Frohe
Weihnachten!
Ich vermute,
Sie haben schon Ihren Christbaum aufgestellt. Nicht? Ach, das machen Sie heute?
Ja, das war bei uns auch immer Tradition, das Baumschmücken am 24.12., jedes
Jahr ein wenig anders, mal ganz in Gold (mit oder ohne Lametta), mal ganz in
Silber (mit oder ohne Lametta) oder mit roten Äpfeln und Strohsternen. Früher
war ja mehr Lametta, wie Opa Hoppenstedt bei Loriot sagt, aber das steht auf
einem anderen Blatt…
Auf jeden
Fall war das Weihnachtsbaumschmücken immer eine fröhliche und zugleich
festliche Sache, immer ein Heidenspass, doch, doch, das meine ich genau so,
denn der immergrüne Baum mit den Lichtern in der dunklen Zeit ist ein uraltes,
ein heidnisches Symbol.
Wenn Sie
also noch nicht geschmückt haben, haben Sie doch hoffentlich schon Ihren
Christbaumständer gesucht?
Nicht?
Oje, das
kann dann schwierig werden, denn jenes für einen sauber stehenden
Weihnachtsbaum so unverzichtbare Utensil hat die Eigenschaft, am 23.12. oder
24.12. nie da zu sein, wo man es vermutet. Man war 100% sicher, das Ding sei in
dem braunen Kasten im Keller, und nach zweistündigem Suchen findet man es unter
dem Tisch in der kleinen Kammer. Man war 150% sicher, das Teil sei auf dem
Balkon unter der Plane, und nach 360 Minuten hektischer Suche findet man es auf
dem Dachboden (für Schweizer: Estrich) in dem verstaubten Gestell.
Und wenn man
es gar nicht findet?
Die Chancen,
am Heiligabend noch so ein Ding kaufen zu können, stehen gleich null. Sie
bekommen am 24. zwar noch Parfüm und Krawatten, Sie bekommen Bücher und CDs,
Sie bekommen Games, Stofftiere, bekommen Spirituosen und Süsswaren,
Christbaumständer bekommen Sie nicht. Und das aus dem einfachen Grund, weil bei
den anderen Leuten genau das gleiche Problem aufgetreten ist; Sie waren 100% sicher,
das Ding sei in dem Kasten im Keller, und nach zweistündigem Suchen fanden sie
es immer noch nicht, auch nicht unter dem Tisch in der kleinen Kammer. Sie
waren 150% sicher, das Teil sei auf dem Balkon unter der Plane, und nach 360
Minuten hektischer Suche fanden sie es immer noch nicht, auch nicht auf dem
Dachboden.
Aber diese
Menschen haben schon am 22.12. einen neuen gekauft.
Warum ist
das so? Warum ist das Ding, das Teil nie da?
Dr. Jens
Kröger, ein Hamburger Wissenschaftler hat letztes Jahr Christbaumständer mit
einem Funksender versehen, den er metergenau orten konnte. Seine Aufzeichnungen
ergaben, dass alle markierten Ständer im Zeitraum zwischen dem 18. und dem 21.
Dezember anfingen, ihre Orte zu verlassen und sich im Haus neue Plätze suchten.
Das war natürlich eine bahnbrechende Erkenntnis! Sein Aufsatz Die Wanderung
der Weihnachtsbaumständer ist für jede und jeden, der ihn liest eine
ungeheure Erleichterung: Man spinnt nicht! Das Utensil WAR tatsächlich im
Kellerkasten und ist in die kleine Kammer gewandert, es WAR auf dem Balkon und
ist auf den Dachboden gekrochen.
Über die
Gründe dieser Wanderungen kann nur gemutmasst werden, Kröger führt evolutionäre
oder frühtechnologische Faktoren ins Feld, aber ich bin inzwischen anderer
Meinung. Mir fiel eine Kabarettnummer der Truppe Die Kleine Tierschau
ein, in der eine Frau einen Fussball spielte, der plötzlich in Tränen ausbrach:
Er wolle nicht immer getreten werden, das tue so weh, das sei so demütigend,
alle kickten immer mit dem Fuss nach ihm und er halte das nicht mehr aus…
Dies führt
uns zu einer ganz grundsätzlichen Überlegung:
Wollen die
Kleinen Dinge, wollen die Utensilien, wollen die Halter, Behältnisse und Geräte
eigentlich so verwendet werden wie sie verwendet werden?
Was fühlen
sie?
Was denken
sie?
Stellen Sie
sich vor, man würde Ihren Kopf zwei Stunden auf einer glatten Fläche reiben,
und zwar so heftig, dass ein Teil Ihres Kopfes verschwindet. Würde Ihnen das
gefallen? Wahrscheinlich nicht. Sogar ziemlich sicher nicht. Ziemlich sicher
würden Sie es als schmerzhaft, grausam und eklig empfinden. Wieso gehen wir
dann davon aus, dass es einem Stift NICHTS ausmacht?
Stellen Sie
sich vor, man würde sie packen und eine kochend heisse Flüssigkeit in Sie
hineinfüllen. Würde Ihnen das gefallen? Sicher nicht. Totsicher nicht. Sie
würden es als eklig, grausam und schmerzhaft empfinden. Warum denken wir dann,
es macht einer Thermosflasche NICHTS aus?
Ja, und der
Weihnachtsbaumständer mag es halt auch nicht, dass man einen Baum in ihn
hineinrammt, mit aller Wucht und aller Gewalt. Deshalb flüchtet er.
Seien wir
also netter und vorsichtiger zu den Gegenständen, zu den Utensilien, zu den
Kleinen Dingen. «Ein Schloss hat eine Seele!», pflegte mein Vater zu rufen,
wenn meine Mutter (oder ich) an einer Tür herummurksten.
Das meinte
genau das.
Ich vermute,
Sie haben schon Ihren Christbaum aufgestellt. Nicht? Ach, das machen Sie heute?
Ja, das war bei uns auch immer Tradition, das Baumschmücken am 24.12.
Wenn Sie
also noch nicht geschmückt haben, haben Sie doch hoffentlich schon Ihren
Christbaumständer gesucht?
Und wenn Sie
ihn dann gefunden haben, tun Sie bitte den Baum VORSICHTIG hinein, ohne Gewalt
und Stossen, BEDANKEN Sie sich bei Ihrem Christbaumständer und LOBEN ihn.
Dann wird er
nächstes Jahr an Ort und Stelle sein.
In diesem
Sinne:
FROHE
WEIHNACHTEN!
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