Liebe
Leserin, lieber Leser
In diesem
Special wollen wir uns einmal mit ganz simplen, einfachen, kleinen Dingen
beschäftigen. Freuen Sie sich auf…. ja, auf was? Die meisten denken jetzt
wahrscheinlich in die falsche Richtung. Sie denken an Sachen, die Paul Heyse so
schön beschreibt und die Hugo Wolf im Italienischen Liederbuch so schön
vertonte:
Auch kleine
Dinge können uns entzücken,
Auch kleine
Dinge können teuer sein.
Bedenkt,
wie gern wir uns mit Perlen schmücken;
Sie werden
schwer bezahlt und sind nur klein.
Bedenkt,
wie klein ist die Olivenfrucht,
Und wird um
ihre Güte doch gesucht.
Denkt an
die Rose nur, wie klein sie ist
Und duftet
doch so lieblich, wie ihr wisst.
Nein, um
diese schönen und anmutigen Sachen wird es nicht gehen. Sondern um praktische.
«Oooooooooooooooooch»,
höre ich Sie seufzen.
Aber warum
denn? Es ist doch erstaunlich, wie wenig wir den praktischen Nutzen einer
Sache, eines Gegenstandes, eines Dings, aber auch einer Pflanze oder eines
Tieres schätzen – und wie wenig Ahnung wir von der Notwendigkeit von Dingen
haben.
Als mir
einmal auf dem Flug nach Den Haag (das ist 15 Jahre her, Greta, bitte nicht
hauen, ich bin die letzten 8 Jahre immer mit dem Zug gefahren…) mein Gepäck
nicht mitgenommen wurde, erhielt ich von der KLM ein Not-Set mit ihrer Meinung
nach wichtigen Dingen. Es enthielt
·
1 weisses T-Shirt Grösse L
·
1 Tube Hautcreme einer Standardmarke mit einem
Standardduft
·
1 Einwegrasierer mit extrascharfer Klinge
·
1 kleine Sprühflasche mit Rasierschaum,
Standardmarke und Standardduft
·
1 Reise-Näh-Set
Ich war
einigermassen verblüfft. Entweder, so dachte ich, bin ich völlig verdreht und
pervers, völlig abstrus und daneben, oder die Person, die diese Not-Sets
entworfen hat. Für mich wäre z.B. ein Slip, Boxershorts, Pants oder irgendeine
andere Art von Unterhosen viel notwendiger als ein T-Shirt, ich kann zwei Tage
das gleiche tragen, aber meine Unterhosen wechsle ich jeden Tag. Ich dusche
auch jeden Tag, und manchmal creme ich mich dann auch ein. Oder meistens, weil
ich trockene Haut habe, aber ich empfände eine Seife wichtiger als eine
Hautcreme. Und Rasieren? Das könnte man auch einmal weglassen, und was ein
Näh-Set da drin zu suchen hat, das weiss wirklich niemand.
Wir
unterschätzen also den Wert der kleinen Dinge, wahrscheinlich auch, weil sie
immer um uns sind, und deshalb wollen wir uns in den nächsten Wochen mit eben
diesen kleinen Sachen beschäftigen, mit Klopapierhaltern und Sprays, mit
Klebstreifen und Schreibgeräten, mit all diesen Sachen, die die Welt nicht
besser, aber einfacher machen.
Nun fragen
Sie: «Ist das weihnachtlich?»
Ich möchte
zwei Antworten geben:
Erstens:
Nein. Aber warum
um alles in der Welt muss für Sie die nächsten drei Wochen alles auf Weihnachten
getrimmt sein? Sie können doch keinen Schritt in die Stadt machen, ohne dass
Sie von Lametta erwürgt, von Tannenbäumen erschlagen oder von Santa Clausen
angepöbelt werden, die ganze City stinkt nach Lebkuchen und Glühwein, und man
möchte jedem Strassenmusiker, der einem «Laaaaaaaaaaaaast Christmas, I
gaaaaaaaaaaaaaaaaave you my heart…» entgegenplärrt, ganz unadventlich seine
Gitarre auf den Kopf hauen. Geniessen Sie also die unweihnachtliche, unadventliche
Dienstag-Freitag-Glosse, und nehmen Sie sie als Oase der Ruhe in einer Zeit,
die im Christmasstress versinkt.
Zweitens:
Ja. Denn
diese Dinge wären – Betonung auf dem Konjunktiv! – ja die idealen
Weihnachtsgeschenke. Warum bekommt man nie einen hübschen Korb mit Reissnägeln,
Klopapier und Zahnpasta? Warum gibt es keine Luxusbox mit Büroklammern und
Kugelschreibern? Warum bringt der Nikolaus keine Putztücher und Abspülmittel?
Man hat doch immer das Problem, dass der andere das Geschenk a) schon hat oder
b) nicht braucht. Hier wären a) und b) gelöst. Schenken wir doch einmal viel
mehr Reissnägel, Klopapier und Zahnpasta, überreichen wir Büroklammern und
Kugelschreiber, geben wir Putztücher und Spülmittel…
Auch kleine
Dinge können uns entzücken,
Nicht teuer,
aber nötig sein.
Bedenkt,
wie gern wir uns mit Perlen schmücken;
Sie werden
schwer bezahlt und sind nur klein.
Bedenkt,
wie klein ist doch die Büroklammer,
Und fehlt
sie – was für ein Gejammer!
Denkt an
die Zwecke nur, wie klein sie ist
Und haftet
doch so heftig, wie ihr wisst.
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