Und als der
HERR Adam in den Garten Eden gesetzt hatte, da sagte er zu ihm: «Schau mal,
alles darfst du essen, nur von dem Baum da, das ist der Baum der Erkenntnis,
von dem darfst du nicht essen.» Und Adam nickte und er wollte das unbedingt
nicht vergessen, wollte sich das aufschreiben, fand aber in seinen Taschen
weder Stift noch Papier, was vor allem daran lag, dass er keine Taschen hatte,
schliesslich war er ja nackt, und so fragte er den HERRN: «Hast du etwas zum
Schreiben?» Aber der HERR hatte nichts zum Schreiben, denn er war ja der
Schöpfer von allem, er kannte jedes Molekül im Universum, was hätte er sich
notieren müssen? So nahm Adam eine Beere und presste sie und träufelte ihren
Saft auf ein grosses Blatt und notierte sich so das Verbot, aber Saft auf Blatt,
das ist eben keine gute Art und Weise des Schreibens, und als dann viel, viel
später die Schlange kam, da war der Saft verwischt und Adam starrte auf das
Blatt und wusste, es hätte ihn an irgendetwas erinnern sollen, aber er wusste
nicht mehr, was. Ja, und das Ende kennen wir.
Und als Mose
auf den Berg Sinai gerufen wurde, da sprach der HERR zu ihm: «Komm auf den
Berg, komm allein und bringe etwas zum Schreiben mit.» Und Mose ging und
vergass aber das Schreibwerkzeug, denn ihm waren wieder so viele Dinge im Kopf
herumgegangen, das murrende Volk, sein schwieriger Bruder und seine schwierige
Schwester, und noch manches sonst, und als Mose den Gipfel des Sinai erreichte,
da sprach der HERR zu ihm: «Ich werde dir jetzt 10 wichtige Spielregeln
diktieren» und Mose sagte: «HERR, ich
habe das Schreibzeug vergessen, hast DU nichts zum Schreiben dabei?» Und der
HERR lachte, und erwähnte kurz dass er ja der Schöpfer von allem sei und er
jedes Molekül im Universum kenne, und was er sich je notieren müsse? Und der
HERR befahl Mose, in seinen Taschen nachzuschauen und Mose fand darin einen
Hammer und einen Meissel und so sprach der HERR: «Gut, dann musst du wohl zwei
Steinplatten aus dem Fels hauen und die Regeln draufmeisseln, denn diese 10
Regeln sind wichtig und ohne lasse ich dich nicht vom Berg.» Und Mose machte sich an
die Arbeit, und deshalb hatten die Israeliten in der Bundeslade zwei schwere
Steintafeln.
Und als
Heinrich IV. sich mit dem Papst verkracht hatte, und wusste, der Heilige Vater
befindet sich auf Canossa Castle in Oberitalien, da setzte er sich hin um einen
demütigen und reuigen Brief zu schreiben. Einen Brief, in dem er Busse und
Zerknirschung an den Tag legen würde und der ihn wieder in-kommunizieren würde.
Als er aber seine Feder in das Tintenfass tauchen wollte, da war keine darin.
Er rief seinen Kammerherrn: «Johannes, Tinte! Ich brauche Tinte, ich muss an
den Papst Gregor schreiben und ihn um Vergebung bitten, sonst komme ich aus dem
Bann nicht heraus!» «Majestät, es ist keine Tinte mehr da, ihr habt zu viel
geschrieben.» «Auf der ganzen Pfalz nicht?» «Auf der ganzen Pfalz nicht.» «Und
was soll ich es, geschätzter Kammerherr Johannes, tun?» «Euch bleibt nichts
anderes übrig als nach Canossa zu laufen und euch dem Heiligen Vater vor die
Füsse zu werfen.» Und so kam es zu dem sprichwörtlich gewordenen Canossa-Gang.
Und dann war
da noch jener Zettel, auf dem hätte stehen sollen, dass Reisen in die BRD nun
erlaubt seien, und zwar ab dem Folgetag und auch, dass das Gesetz noch nicht
alle Hürden passiert habe. Aber dummerweise war auch hier, so wie bei Adam und
bei Moses und bei Kaiser Heinrich wieder einmal nichts zum Schreiben da. Jetzt
werden Sie natürlich einwenden, dass die Hälfte ja auf jenem Zettel stand, und
nun muss ich ein wenig weiter ausholen: Durch die planwirtschaftsbedingte
Knappheit gab es im ZK nur einen einzigen Kugelschreiber und der gab im
entscheidenden Moment den Geist auf, ja, und dann schickte man den armen Teufel
mit einem halbinformativen Zettel in die berühmte Pressekonferenz, und als die
Frage kam, ab wann diese Regelungen gälten, kam die berühmte Antwort, sie
würden ab sofort gelten… Der Rest ist legendär. Die DDR war Geschichte.
Im
entscheidenden Moment muss man eben etwas zum Schreiben haben.
Einen
Kugelschreiber.
Einen
Füller.
Einen
Filzstift.
Oder
wenigstens einen Bleistift.
Und sagen
Sie jetzt bitte nicht, seit der Geburt des Handys hätten sich Kugelschreiber
und Füller, hätten sich Filzstift und Bleistift erübrigt, denn ganz so stimmt
das nicht.
Natürlich
muss man heutzutage nicht mehr die Abfahrtszeiten des Rückfahrtbusses
aufschreiben, man fotografiert einfach den Fahrplan oder hat sowieso die App
des örtlichen Tarifverbundes, die DB-App und die SBB-App (Ich habe sie alle…).
Natürlich
muss man keine Telefonnummern mehr aufschreiben, denn entweder tippt man sie
gleich ins Gerät ein, oder man bekommt den ganzen Kontakt geschickt.
Aber immer
wieder gibt es Situationen, in denen man Infos bekommt, die man notieren sollte
und natürlich kann man das Handy auf laut stellen und dann eine Datei
aufmachen, aber dann bekommen halt auch alle alles mit.
Nein. Ich
habe immer noch einen Kugelschreiber bei mir.
Falsch.
Sogar vier,
denn die geben ja ständig den Geist auf. Und ich will nicht mit Beerensaft auf
Blatt schreiben, nicht in Stein meisseln, ich will auch nicht zum anderen
meilenweit hinlaufen, und ich will auch keine halben Notizen haben und damit
Staaten zum Einsturz bringen.
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