Ich bin
wieder einmal am Herunterladen von Apps. Und da stosse ich auf eine ganz tolle,
baselnews genannt, die mir die neuesten lokalen Ereignisse präsentiert.
Und während des Downloads stellt sie mir die Frage:
Möchten
Sie zulassen, dass baselnews auf Ihren Standort zugreift?
ZULASSEN ABLEHNEN
Natürlich
lehne ich nicht ab, das finde ich doch super, dass so eine App mich genau ortet
und dann die Meldungen speziell auf meinen Standort zuschneidet. Stellen Sie
sich vor, Sie stehen in der Mattenstrasse 50 und ihr Handy meldet, dass im 3.
Stock gerade ein Mann seine Frau tötet. Das heisst, Sie müssen über den Mord
nicht am nächsten Tag in der Wurfzeitung lesen, sondern Sie sind live dabei.
(Ob Sie nicht eigentlich eingreifen und/oder die Polizei holen müssten, steht
auf einem anderen Blatt.) Oder stellen Sie sich vor, Sie sind am Nadelberg 15,
wo ein junger Mann seiner Angebeteten gerade einen Heiratsantrag macht. Wie
rührend!
Eine genauso
schöne App scheint mir buddhawords. Worte des Buddhismus, die einen
durch den Tag geleiten. Das ist doch immer wunderschön, wenn einen Sätze wie
«Der Vogel fliegt – der Fisch schwimmt – die Sonne scheint» durch die Stunden
führen. (Wenn Sie jetzt denken, das ist ja eigentlich banaler Schwachsinn, dann
liegt das daran, dass im Zen die Sätze eben keinen Sinn machen, sondern dieser
tiefere Sinn sich erst beim Nachdenken ergibt.) Auch diese App fragt mich
etwas:
Möchten
Sie zulassen, dass buddhawords auf Ihren Terminkalender zugreift?
ZULASSEN ABLEHNEN
Wieder nehme
ich an. Wunderbar, wundervoll, fantastisch und grossartig! Die App liefert
nicht nur kluge Sentenzen, sie liefert sie auch zu meinen speziellen
Appointments. Stellen Sie sich vor, Sie haben ein Meeting in einer anderen
Stadt, z. B. Bern, und buddhawords schreibt Ihnen «Wenn du es eilig
hast, mache einen Umweg», und Sie fahren über Biel und werden vom Brand im
Bahnhof Olten nicht tangiert. Und kurz vor dem Meeting schreibt Ihnen die App
«In der Ruhe liegt die Kraft», und Sie wissen genau, bei dem anstrengenden
Termin ist es wichtig, cool zu bleiben.
Die dritte Applikation
ist interpretaporter, eine Übersetzungs-App, die mir 345 Sprachen ins Deutsche
übertragen kann. Braucht man ja auch unbedingt. Hier fragt das Programm beim
Download:
Möchten
Sie zulassen, dass interpretaporter auf Ihre Fotos, Videos, Dokumente
und Musik zugreift?
ZULASSEN ABLEHNEN
Zugelassen! Das
wird super. Also, mit den Fotos begreife ich das nicht so ganz, aber ich kann
mein Video vom Rundgang in der Alhambra durch das Programm laufen lassen, und
die Reiseführerin spricht auf einmal makelloses Deutsch. Und Cohen singt auf
einmal:
Susanne
nimmt dich mi-hit
Zu ihrem
Platz am Flu-huss
Und du
kannst die Boote hören
Und die
Nacht mit ihr verbringen
Du
weisst, sie ist halb irre
Deshalb
willst du bei ihr sein
…
Aber wissen
Sie, was?
Der ganze
Scheiss (s.v.v.) funktioniert überhaupt nicht.
Da stehe ich
vor der Burgunderstrasse 23 und baselnews liefert mir Nachrichten über
einen Grossratsbeschluss, über eine Vernissage im Kunstmuseum und die Route des
Stadtlaufs, will ich doch gar nicht wissen, ich will wissen, welche Dramen,
Tragödien, welche Morde und Verletzungen, aber auch welche Wonne und welche
Lust in dem Haus passiert, welche Nächte der Liebe herniedersinken, wer im
Schlafe weint oder welche Leute, vor denen ganz Basel gezittert hat, gerade
erstochen werden.
Auch buddhawords
ist eine Enttäuschung. Da sitze ich bei einem Lunchmeeting (oder streichen
wir den Anglizismus und nehmen das gute deutsche Wort «Arbeitsessen»?) und kann
mich für keine Speise entscheiden und die App bringt mir den Satz «Der Lotos
blüht das ganze Jahr». Sofort frage ich den Kellner, ob sie was mit Lotos
haben, aber er schüttelt den Kopf. Gut, Chez Donati im St. Johann pflegt
nun auch eher die italienische Küche, da spielt Lotos keine Rolle.
Und
natürlich geht das mit interpretaporter auch nicht, nur Textdateien
werden übersetzt, keine Videos, keine Fotos und keine Musik. Übrigens ist die
Qualität der Übersetzungen leider ungefähr so wie der Cohen oben.
Warum – so
frage ich Sie – wollen dann alle die Apps Zugriff auf mein Leben? Warum wollen
alle wissen, wo ich bin, was in meinem Kalender steht und wie meine Dateien
aussehen? Wieso erforschen die das? Die wollen mich doch nicht etwa…
ausspionieren?
Und dann
meine Daten unerlaubt – ich wage es kaum auszusprechen –
weitergeben?
Nein, das
wäre ja ungeheuer. Das hielte ich für eine Verschwörungstheorie.
Warum ich
aber ständig den Zugriff erlauben soll, bleibt ein Rätsel.
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