Dienstag, 14. Juli 2020

Was werfen wir in einen Atemzug?


Was werfen wir in einen Atemzug und was nennen wir in einem Topf?
(Es kann auch sein, dass es andersrum heisst, ich bin mir da nie so ganz klar…)
Diese drei Geschichten sind auf jeden Fall wahr:

Ein Freund von mir musste sich vor ein paar Jahren einem psychologischen Test unterziehen und zu diesem psychologischen Test gehörte auch eine mnemotechnische Feststellung oder Untersuchung. Mein Freund musste sich zu Beginn des Prozedere drei Begriffe merken, diese Begriffe sollte er dann am Ende, nach zwei Stunden, noch wissen. Die Worte waren Zitronenkuchen, Berlin und Pythagoras. Nun war es nicht nur so, dass er Zitronenkuchen, Berlin und Pythagoras nach 120 Minuten noch mühelos aufzählen konnte, nein, Zitronenkuchen, Berlin und Pythagoras sind bis heute für ihn verbunden geblieben. Er kann keinen Zitronenkuchen essen, ohne zu kontrollieren, ob es sich beim Kuchenstück um ein rechtwinkliges Dreieck handelt (es ist nie der Fall), er kann sich das Brandenburger Tor nie ohne Zuckerguss mit einem kandierten Zitronenscheibchen drauf vorstellen, und der berühmte Satz wird für ihn immer wieder Ahrensfelde2 + Blankenburg2 = Charlottenburg2 heissen.

Mit meinem ehemaligen WG-Mitbewohner (der übrigens heute Geburtstag hat, Happy Birthday, B. M.!) hörte ich einen Beitrag im Radio: Ein Autor sprach über seine Dieter Bohlen-Biografie. Er habe, so der Schreiber, in intensiven Gesprächen mit der Pop-Ikone nicht nur den Musiktitanen und Raubauz, nicht nur den Megastar und Fernseh-Mann, sondern auch den «Mohnbrötchenesser und Philosophen» kennengelernt. Wir beide brachen in helles Gelächter aus, dieser Zusammenhang war uns doch neu gewesen. Interessant dabei war, dass mein Mitbewohner zum Frühstück Mohnbrötchen ass, ich aber Laugenweckle, und dass der Beitrag im SWR die Frage, wer von uns beiden der Philosoph sei, nun endgültig geklärt hatte.

Eine Basler Dame hatte ein piekfeines Ostsee-Hotel gebucht, sich aber ausdrücklich erkundigt, ob sie ihren Hund mitbringen dürfe – eigentlich überflüssig, denn das Hotel hatte auf seiner Homepage gross HUNDEFREUNDLICH stehen. Die Hundefreundlichkeit beschränkte sich aber auf das Zimmer, dort durfte ihr Bello sein, nicht aber im Speisesaal, und auch nicht auf den dem Hotel angegliederten Strand. Als Sie an der Rezeption nachfragte, wo sie denn nun mit ihrem Vierbeiner spazieren gehen solle, bekam sie zur Antwort: «Also nicht direkt vorm Hotel, weiter unten, also wenn Sie rausgehen rechts, da ist der Strand für FKK, Lesben, Schwule und Hunde…»

Was werfen wir in einen Atemzug und was nennen wir in einem Topf?
Nein, es heisst doch:
Was werfen wir in einen Topf und was nennen wir in einem Atemzug?

Während die ersten beiden Geschichten zwar zeigen, wie sehr unser Hirn dazu verleitet werden kann, Dinge zu verknüpfen, die eigentlich nicht unbedingt zusammengehören, aber eigentlich nur spassig und witzig, nur komisch und lustig ist, ist die dritte Story schon sehr bedenklich: FKK, Lesben, Schwule und Hunde?
Was werfen wir in einen Topf und was nennen wir in einem Atemzug?

Es ist eben nicht so, dass es ohne Einfluss bleibt, wenn Sachen verbunden werden.
So hatte sich z.B. Sebastian Kurz ein wenig in die Nesseln gesetzt, als er Seenotretter, also die NGOs, die Menschen vor dem Ertrinken bewahren, mit den Schleppern in einem Atemzug nannte. Klar, für uns Mitteleuropäer tun beide das Gleiche: Sie verhindern nicht die Migration und sind irgendwie daran schuld, dass Menschen an unseren Grenzen stehen, sieht man aber genauer hin, ist es das NICHT. Die einen setzen 200 Leute in brüchige Boote, weil sie damit Geld verdienen, die anderen retten die 200 aus eben diesen brüchigen Booten, und sie bekommen kein Geld dafür.
Interessant ist auch das ständige In-einem-Atemzug-nennen oder das In-einen-Topf-werfen, vielleicht auch das In-einem-Topf-nennen oder das In-einen-Atemzug-werfen bei Themen aus dem alternativen Bereich, T. Z. beschäftige sich mit Esoterik, Qui-Gong, Tai-Chi, Hare Krishna, Veganismus und No-Theater, na also, sagt sich der konservative Leser, kann ich mir sofort vorstellen, so jemand, dabei werden hier Kulturgut, Ernährungslehre (anerkannte) Therapieformen und Sekten in ein grausames Mixmax gelegt.

Die neueste Kombi ist nun:
Neonazis, Verschwörungstheoretiker und Impfgegner.
Lassen wir uns das noch einmal auf der Zunge zergehen:   
Neonazis, Verschwörungstheoretiker und Impfgegner.
Wollen Sie den Quatsch noch einmal hören:
Neonazis, Verschwörungstheoretiker und Impfgegner.

Ich kenne keine Neonazis, ich möchte auch keine kennenlernen, ich kenne auch keine Verschwörungstheoretiker (wobei man ja bei jeder VT genau hinsehen muss, ob das noch ein VT ist oder schon als fast gesicherte Tatsache gilt, so kann man die Einzeltäterschaft Harvey Lee Oswalds inzwischen anzweifeln, ohne dass jeder «VT! VT! VT!» schreit…), ich kenne aber Impfgegner. Und die sind anständige, liebe Leute, die halt einfach sich und ihre Kinder nicht impfen lassen wollen.

Was werfen wir in einen Atemzug und was nennen wir in einem Topf?
Nein, es heisst doch:
Was werfen wir in einen Topf und was nennen wir in einem Atemzug?

Wir müssen sehr, sehr, sehr, sehr, sehr aufpassen dabei.





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