Bisher hatte ich gedacht, dass jede Stadt, jede Gemeinde, dass jede
Region und jeder Kanton, hatte ich gedacht, dass jedes Land und jeder Kontinent
eigene, spezielle und zurechtgeschnittene Verbote haben, Verbote, die sich in
einsehbare, halbeinsehbare und nichteinsehbare untergliedern.
Zu den
einsehbaren gehört sicher,
dass es in
Deutschland verboten ist auf Bahnhöfen zu rauchen
dass es in
Basel verboten ist im Tram zu essen oder trinken
dass es in
Den Haag verboten ist rundum den Bahnhof Alkohol zu trinken
dass es in Andalusien verboten ist Tauben zu füttern
Zu den
halbeinsehbaren gehört sicher, dass es in Freiburg im Breisgau verboten ist,
Strassenmusik mit elektronisch verstärkten Geräten zu machen. Aus Sicht der
Einzelhändler, die 30 Minuten La Paloma schon unplugged kaum aushalten,
verständlich, führt es doch zu der Schieflage, dass Sie kein
Wir-sammeln-für-unsere-Abschlussfahrt-Strassensingen mit einer Schulklasse
machen können (da brauchen Sie nämlich ein kleines Keyboard), aber eine
achtköpfige Blechblasformation den Marcia di Trionfo aus Aida schmettern darf.
Ebenso
halbeinsehbar sind die ganzen Bestimmungen auf Flughäfen. Wieso wird mir eine
WMF-Gabel, die sich aus Versehen noch in meinem Rucksack befindet (ich hatte
sie für einen Tupperware-Lunch dabei), abgenommen und entsorgt? Die
Wahrscheinlichkeit, dass ich, laut «Allahu Akbar» schreiend, zum Cockpit renne,
dies mit der Gabel aufbreche und mit der gleichen Gabel Pilot und Copilot töte,
ist doch relativ gering.
Von den
nichteinsehbaren befinden sich die schönsten in den USA, alles Verbote, von
denen man vergass sie aufzuheben – oder man wollte keine Diskussionen. So ist
es in bestimmten Bundesstaaten verboten
in
Hotelzimmern Orangen zu schälen
als
geschiedene Frau am Sonntag Fallschirm zu springen
oder
100 Mal um
den Hauptplatz einer Stadt zu fahren
Bisher hatte
ich gedacht, dass jede Stadt, jede Gemeinde, dass jede Region und jeder Kanton,
hatte ich gedacht, dass jedes Land und jeder Kontinent eigene, spezielle und
zurechtgeschnittene Verbote haben, und dass man diese Verbote nicht in andere
Städte, Regionen, Länder, in andere Gemeinden, Dörfer und Weiler überträgt.
Nun aber
wird ein Rauchverbot auf Bahnhöfen in der Schweiz diskutiert, also paffen nur
noch in den gekennzeichneten Bereichen, und mir wird angst und bange. Was, wenn
nun jedes Land alle Verbote des anderen übernimmt? Nach dem Motto «klappt doch
da ganz gut»?
Vielleicht
darf ich in zwei Jahren im Bahnhof nicht mehr rauchen, an der Tramhaltestelle
nicht mehr rauchen (wie in Stuttgart), im Umkreis von 1 km um den Bahnhof kein
Bier mehr trinken, im Tram nicht mehr essen (gilt jetzt schon) und auch in der
Innerstadt generell nicht mehr? Man findet bestimmt eine Stadt auf der Welt, in
der es ein generelles Essverbot im öffentlichen Raum gibt.
Bevor man
das Rauchverbot von der DB übernimmt, sollte man sich erst einmal fragen, ob es
dort wirklich funktioniert.
Tut es
nämlich nicht.
Da die Züge
immer gröbstens Verspätung haben und die 25 Minuten Umsteigezeit (mit bequemer
Möglichkeit zum Aufsuchen der Raucherzone) auf 5 Minuten schrumpfen, rennen die
meisten dann doch mit Kippe über die Perrons. Und niemand sagt was. Übrigens
sieht man auch regelmässig Bahnmitarbeiter mit Fluppe an den ICE-Türen stehen.
Verbote über
Verbote, dabei würde es doch reichen, wenn jede(r) ein wenig gesunden
Menschenverstand walten liesse. Wenn alle im Tram nur Sandwiches und Wasser zu
sich nehmen würden, nicht aber Hamburgerorgien veranstalteten und dann noch das
ketchupbeschmierte Papier liegen liessen, bräuchte es kein Essverbot. Wenn die
Leute sich vor den Bahnhöfen nicht hinhockten und sich dort betränken, bis sie
anfangen, Lumpenlieder und Edith Piaf zu singen und womöglich Leute anzupöbeln,
müsste man den Alkohol nicht verbieten. Wenn alle Raucher es unterliessen,
direkt neben Nichtrauchern zu paffen oder mit einer Zigarre auf die Rolltreppe
zu steigen, dann müsste man nicht so rigoros gegen die Glimmstängel vorgehen.
Aber
wahrscheinlich ist dieser gesunde Menschenverstand eben nicht vorhanden.
Ist ja ein
Dauerthema von mir…
Im
unglaublich tollen Theaterstück des Grips-Theaters (gibt es das eigentlich
noch?) Ruhe im Karton tauchte in den
Siebzigern der Spruch auf
Es ist verboten, zu verbieten.
Kann ich
mich nur anschliessen.
Ich möchte
weiterhin vor dem Bahnhof eine Bierdose öffnen dürfen, ich möchte auf dem
Perron rauchen, genauso wenig wie ich mir das Orangenschälen in Hotelzimmern
nehmen lasse oder das 100-Mal-um-den-Platz-fahren. Und ich möchte weiterhin am
Sonntag geschiedenen Frauen beim Fallschirmspringen zugucken. Die sind nämlich
wirklich reizvoll.
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