Egal, was du tust, egal, was du bist
Man findet immer wen, der solches schon vor dir gewesen ist
«Ach, das war doch schon mal da», hörst du’s stöhnen…
Aber der Mensch vergleicht halt gern, und er tut das auch, obwohl er weiss, dass – so sagt der Volksmund – Vergleiche hinken.
Vergleiche
hinken, aber nicht alle gleich stark, die Palette geht von den Vergleichen, die
nur ganz leicht das Bein nachziehen, so unmerklich und sanft, dass man schon
sehr genau hinsehen muss, um die Anomalie im Unterschenkel zu bemerken, bis zu
den Vergleichen, deren Fortbewegung nichts mehr mit Gehen zu tun hat, die nur
noch hoppeln und hüpfen und schlurfen und sich vorwärts wälzen, die Quasi-Quasimodos
der Vergleichsfamilie (man verzeihe das blöde Wortspiel).
Einer dieser
Glöckner-Vergleiche ist jener Schweiz-England nach dem Brexit. «Willkommen im
Club!» titelte BLICK AM ABEND und brachte zu allem Überfluss noch eine
unglaublich bescheuerte und auch schlecht gemachte Montage der Queen mit einem
Käse auf dem Kopf. Aber auch bei den Brexit-Befürwörtern (sic!) auf der Insel
gab es angeblich einen Song, der hiess:
We wanna be like you-ouWe wanna vote like you
Quote like you
You – ou – ou …
(zu singen nach der Dschungelbuch-Melodie)
Leute,
Leute!
Es ist doch
wohl eine ganz andere Sache, ob eine Nation einem Staatenbund beitritt oder
seinen Beitritt rückgängig macht, das kann man doch nun wirklich nicht in einen
Topf werfen.Die Eidgenossen wollen nicht in die EU, übrigens jetzt definitiv, der Bundesrat hat beschlossen, das Gesuch um einen Beitritt offiziell zurückzuziehen. Allerdings ist unklar, ob es in Brüssel überhaupt noch jemand findet, es liegt dort nämlich schon gefühlte 100 Jahre auf irgendeinem Stapel. Die Briten aber SIND in der EU und wollen raus, das ist eine ganz andere Sache.
Es ist ein Unterschied, ob man etwas nicht anfängt oder mit etwas aufhört.
Klaus z.B. hat sich gegen Mara entschieden, er wird sie nicht heiraten, es gibt keine Glocken und keine Torte und Klaus wird noch ein wenig sein Singleleben geniessen. Bernd hat sich gegen Simone entschieden, er allerdings ist mit ihr seit 15 Jahren verheiratet, sie haben drei Kinder, zwei Hunde, ein Eigenheim mit Pool und eine gemeinsame Altersversorgung.
Kann man doch nicht vergleichen, oder? Das Zweite ist doch katastrophal komplizierter, allein wenn man an das Sorgerecht für den Pool denkt…
Urs hat
entschieden, nicht nach Toronto zu reisen. Eine Entscheidung, die ihm nicht
leichtfiel, aber angesichts seiner finanziellen Situation die einzig richtige.
Er wird also KEINEN Flug buchen, er wird KEIN Hotel reservieren, er wird sich KEINEN
Reiseführer kaufen und KEIN Geld wechseln, er wird nicht packen, nicht zum
Airport fahren und nicht boarden.
Beat hat
entschieden, nicht nach Singapur zu reisen, sein Entschluss ist aber
schwieriger umzusetzen, weil Beat schon seit drei Stunden in der Grossmaschine
der Singapur Airlines sitzt. Er teilt eben diesen der reizenden Stewardess mit
dem ewigwährenden Lächeln, das wir von Plakaten kennen, mit und sie antwortet
mit eben diesem anmutigen Blick, dass ein Abbruch der Reise NACH dem Boarding,
aber vor allem NACH dem Start in 5000m Flughöhe relativ unmöglich ist. Worauf
Beat irgendetwas tun muss, um die Boeing zu einer Notlandung zu zwingen, etwas,
das den reizenden Stewardessen ihr plakatbekanntes Lächeln aus dem Gesicht
treiben wird.
Brauchen Sie
noch mehr Beispiele? Ich denke nicht.
Also.Wenn wir schon vergleichen müssen, dann doch so:
Schweiz ist Klaus ist Single ist Urs ist Nichtmitreisender
und
England ist Bernd ist Scheidungskandidat ist Beat ist Notlander
Denn der Brexit bedeutet eine Scheidung nach etlichen Jahren Treue und ein Abspringen aus einem fahrenden Zug.
Vielleicht
müssen wir aber auch gar nicht vergleichen.
Noch einmal
Joana:Der Volksmund sagt, dass Vergleiche immer hinken.
Ich füg' ergänzend noch hinzu, dass sie mir
stinken.
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