Dienstag, 24. Dezember 2019

Special Kleine Dinge (4): Fröhliche Weihnachten! Haben Sie Ihren Christbaumständer schon gesucht?


Frohe Weihnachten!
Ich vermute, Sie haben schon Ihren Christbaum aufgestellt. Nicht? Ach, das machen Sie heute? Ja, das war bei uns auch immer Tradition, das Baumschmücken am 24.12., jedes Jahr ein wenig anders, mal ganz in Gold (mit oder ohne Lametta), mal ganz in Silber (mit oder ohne Lametta) oder mit roten Äpfeln und Strohsternen. Früher war ja mehr Lametta, wie Opa Hoppenstedt bei Loriot sagt, aber das steht auf einem anderen Blatt…
Auf jeden Fall war das Weihnachtsbaumschmücken immer eine fröhliche und zugleich festliche Sache, immer ein Heidenspass, doch, doch, das meine ich genau so, denn der immergrüne Baum mit den Lichtern in der dunklen Zeit ist ein uraltes, ein heidnisches Symbol.

Wenn Sie also noch nicht geschmückt haben, haben Sie doch hoffentlich schon Ihren Christbaumständer gesucht?
Nicht?
Oje, das kann dann schwierig werden, denn jenes für einen sauber stehenden Weihnachtsbaum so unverzichtbare Utensil hat die Eigenschaft, am 23.12. oder 24.12. nie da zu sein, wo man es vermutet. Man war 100% sicher, das Ding sei in dem braunen Kasten im Keller, und nach zweistündigem Suchen findet man es unter dem Tisch in der kleinen Kammer. Man war 150% sicher, das Teil sei auf dem Balkon unter der Plane, und nach 360 Minuten hektischer Suche findet man es auf dem Dachboden (für Schweizer: Estrich) in dem verstaubten Gestell.
Und wenn man es gar nicht findet?
Die Chancen, am Heiligabend noch so ein Ding kaufen zu können, stehen gleich null. Sie bekommen am 24. zwar noch Parfüm und Krawatten, Sie bekommen Bücher und CDs, Sie bekommen Games, Stofftiere, bekommen Spirituosen und Süsswaren, Christbaumständer bekommen Sie nicht. Und das aus dem einfachen Grund, weil bei den anderen Leuten genau das gleiche Problem aufgetreten ist; Sie waren 100% sicher, das Ding sei in dem Kasten im Keller, und nach zweistündigem Suchen fanden sie es immer noch nicht, auch nicht unter dem Tisch in der kleinen Kammer. Sie waren 150% sicher, das Teil sei auf dem Balkon unter der Plane, und nach 360 Minuten hektischer Suche fanden sie es immer noch nicht, auch nicht auf dem Dachboden.
Aber diese Menschen haben schon am 22.12. einen neuen gekauft.

Warum ist das so? Warum ist das Ding, das Teil nie da?
Dr. Jens Kröger, ein Hamburger Wissenschaftler hat letztes Jahr Christbaumständer mit einem Funksender versehen, den er metergenau orten konnte. Seine Aufzeichnungen ergaben, dass alle markierten Ständer im Zeitraum zwischen dem 18. und dem 21. Dezember anfingen, ihre Orte zu verlassen und sich im Haus neue Plätze suchten. Das war natürlich eine bahnbrechende Erkenntnis! Sein Aufsatz Die Wanderung der Weihnachtsbaumständer ist für jede und jeden, der ihn liest eine ungeheure Erleichterung: Man spinnt nicht! Das Utensil WAR tatsächlich im Kellerkasten und ist in die kleine Kammer gewandert, es WAR auf dem Balkon und ist auf den Dachboden gekrochen.

Über die Gründe dieser Wanderungen kann nur gemutmasst werden, Kröger führt evolutionäre oder frühtechnologische Faktoren ins Feld, aber ich bin inzwischen anderer Meinung. Mir fiel eine Kabarettnummer der Truppe Die Kleine Tierschau ein, in der eine Frau einen Fussball spielte, der plötzlich in Tränen ausbrach: Er wolle nicht immer getreten werden, das tue so weh, das sei so demütigend, alle kickten immer mit dem Fuss nach ihm und er halte das nicht mehr aus…
Dies führt uns zu einer ganz grundsätzlichen Überlegung:

Wollen die Kleinen Dinge, wollen die Utensilien, wollen die Halter, Behältnisse und Geräte eigentlich so verwendet werden wie sie verwendet werden?
Was fühlen sie?
Was denken sie?

Stellen Sie sich vor, man würde Ihren Kopf zwei Stunden auf einer glatten Fläche reiben, und zwar so heftig, dass ein Teil Ihres Kopfes verschwindet. Würde Ihnen das gefallen? Wahrscheinlich nicht. Sogar ziemlich sicher nicht. Ziemlich sicher würden Sie es als schmerzhaft, grausam und eklig empfinden. Wieso gehen wir dann davon aus, dass es einem Stift NICHTS ausmacht?
Stellen Sie sich vor, man würde sie packen und eine kochend heisse Flüssigkeit in Sie hineinfüllen. Würde Ihnen das gefallen? Sicher nicht. Totsicher nicht. Sie würden es als eklig, grausam und schmerzhaft empfinden. Warum denken wir dann, es macht einer Thermosflasche NICHTS aus?
Ja, und der Weihnachtsbaumständer mag es halt auch nicht, dass man einen Baum in ihn hineinrammt, mit aller Wucht und aller Gewalt. Deshalb flüchtet er.

Seien wir also netter und vorsichtiger zu den Gegenständen, zu den Utensilien, zu den Kleinen Dingen. «Ein Schloss hat eine Seele!», pflegte mein Vater zu rufen, wenn meine Mutter (oder ich) an einer Tür herummurksten.
Das meinte genau das.

Ich vermute, Sie haben schon Ihren Christbaum aufgestellt. Nicht? Ach, das machen Sie heute? Ja, das war bei uns auch immer Tradition, das Baumschmücken am 24.12.
Wenn Sie also noch nicht geschmückt haben, haben Sie doch hoffentlich schon Ihren Christbaumständer gesucht?
Und wenn Sie ihn dann gefunden haben, tun Sie bitte den Baum VORSICHTIG hinein, ohne Gewalt und Stossen, BEDANKEN Sie sich bei Ihrem Christbaumständer und LOBEN ihn.
Dann wird er nächstes Jahr an Ort und Stelle sein.
In diesem Sinne:

FROHE WEIHNACHTEN!


 

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