Dienstag, 21. Mai 2019

Wo kann ich endlich meine Korupptheit (sic) ausleben?


Mit Unverständnis und Zorn hat Österreich auf das Video reagiert, in dem der FPÖ-Chef einer russischen Oligarchin Aufträge und Zusammenarbeit verspricht, wenn sie ihn im Wahlkampf unterstützt, jener Film hat die Regierungskoalition gesprengt und Neuwahlen ausgelöst. Bei mir regt sich weder Zorn, noch Wut, noch Ärger, ja nicht einmal Unverständnis, denn – und nun muss ich ganz ehrlich sein, darf die Wahrheit nicht hinterm Berg halten, nein, ich sage frank und frei und frisch heraus, ich gebe alles zu und bekannt:

Ich bin eine höchst koruppte Person.
(Ich schreibe das Wort so, weil die Bestechenden ja eine gewisse Ruppigkeit haben und die Bestochenen co-ruppig sind, die Herleitung vom lateinischen con-rumpere scheint mir nicht schlüssig, ausserdem sieht es in meiner Schreibweise viel besser aus.)

Ich bin in einem Ausmass koruppt, das sich auch meine ärgsten Feinde nicht vorstellen können und von dem meine engsten Freunde nichts ahnen. Auf einer Korupptheit-Skala von 1 bis 20 liege ich bei 75,3. Ich bin koruppter als der Papst katholisch, als der Mount Everest hoch und als Trump dumm ist, ich hätte – gäbe es dafür Trophäen mit diesen Namen – schon längst den Blatter und den Putin erhalten.
Für eine angemessene Summe (so ab 2 Millionen) würde ich

·         * dem Fürstentum Liechtenstein die Fussball-WM vermitteln
·         * Annegret Kramp-Karrenbauer in den erblichen Adelsstand versetzen
oder
·         * Helene Fischer einen Doktortitel verschaffen

Für genügend Kohle, Knete, für ausreichend Mäuse, Penunze, Zaster, für viele Münzen und Scheine würde ich

·         * Akten schreddern und Dateien löschen
·         * Ihnen Aufträge für Aushub-, Ausschachtungs-, Hoch- und Tiefbauarbeiten zuschanzen
·         * Dokumente fälschen
·         * lügen, schwindeln und Meineide schwören
·         * meine Grossmutter, meine Patin und meinen Bruder ans Messer liefern

Jetzt stört Sie wahrscheinlich der Konjunktiv, aber ich muss ihn setzen. Ich muss ihn setzen, weil – und das ist die traurige Wahrheit – ich nirgendwo in einer Position bin, wo ich meine Korupptheit in einem wirklich guten Masse ausleben kann. Ich bin auch noch nie in eine Situation geraten, in der man mir viel Geld geboten hat.

Ich habe immer wieder den gleichen Traum: Ich sitze in einem Erste-Klasse-Abteil, mir gegenüber X, ein bedeutender Politiker, der in diversen Akten blättert; als er aufsteht, um für eine halbe Stunde ins Restaurant zu gehen, fällt ihm ein dünnes Dossier zu Boden. Er bemerkt es nicht, und ich schiebe das Papier mit dem Fuss unter seinen Sitz. Er bemerkt das Fehlen auch nicht, als er eine Stunde später aussteigt. Nun ergreife ich gierig die Akte und mir fällt die Kinnlade herunter: Es ist eine Kommunikation mit einem Auftragskiller, scheinbar soll sein grösster Konkurrent «aus Versehen» von einem Auto totgefahren werden («lass es wie einen Unfall aussehen…»). Ich weiss nicht, wie seine Leute auf mich kommen, aber schon zwei Tage später erhalte ich ein Angebot: 3 Millionen in kleinen Scheinen dafür, dass ich den Mund halte. Bei der Übergabe an der Raststätte Wattenscheid-Süd, ich strecke schon die Hand nach dem schwarzen Koffer aus, wache ich auf.
Und weine.
Weine.
Weine bittere Tropfen und schwere Tränen, dass mir so etwas nie passiert.
Niemals, weder im Traum, noch im wahren Leben würde ich auf den Gedanken kommen, dass ich hier irgendwie verkehrt handele. 

Warum nur, warum sitze ich an keiner Stelle, an der ich an Hebeln drehen kann? Ich sitze nicht im Komitee zur Vergabe der WM, sässe ich, ich würde – bei angemessener Bezahlung – jedem Kleinstaat den Zuschlag erteilen, sei es Monaco, sei es Andorra oder Malta, sei es eben das Fürstentum Liechtenstein. Ich bin kein Ordinarius, wäre ich einer, ich würde – bei angemessener Bezahlung – jedem Volltrottel mit einem fünfseitigen Essay die Promotion erteilen. Ich komme an keine Akten und Dateien heran, käme ich, ich würde – bei angemessener Bezahlung – alles Wichtige vernichten, schreddern, ausmerzen, in den Orkus schicken.

Bitte, liebe Leserinnen und Leser!
Hat niemand einen Job, eine Position für mich, in der ich meine schweinemässige Korupptheit voll ausleben kann?
Hilfe bitter unter info@jobfuerkorupptheit.com
























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