Es ist ein Ammenmärchen, dass in
England alles gekocht wird, ein Ammenmärchen, das wir vor allem durch die
Asterix-Comics eingetrichtert bekommen haben («Wildschwein gekocht mit
Minzsauce!!!»), aber man darf nicht vergessen, dass diese Bildergeschichten von
Franzosen gestaltet wurden. In den East Midlands jedenfalls wird nur das Gemüse
matschig gekocht, das Fleisch – und es gibt immer und viel Fleisch – wird
gebraten, in Fett, Öl und Butter, sodass einem manchmal die City von Nott’m (so
sagen die da) wie eine einzige grosse Bratpfanne vorkommt. Es ist erstaunlich,
wie die Einheimischen damit umgehen können, aber einfach zu erklären: Bis 30
geht man ins Fitness-Studio, wie an den 100000 Muskelbergen, die einem
entgegenlaufen, zu sehen ist, die meisten davon allover-tätowiert, ab 30 wird
man dann fett, auch deutlich an jeder Strassenecke zu sehen. Wie ernährt man
sich also richtig in diesen Gefilden? Ja, es ist möglich, und ich muss sagen,
dass ich die Woche gut gegessen und mich gut ernährt habe.
Das «English Breakfast» ist ein Muss,
vor allem – ich bin Schwabe – wenn es im Übernachtungspreis inbegriffen ist.
Also schlägt man sich um 8.30 den Bauch mit Spiegelei, Speck, Bratkartoffeln
und (das Beste vom Besten, und das meine ich ernst) Baked Beans voll und hat
erst mal gegessen. Das Vorteil an diesem Z’Morge ist, dass das Fett und das Öl
und die Butter noch frisch sind, gewechselt werden sie nämlich nur einmal am
Tag. Zum Lunch gibt es ein Sandwich, das können sie, das ist in England
erfunden und man ist quasi im «Mutterland des Belegten Brotes». Hindern muss
man den Gastronomen nur daran, einem Fritten oder Chips dazuzulegen, darf er
beides nicht hinzufügen, macht er eine Salatgarnitur. Zur Zwischenmahlzeit isst
man Obst vom Markt (zum Z’Vieri für die Schweizer) die Teezeit lässt ein
Kaffeetrinker wie ich aus, dies aber sei übrigens nebenbei bemerkt: Es gibt
überall inzwischen einen hervorragenden Espresso, wer hätte das vor 30 Jahren
gedacht. Nun kommt das Schwierigste, das Abendessen; zu warnen ist jetzt vor
jedem Fleisch-Hauptgang, wenn Sie z.B. ein «Hunter Chicken» bestellen, dann
bekommen Sie ein in Speck eingemummtes Hühnchen, in dick Fett, Öl oder Butter
gebraten, serviert mit ebenso triefenden Pommes, abgesehen davon, dass Öl, Fett
oder Butter inzwischen 15 Stunden alt sind. Ordern Sie daher einen Salat mit
Hühnchen, dann und nur dann ist das Federvieh nämlich grilliert, und man
serviert Ihnen einen deliziösen Teller mit diversen Wildsalaten, Beeren,
Tomaten, Croutons und Chicken, dass selbiges am Spiesschen ist und noch
zerteilt werden muss, ist eine lokale Spinnerei, aber Nebensache. Sie haben nun
so wenig Kalorien eingeworfen, dass zuhause noch ein paar
Schlummer-Chocolate-Chips-Cookies und ein Glas Rotwein gehen…
Als ich East Midland Airport ankam, stand
da sofort ein Bus bereit, der SKYLINK, der einen für 5 Pfund zur Nott’m Bus
Station brachte und den ich natürlich auch sofort bestieg. Er stand in einer
Haltebucht, also konnte man nichts falsch machen, das war übrigens der mit dem
British-Humour-Driver. Von der Busstation nahm ich mir ein Taxi und checkte im
«Stage Hotel» ein. Nach dem Einräumen und einer Dusche wollte ich nun doch das
örtliche Bussystem erkunden und begab mich zur 200 Meter entfernten
Bushaltestelle. Ich erinnerte mich kurz, wo die City liegt und stellte mich hin
und dann passierte das, was immer auf der Insel passiert, der Bus Richtung
Innenstadt fuhr auf der anderen Seite vorbei, scheinbar grinsend, aber
wahrscheinlich schien mir das nur so, denn Busse grinsen nicht. Meine Ortskenntnis
war richtig gewesen, aber ich hatte den Linksverkehr vergessen. Gut, wenn man
nicht völlig doof ist, gewöhnt man sich daran und macht diesen
Ich-stehe-an-der-falschen-Halteseite-Trick nur einmal. «We drive on the right
side and you on the left side.» Dies sagte ich vor 35 Jahren zu einem Briten,
der süffisant replizierte: «We are driving on the right side and you on the
wrong side.» Alles ist also so, wie man es kennt. Das Überqueren von Strassen
allerdings braucht Training, hier muss man sich stets das Kindergartenverslein
verkehrt herum aufsagen:
Schau rechtsSchau links
Schau geradeaus
Dann kommst du sicher stets nach Haus.
Würde man von einem Auto, das unerwartet aus der falschen (also für das Motorfahrzeug aus der richtigen) Richtung auf die Hörner genommen und quer über den Kühler auf die Strasse geschleudert, bekäme man in England zwar eine kostenlose Spitalbehandlung, aber ausprobieren muss man das sicher nicht.
Zum letzten Punkt ist zu sagen, dass das
Hotel, die Toiletten in den Pubs, dass die Züge und die Bahnsteige nicht
wirklich sauber waren. Allerdings: Wenn man in der Schweiz wohnt, liegen die
Massstäbe sehr, sehr hoch. Ein Eidgenosse kann überall auf der Welt entweder
nonchalant die Schultern zucken und diverse Flusen und Flecken einfach
übersehen oder sich die Ferien dadurch versauen, dass er stets «Hier muss mal
eine Grundreinigung her» seufzt. Ich tendiere immer – obwohl (noch) kein
Eidgenosse – zur ersten Möglichkeit. Mein Hotelzimmer wurde eigentlich nie
richtig geputzt, ich frug mich jeden Tag, was die vier russischen
Zimmermädchen, die um 9.00 begannen und um 16.00 aufhörten, eigentlich den
ganzen Tag machten, putzen war es nicht, es waren 40 Zimmer. Aber wie gesagt,
wenn man in der Schweiz wohnt…
So, jetzt habe ich ein wenig über die
Dinge geplaudert, die gewöhnungsbedürftig, aber OK waren. Und zusammen mit den
Sachen vom Freitag ergeben sie ein Bild, das mein Urteil von neulich revidiert:
Schade, Tommies, dass ihr geht! Wir
werden euch vermissen. Am Freitag kommt noch ein Post mit einer Warnung.
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