Ich habe schon ein paar Male über jenen
Menschen geschrieben, den ich als meinen Erzengel bezeichne. Damit ist ja schon
klar, dass er Raphael (mit allen Varianten), Gabriel (mit allen Varianten) oder
Michael (mit allen Varianten) heissen muss, oder? Oder heisst er doch Uriel?
Gibt es nicht, sagen Sie? Oh, da gibt es schon ein paar:
Uriel Seibert, EVP-Grossrat im Aargau
Uriel David Sarasin, Unternehmer und
Velo-Youtuber
Uriel Orlow, Künstler
Uriel M., der an der Freien Schule
Winterthur die Mittelschulprüfung geschafft hat. Herzlichen Glückwunsch, mein
Junge!
Aber wir waren bei meinem Erzengel, er ist
mein Freund und einer meiner Hauptleser und mein schärfster Lektor – wir hatten
es schon ein paar Mal davon. Und vielleicht ist er auch mein Chef, da streiten
wir uns immer ein bisschen.
Mein Erzengel nun bittet mich, einen Post
über Kettenbriefe zu schreiben. Anlass ist eines dieser absolut bescheuerten
Mails, die nun gerade kursieren, immer mit dem Hinweis
BITTE WEITERLEITEN.
Aber kann man das als Kettenbrief
bezeichnen? Mein Erzengel ist ein Digital Native, er weiss nicht mehr, was
Kettenbriefe waren. Kettenbriefe gab es in meiner Jugend, sie gab es in
verschiedenen Varianten, immer gleich war, dass man sie abschreiben musste und
mehreren Leuten weiterleiten. Die Variationen ergaben sich aus den
Möglichkeiten mit oder ohne Geld und mit oder ohne Drohung. (Wir warnen Sie,
die Kette zu unterbrechen, letzte Woche hat ein Mann in Stuttgart die Kette
unterbrochen und ist aus dem Fenster gefallen, in Hamburg hat eine Frau die
Briefe nicht weitergeschickt und bekam hohes Fieber und in München hat sich ein
Jugendlicher geweigert und ist an einer Infektion gestorben…) Die meisten
Arten sind inzwischen verboten.
Was sich ein Digital Native nicht
vorstellen kann: Wir mussten die Briefe abschreiben, kuvertieren, frankieren
und einwerfen. Und durch die Länge des Vorgangs kam man irgendwann darauf, dass
es ein totaler Schwachsinn ist. Dann kamen die Xerox-Kopiergeräte und machten
die Kettenbriefsache schon einfacher, das Abschreiben fiel weg, es blieb
Kuvert, Porto, Adresse und das Einwerfen, aber auch hier kam irgendwann der
Gedanke: Was tue ich hier eigentlich?
Heute ist das Weiterleiten ein Klick. Und
wir denken vielleicht nicht mehr nach, was wir da tun. Es kursieren so viele
Corona-Tipps im Netz, dass man sehr, sehr aufpassen muss. Man könnte die
Ratschläge eigentlich in drei Gruppen einteilen: a) nicht speziell gegen
Corona, aber nicht schlecht b) gar nicht gegen Corona, aber auch nicht schlimm
c) richtig gefährlich
zu a)
Viel Wasser trinken (stärkt das
Immunsystem, ist aber ein Allgemeinplatz)
Vitamin C (stärkt das Immunsystem, ist
aber ein Allgemeinplatz)
Viel Schlafen (stärkt das Immunsystem, ist
aber ein Allgemeinplatz)
Gesund essen (stärkt das Immunsystem, ist
aber ein Allgemeinplatz)
zu b)
3 x am Tag Masturbieren (bringt nix gegen
Corona, aber vielleicht ein bisschen Spass bei der Quarantänelangeweile)
Bibel lesen (immer gut, es ist immerhin
„sprachlich das Beste, was wir in der deutschen Sprache haben“ – das Zitat
stammt vom Kommunisten Bert Brecht)
Disney-Filme schauen (sicher lustig, vor
allem „Dschungelbuch“ und „Bambi“ sind unbedingt zu empfehlen)
und nun kommt c)
Giorgio Sciolta, ein italienischer Arzt,
wo am Krankenhaus in Wuhan arbeiten tut, hat herausgefunden, dass das
Kronen-Virus gestoppt werden kann, wenn man jeden Tag am Morgen zwei EL
Katzenstreu in Vollmilch auflösen tut und damit gurgelt. Es funktioniert nur
mit Vollmilch, es muss aber nicht Bio sein! Dann verschmilzt das Virus mit dem kitty
litter, tropft in die Luftröhre und gelangt in den Magen, wo es normal verdaut
wird.
Das habe ich jetzt nicht erfunden!
Es ist schlimm, was da an Tipps gegeben
wird, Einnahme von giftigen, ätzenden, beissenden Substanzen, Rosskuren und
Nicht-Heil-Kuren ohne Ende, Sachen, die den Körper massiv schädigen. Und jetzt
stellen Sie sich einmal vor, was passiert, wenn Sie in diesen Zeiten ins Spital
wollen, um sich den Magen auspumpen zu lassen. Sie werden dort ob 3000
Corona-Patienten einfach links liegen gelassen.
Also gibt es nur eine Weisung in diesen
Zeiten:
BITTE NICHT WEITERLEITEN
BITTE UNTER KEINEN UMSTÄNDEN WEITERLEITEN
So, nun hat mein Erzengel seinen Willen
bekommen.
Übrigens: Vielleicht foppe ich Sie auch
und es ist in Wirklichkeit eine Frau, Raffaela (mit allen Varianten), Gaby (mit
allen Varianten) oder Michelle (mit allen Varianten).
Uriella ist es nicht.
Die lebt leider nicht mehr.
Und sie war keine Corona-Tote, bevor Sie
das als Fakenews verbreiten.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen