Freitag, 28. August 2020

Betrügen will gelernt sein!

 Um das Folgende zu verstehen, muss man ein wenig das Schweizer Notensystem erklären: 

Es gibt eine Skala von 1 bis 6 und es gibt halbe Zeugnisnoten. Alles ab 4 zählt als genügend, und Sie müssen einen Schnitt von 4 erreichen.  Alles unter vier muss mit der doppelten Menge über vier ausgeglichen werden

Stellen Sie sich vor, Sie hätten den Computer Ihrer Schule gehackt und könnten ein wenig an den Noten herumbasteln. Sie finden das Folgende vor:

 

De

Engl

Franz

Math

Bio

Chem

Phys

Geo

Ges

Sport

4.5

4

4

4.5

4

4

4.5

3.5

3.5

4

 Das langt Ihnen nun knapp nicht. Was tun Sie? Wahrscheinlich das:


De

Engl

Franz

Math

Bio

Chem

Phys

Geo

Ges

Sport

4.5

4

4

4.5

4

4

4.5

3.5

3.5

4.5

 Warum sollen Sie in Sport nicht eine Vier Komma Fünf haben? Also. Es passt haargenau. Sie könnten natürlich auch – wenn man sich schon Mühe des Hackens macht – das Folgende tun:

 

De

Engl

Franz

Math

Biol

Chem

Phys

Geo

Ges

Sport

5

6

5.5

5

5

5.5

6

5.5

6

6

 Das werden Sie aber nicht machen. Warum? Genau: Es würde jeder merken, dass da etwas nicht stimmt.

 Stellen Sie sich vor, Sie hätten eine Möglichkeit gefunden, von Firmenkonten gewisse Beträge abzubuchen und auf eigene Accounts auf den Bahamas zu transferieren. Uh, das klingt jetzt richtig nett, man könnte auch „veruntreuen“ oder einfach „klauen“ dazu sagen.

Wie gehen Sie vor? Beschränken Sie die Angelegenheit auf unauffällige Summen so um die 10000, das aber in regelmässigen Abständen, oder nehmen Sie 30000000 aufs Mal? Ich hoffe, doch sehr, Sie entscheiden sich für die erste Variante. Denn drei Millionen fallen auf. Und dann müssen Sie ganz schnell weg, ganz schnell untertauchen und ganz schnell das Land Richtung – um ein rein zufällig
gewähltes Beispiel zu nennen – Russland verlassen.
Ach ja:Und an Ihr Geld (das ja eigentlich gar nicht das Ihre ist…) müssen Sie auch noch kommen.

Stellen Sie sich nun vor, Sie seien der Präsident von Blagistan. Es stehen Neuwahlen an und das Volk ist aus diversen Gründen unzufrieden:
Man nimmt Ihnen Ihre 7 Mätressen und die 7 Landhäuser für diese übel.
Die Arbeitslosigkeit liegt bei 50%.
Sie haben das Internet gesperrt.
Es gibt kein Mehl und kein Öl in den Krügen.
Natürlich lassen Sie einen Gegner zu, der bei den Wahlen gegen Sie antreten darf. Und natürlich werden das keine echten Wahlen sein, sondern Sie werden das Ergebnis Ihren Wünschen gemäss ein wenig abändern.
Klingt wieder sehr nett, wir könnten auch das hässliche Wort «Wahlbetrug» verwenden.
Welches der folgenden Szenarien wählen Sie?

 

 

Sie

Gegner

Szenario 1

51%

49%

Szenario 2

60%

40%

Szenario 3

80%

20%

 

Wenn Sie kein Volltrottel sind, wählen Sie Nummer 2. Bei 51% könnte man eine Nachzählung verlangen und die 80% wird Ihnen niemand glauben. Bei 60% stellen Sie sich vors Volk und verkünden, Sie hätten die Unzufriedenheit durch das Wahlergebnis bemerkt und folgende Verbessrungen würden stattfinden:
Die Anzahl der Mätressen werde auf 3 gesenkt – und sie müssten zusammenwohnen.
Es gebe bald ein grosses Arbeitsmarktprogramm geben.
Die Zensur werde gelockert – YouTube sei jetzt möglich – aber nur Musik.
Öl und Mehl für alle!

Was lernen wir daraus?
Betrügen will gelernt sein; und ein Betrüger braucht eine wichtige Eigenschaft: Bescheidenheit. Nun tritt – und das ist wohl das Paradoxon – Bescheidenheit meist mit anderen netten Eigenschaften wie Anstand und Sittsamkeit, mit Ehrsamkeit und Rechtschaffenheit auf. Die sollte ein Betrüger natürlich nicht haben.
Ja, man kann es so auf den Punkt bringen: Ein Betrüger muss unanständig und bescheiden sein.

Und deshalb gibt es so wenig gute.
Und Mister Lukaschenko hat noch viel zu lernen.



 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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