Dienstag, 10. Dezember 2019

Mein abstruser Brief an den Weihnachtsmann


Ich schreibe einen Brief an den Weihnachtsmann:

Lieber Weihnachtsmann, ich wünsche mir dieses Jahr
*  das neue Smartphone von HUAWEI
*  das neue Tablet von HP
* das neue Parfum von Gucci

Hier komme ich aber schon ins Grübeln: Kennt der Weihnachtsmann sich genügend aus? Letztes Jahr hat er nämlich die völlig falschen Sachen gebracht. Der Weihnachtsmann, der am Nordpol oder im Schwarzwald oder an einem sonstigen kalten und bergigen Ort hockt, hat nicht immer genug Ahnung von Markenprodukten.   Also nehme ich die aktuellen Kataloge vom INTERDISCOUNT® und von DOUGLAS®, sowie die entsprechenden Publikationen der Konkurrenzunternehmen, ach ja, natürlich auch diverses Klamottenkataloge und kreuze etliche Artikel an.

Dann bekomme ich aber ein schlechtes Gewissen: ist es richtig, so viel zu verlangen angesichts von Not und Elend, von Gram und Sorge in der Welt? Darf man konsumieren und konsumieren und noch mal konsumieren, wenn die Welt in Flammen steht? Müsste man nicht hehrere, bessere, müsste man nicht edlere und humanistischere Motive ins Spiel bringen?
Ich horche ich mich hinein…was sind meine Wünsche?
Ich finde den Wunsch nach einem Smartphone, einem Parfüm und zwei schicken Hosen. Ich schiebe diese beiseite und horche tiefer.
Und horche tiefer…
Und horche tiefer…
Und finde schliesslich in einer Ecke meines Herzens hehrere, bessere, ich finde edlere und humanistischere, finde christliche und warmherzige Wünsche. Also setze ich mich hin und beginne den Brief an den Weihnachtsmann erneut:

Lieber Weihnachtsmann, ich wünsche mir dieses Jahr
*  Frieden für die Welt
*  Wasser für Afrika
* Schonung des Amazonasgebietes i

Und stoppe schon wieder.
Wird der Weihnachtsmann mir das glauben? Wohl kaum. Einerseits ist die Häufung von edlen und warmherzigen, von humanistischen und hehren Wünschen ein wenig auffällig, andererseits sieht der Santa Claus sicher gerade ins Herz hinein und wird sich seinen Teil denken: «Nein, dieser heuchlerische und schleimige Rolf Herter, nach diesen Wünschen hat er ja sehr lange graben müssen, und erst als er alle Konsumgüter zur Seite schob, da fand er noch ein paar Gutmenschenideen…»

Ich muss wahrscheinlich ein wenig kombinieren, also nehme ich ein Schulheft, die Kataloge und weisse Zettel. Ich schreibe zehn Gutmenschwünsche auf die weissen Zettel und schneide die zehn schönsten Dinge aus den Katalogen aus, danach kombiniere ich sie nach dem Zufallsprinzip und klebe alles in das Schulheft ein. Auf den Umschlag schreibe ich

KONSUM- UND EDELWÜNSCHE AN DEN WEIHNACHTSMANN 2019.

Beim näheren Ansehen merke ich nun aber, dass der Zufall mir sehr eigenartige, sehr merkwürdige, ja einige fast zynische und geschmacklose Kombinationen beschert hat:


Ich wünsche mir Freiheit für Hongkong und die Auflösung der Uiguren-Umerziehungslager.    
 

Bild
vom neuen
HUAWEI P30 Pro

Ich wünsche mir Freiheit für Hongkong und die Auflösung der Uiguren-Umerziehungslager.    
Bild
vom neuen RT-Parfüm mit
Mykasen-Essenz

Ich wünsche mir die Wiederaufforstung des Amazonas-Regenwaldes.  

Das geht jetzt natürlich auch gar nicht. Wenn ich für Hongkong und die Uiguren, wenn ich für Tibet und diverse andere Völker eintrete, dann müsste ich China boykottieren. Und eben gerade kein HUAWEI, sondern eventuell ein Smartphone oder ein NOKIA nehmen.
Und die Mykasen werden eben genau am Amazonas angebaut, und für ihren Anbau sind 10000000 Hektar Regenwald gerodet worden.

Ach du meine Güte, ist das schwer mit so einem Wunschzettel. Ich gehe erst mal eine rauchen und trinke einen guten Kognak dazu. Und dann noch eine und ein zweites Glas, und dann kommt mir die Idee. Ich setze mich erneut hin und schreibe:

Lieber Weihnachtsmann
Ich wünsche mir 2000.- Sfr Bargeld
und
Frieden für die Welt  
Dein Rolf



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