Freitag, 28. Februar 2020

Vor meinem Hass kann Sie niemand schützen


Was ich Ihnen schon immer einmal sagen wollte:
Ich hasse Sie.
Ja, Sie genau, Sie, die Sie das gerade lesen, ich hasse Sie mit einer enormen Wucht und Kraft, ich hasse Sie mit voller Überzeugung und aus tiefstem Herzen, ich hasse Sie grundsätzlich und prinzipiell.
Ich hasse alles an Ihnen, Ihre Nase und Ihre Ohren, ich hasse Ihren Körperbau und Ihre Frisur, Ihre Kleidung, Schuhe und Ihre Accessoires. Ich hasse Ihre Art zu reden und Ihre Art zu schauen, ich hasse Ihre Wohnung, jedes Möbel, jeden Teppich und jeden Vorhang.

Ich hasse Sie.
Mein Hass ist ganztäglich und vollstündlich, mein Hass ist global und weltumspannend, er ist weltalldurchdringend und äonenlang, er ist tiefgründend, festbohrend und fundamentalös, er ist nicht zu halten, zu bremsen oder zu stoppen.
Nicht von Harry (…Potter, Sie Idiot! Nicht der Prinz, der keiner mehr ist…) und nicht von Frodo und erst recht nicht von Kodo.
(Kodo hiessen eben die beiden Frauen, die in jenem Song die Liebe bringen wollten – und ich düse, düse, düse im Sauseschritt und bring die Liebe mit von meinem Himmelsritt – aber keine Chance gegen die Männer hatten – Hässlich, ich bin so hässlich, ich bin der Hass.)

Jetzt werden Sie sich fragen, wodurch Sie meinen Hass ausgelöst haben, und da muss ich Ihnen sagen: Durch gar nichts, ich hasse einfach fast alle Menschen. Natürlich auch mich selber, ich selbst stehe ganz an der Spitze meiner persönlichen Hate-Charts. Ich hasse alle Menschen, ich halte den Homo Sapiens für eine totale Fehlkonstruktion, eine schlechte Laune der Evolution, die sie eigentlich längst hätte aussortieren müssen.
Kommen Sie mir jetzt nicht mit Molière! Alceste im «Misanthrope» ist ja eigentlich gar keiner, er ist einfach ein Mensch, der ohne Heuchelei lebt und den anderen stets sagt, was er von ihnen hält und dadurch macht er sich bei Hofe unmöglich, aber ein wirklicher Hasser ist er nicht.

Ich hasse Sie. Ich hasse Sie, wenn Sie sich im Zug mir gegenübersetzen und mich anglotzen und ich hasse Sie, wenn Sie an der Supermarktkasse vor mir stehen und ihre miserabelen (sic) Einkäufe aufs Band legen. Ich hasse Sie, wenn Sie im Schwimmbad neben mir unter der Dusche stehen und ich hasse Sie, wenn Sie an meinem Fenster vorbeilaufen.
Ich hasse Sie, weil Sie Ausländer sind.
Ich hasse Sie, weil Sie kein Ausländer sind.
Ich hasse Sie, weil Sie schwul sind.
Ich hasse Sie, weil Sie nicht schwul sind.

Nun fragen Sie sich natürlich, ob es irgendein Gesetz, ob es irgendeine Regel gibt, ob irgendein Paragraph existiert, der Sie vor meinem Hass schützt.
Und da muss ich Sie enttäuschen:
Gibt es nicht.
Sie sind vor den Auswirkungen meines Hasses geschützt, das wohl, aber gegen meinen Hass können Sie nichts machen. Ich darf Sie nicht öffentlich beleidigen, ich darf Sie nicht stalken, ich darf Sie nicht angreifen, das schon, aber hassen darf ich Sie. Die Paragraphen des Gesetzbuches verbieten mir
·         Ihnen eine tote Ratte in den Briefkasten zu legen (grober Unfug)
·         Ihnen Kanonenkugeln aufs Dach zu schiessen (Sachbeschädigung)
·         Ihnen einen Baseballschläger in den Solarplexus zu rammen (Körperverletzung)
und neuerdings auch
·         Sie in den Sozialen Medien eine «schwule/türkische/jüdische/lesbische/afrikanische/islamische Sau» zu nennen (Diskriminierung)

Aber ich darf Sie hassen. Ich darf dieses Gefühl haben, solange ich ihm keine Gewalt und keinen Ausbruch folgen lasse. Gefühle sind erlaubt – vor allem, weil sie nicht kontrollierbar sind.
Insofern ist es absolut irreführend, wenn Kampagnen (wie neulich die in der Schweiz) damit werben, sie könnten «vor Hass schützen». Das können Sie nämlich nicht. Man kann vor den Auswirkungen des Hasses geschützt werden, vor verbalen oder materialistischen, der Hass ist nicht verhinderbar.
Das ist zwar sehr, sehr, sehr schlimm…
Aber so ist der Mensch. Schon in der zweiten Generation der Menschheit war er da: Kain hasste seinen Bruder Abel, weil Gott dessen Opfer annahm. Aber Kain wurde nicht verbannt, weil er Abel hasste, sondern weil er seinem Hass einen ziemlich drastischen Ausdruck verlieh: Wie Sie wissen, schlug er diesen tot.

Was ich Ihnen schon immer einmal sagen wollte:
Ich hasse Sie.
Ja, ich hasse Sie mit Wucht und Kraft, ich hasse Sie mit voller Überzeugung ich hasse Sie grundsätzlich und prinzipiell.
Ich hasse alles an Ihnen, ich hasse Ihren Körperbau und Ihre Frisur, Ihre Kleidung, Ihre Accessoires.

Aber ich werde meinem Hass keine Taten folgen lassen.
Insofern brauchen Sie auch nicht zur Polizei zu gehen.






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