Freitag, 21. Februar 2020

Die Realität ist schräger als RTL


Stellen Sie sich vor, Sie würden bei einer Fernsehanstalt oder einem Theater ein Exposé für eine Polit-Posse einreichen:

BUMPING WORLD
Polit-Posse in 10 Szenen
Personen: Der Präsident einer Bananenrepublik / die Gattin des Präsidenten / die Chefin der Opposition im Parlament / der Gegenkandidat des Präsidenten in seiner Partei / diverse mögliche Kandidaten der Oppositionspartei / der Staatschef einer Wüstenrepublik

Szene 1
Der Präsident verkündet nach seiner Wahl, dass er der Grösste sei und dass er das Land wieder gross machen werde.
Szene 2
Bei einer Benefizveranstaltung tritt die Gattin in einem T-Shirt mit der Aufschrift «I don`t care» auf. Allgemeine Entrüstung
Szene 3
Die Gattin lässt sich im Garten des Palastes bei der Gartenarbeit filmen. Dabei trägt sie Highheels. Allgemeine Heiterkeit.
Szene 4
Der Präsident verkündet, dass er der Grösste sei und dass er das Land wieder gross machen werde.
Szene 5
Die Chefin der Opposition gibt bekannt, dass sie ein Verfahren einleiten wird, dass zur Amtsenthebung des Präsidenten führen wird. Der Präsident kontert, dass das keine Chance habe und sie eine dumme Kuh sei.
Szene 6
Der Präsident beschliesst mit dem Staatschef der Wüstenrepublik einen Plan zum Frieden in der Region. Dummerweise hat man die Kontrahenten und Feinde nicht eingeladen, was zur allgemeinen Verwunderung führt.
Szene 7
Der Präsident verkündet, dass er der Grösste sei und dass er das Land wieder gross machen werde.
Szene 8
Die Gattin tritt in Afrika in einem Tropenhelm auf, dem Symbol des Kolonialismus. Allgemeines Entsetzen.
Szene 9
Bei den Vorwahlen der Oppositionspartei in «Middle of Nowhere» kann wegen technischer Pannen der oder die Sieger(in) nicht ermittelt werden. Alle Kandidat(inn)en erklären sich daraufhin zu Gewinner(inne)n.
Szene 10
Der Präsident verweigert der Oppositionschefin den Handschlag, darauf zereisst sie ihm ein Manuskript.

Nun mal ganz ehrlich:
Kein Theater, keine Rundfunkanstalt, kein Sender und kein Filmstudio würden so einen Mist annehmen. Weder RTL noch Sat1, weder ARD noch ZDF, auch nicht irgendeine Produktionsfirma würden dafür Geld ausgeben. Zu überzeichnet, zu unrealistisch, zu grotesk und zu doof wären noch die höflichen Absagen. Die frechen würden vorschlagen, man möge das Exposé doch verbrennen, zu Pappmaschee verarbeiten, man möge sich das Script in den … schieben oder sich den … damit abwischen.
Nein.
Mit so einem Unsinn käme man nicht weiter, so ein Blödsinn wird nicht produziert.

Darum seien wir doch froh, dass es die Realität gibt. Die Realität ist manchmal so viel grotesker, so viel blöder, so viel witziger, als irgendein Autor sich ausdenken könnte.
Nehmen wir doch nur einmal die Iowa-Geschichte. Seit dem Gilbert Grape-Buch und der grandiosen Verfilmung mit Johnny Depp, Juliette Lewis und Leonardo Di Caprio ist doch «Iowa» fast ein Synonym für Provinz, Hinterwald, für Niemandsland und Unkultur, bedeutet fast das Gleiche wie «janz weit draussen – jotweedee», wie «wo sich Fuchs und Hase…» oder wie Pampa. Im Chrut, wie die Schweizer sagen. Und jetzt schafft es dieser Staat wirklich nicht, eine Wahl durchzuführen, grandios! Die, die man für Hinterwäldler, Pampanesen, für Niemandsländer und Provinzler hält, von denen man denkt, sie wohnen und denken und arbeiten jotweedee und im Chrut, funktionieren genauso.

Die Realität ist also viel schräger als ein Drehbuch je sein dürfte. Stellen Sie sich doch einfach mal weitere Figuren vor, die in einem Skript völlig überzeichnet, völlig übertrieben, die viel zu doof, blöd, viel zu schräg und absurd wirken würden. Ich komme in ein paar Sekunden auf extrem viele:
Boris Johnson.
Meine Nachbarin.
Mein Nachbar.
Die Frau vom Kiosk.
Der Mann vom Café.
Der schlecht angezogene Wahrsager mit dem Hündchen.
Erdogan.
Helene Fischer.

Sicher kennen auch Sie Leute, kennen auch Sie Vorfälle, die Sie gerne als Drehbuch einreichen würden, sich aber dann besinnen:
Kein Theater, kein Sender und kein Studio würden so einen Bullshit annehmen. Weder VOX noch Sat1, weder ARD noch ZDF, auch nicht irgendeine andere Firma würden dafür Geld spendieren. Zu überzeichnet, zu unrealistisch, zu grotesk und zu doof wären die Absagen. Man würde Ihnen empfehlen, ihr Skript an die Wand zu hängen, zum Fenster hinauszuwerfen oder irgendwelche Körperteile damit zu reinigen.

Aber zum Glück gibt es die Realität. 
   















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