, Hongkong, Miami, Kassel, Venedig) oder Musik (Salzburg, Bayreuth, Aix-en-Provence) oder Pferdesport (Iffezheim, Ascot, Dubai, Melbourne, Florida) ihre Sache selber bezahlen und die Teilnehmer der Treffen der Staatsoberhäupter, Aussenminister, der Klima- und Friedenskonferenzen, der Treffen von UNO und NATO und OSZE und so weiter ihre Spesen abrechnen – mit irgendwelchen Steuerzahlern.

Aber was würde denn die Welt wirklich besser machen?
Die Welt würde besser, wenn wir das ganze Herumgereise liessen und das gesparte Geld den Ärmsten der Armen gäben. Denn sie – die sogenannte Bottom Billion – kommt ja in der ganzen Thematik überhaupt nicht mehr vor. Sie kommt nicht mehr vor, weil Verhungern – im Gegensatz zum Tod durch Raketen oder ein Erdbeben – so schrecklich untelegen ist. Und hat man es am Montag mal wieder gezeigt, will man es am Dienstag nicht schon wieder sehen.
Aber das wäre eine Sache, die Billionen, die der Kunst-Zirkus und der Musik-Zirkus und der Renn-Zirkus und der Polit-Zirkus verschlingen einfach in die Sahelzone.

Nun gibt es aber noch einen kleinen Unterschied:
Die Leute, die zur ART Basel fahren, die Menschen, die ihre Zeit auf der Documenta verbringen, die Truppe, die sich rund um den Globus rennende und spurtende Pferde anschaut, behauptet nicht, dass ihren Treffen irgendein philosophischer, humaner, menschlicher oder christlicher Wert zukommt. Die Menschen würden auf den Vorwurf, sie täten das alles nur zu ihrem Vergnügen ganz cool antworten:
«Natürlich.»
«What else?»

Die Damen und Herren des Polit- und Klima-, des Friedens- und Weltverbesserungszirkus hingegen behaupten genau das: Was sie tun, geschieht zum Wohle der Welt.
Machen tun beide Gruppen genau das Gleiche.

Ich habe mich deshalb entschlossen, 2025 eine totale Einschränkung vorzunehmen: Kein WEF, keine Klimakonferenz, nicht zur UNO und nicht zur UNESCO, nur die ART Basel als Kunstmesse, keine Documenta (ok, ist eh keine) und den «Ring des Nibelungen» mal daheim (geht nächstes Jahr).
Und wenn man mir jetzt totale Heuchelei vorwirft, dann kann ich nur sagen, dass ich damit absolut in alle Zirkus-Gruppen passe…

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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