Dienstag, 17. März 2020

Auch während Corona: Die Glosse bleibt offen


Die Welt steht Kopf.
Die Welt ist aus den Fugen.
Man versteht die Welt nicht mehr.
Die Frage ist, ob die Welt je auf den Füssen gestanden hat, ob sie je in den Fugen war und ob man die Welt je verstanden hat.
Aber das ist eine andere Frage.

Ich selbst, hier muss ich mich nun ganz fest an der Nase packen und so ziehen wie das Krokodil, dass ja nach Trudi Gerster dem armen Elefäntli seinen Rüssel verpasst hat (…und hät züchet und züchet und züchet und züchet…und sit däm Tag hen alle Elefäntli ´n Rüüssell…), ja so muss ich mich packen, denn ich habe die Lage auch verharmlost. Am 4.2. habe ich geschrieben:

So. Ich bin wieder da.
Haben Sie 2020 gesund angefangen? Oder sind Sie leicht erkältet und haben etwas erhöhte Temperatur? Dann kann man nur hoffen, dass bei uns keine Temperaturmessung eingeführt werden muss; Sie haben ja die Bilder aus Peking gesehen, wo jedem bei Betreten der U-Bahn-Station so ein Gerät an den Kopf gehalten wird.
Es ist ja ganz schwierig, hier klar zu sagen, was Hysterie und was notwendigste Massnahmen sind. Fest steht auf jeden Fall:
·         Herr Li Wang, der neben Ihnen wohnt und seit 3 Jahren nicht in China war, ist nicht gefährlich.
·         Sie müssen weder Ihr Chinaporzellan noch Ihr HUAWEI®-Telefon wegwerfen.
·         Sie sollten sich regelmässig die Hände waschen, aber das tun sie ja eh, oder?

Wer hätte damals gedacht, was an notwendigen Massnahmen notwendig sein könnte?
Die Schulen sind dicht.
Die Restaurants sind dicht.
Die Museen sind dicht.
Die Schwimmbäder sind dicht.
Die Grenzen sind dicht.
Alles ist dicht.

Eine solche Situation hat wohl noch keine und keiner erlebt.
Dass man sich übrigens so verschätzt hat damit zu tun, dass der Mensch kein Gefühl für exponentielles Wachstum hat.
Was ist 2+2+2+2+2+2+2+2+2+2+2+2? 24, sagen Sie, ist doch klar, man könnte auch einfach 12 mal zwei sagen, Kindergarten.
Was aber ist 2x2 x2 x2 x2 x2 x2 x2 x2 x2 x2 x2? 4096, sagen Sie 2 hoch 12, einfache Rechnung.
OK.
Was aber ist 24 mal 2 und 2 hoch 24? Einmal 48, klar und einmal 16777216, also sechzehn Millionen, siebenhundertundsiebenundsiebzigtausend und zweihundertsechzehn.
Was, schreien Sie, so viel? Ja, das denkt man eben nicht. So weit ist man nach 24 Verdoppelungsschritten, das heisst, wenn jeder zwei angesteckt hat.  
Das Merkwürdige ist nun, dass der Mensch dafür kein Gefühl hat, obwohl er immer wieder exponentielle Situationen erlebt, aber er kann sie nicht auf anderer übertragen und tappt immer wieder in die gleiche Falle.
Och, muss man die Brombeerranke schon wegmachen, das sind doch nur ein paar Triebe, und nach einer Woche siehst du die Mauer schon nicht mehr.
Muss man bei zwei Küchenmotten schon die Leimfallen aufstellen? Och, sind doch nur zwei, und nach einer Woche ist deine Küche voll mit tausend Maden… 

Die Welt steht Kopf.
Die Welt ist aus den Fugen.
Man versteht die Welt nicht mehr.
Die Schulen sind dicht.
Die Restaurants sind dicht.
Die Museen sind dicht.
Die Schwimmbäder sind dicht.
Die Grenzen sind dicht.
Alles ist dicht.

Wieso hat man eigentlich die Museen geschlossen, da ist es doch nun wirklich leer, es sei denn, es ist eine Blockbuster-Ausstellung? Und für mich – ich habe 3 Wochen Zwangsferien – wären die Sammlungen ein willkommener Zeitvertreib. Ich will es Ihnen sagen: Man hat die Museen auch geschlossen, weil natürlich ein Satz wie: „Das Museum für Ur- und Frühgeschichte ist eh leer“ nicht fallen darf, der Schuss würde hinten losgehen, das wäre ein Dolchstoss, ein Trick 17 mit Selbstvernichtung, ein Schritt in die Grube, da würden bestimmte Stadtparlamentarier bestimmter Parteien NACH der Krise sofort losmeckern: „Jetzt kürzen wir dem MUF mal die Gelder, 3 Millionen kriegt das, 1,2 Millionen sind auch genug, ihr habt selbst gesagt, dass da keine Sau und kein Schwein, dass da niemand hingeht…“   

Alles ist dicht.
Wir aber machen weiter! Die Dienstag-Freitag-Glosse ist absolut Corona-frei, es sei denn, sie schauen sie an einem öffentlichen PC an und waschen dann Ihre Hände nicht – aber wo sollte denn jetzt noch ein öffentlicher PC stehen. Nein, wenn Sie die Satiren am eigenen Smartphone, Tablet oder Notebook lesen, dann kann Ihnen nichts passieren.

Wir machen weiter, eigentlich könnten die, die in Quarantäne sind, jeden Tag 10 Geschichten fordern, aber das über-fordert mich, und bin ja auch kein Boccaccio, nein zweimal die Woche – wie gewohnt – einen Text.
Und nicht über Corona, das soll der letzte bleiben, im Decamerone haben sie auch nicht über die Seuche, sondern über viele andere Sachen erzählt.

Wir machen weiter, denn: 
Die Frage ist doch, ob die Welt je auf den Füssen gestanden hat, ob sie je in den Fugen war und ob man die Welt je verstanden hat.
In diesem Sinne: Bleiben Sie gesund!



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