Ich muss
zugeben, dass ich einigermassen erstaunt war. Ich meine, woran denken Sie bei
einem SB-Lokal? Natürlich, an Tablars. Das ist doch das Entscheidende: Tablars
holen und anstehen. Ich würde sogar behaupten, dass, wenn ich ein Piktogramm
eines SB-Restaurants malen müsste, ich Gabel, Messer und eben ein solches Tablar
darstellen würde. Müsste es nicht im Bereich des Normalen liegen, an dieses so
wichtige Detail zu denken? Ein bisschen zu planen? Vielleicht den Vorpächter zu
fragen, was es braucht? Oder jemand anderes, der sich auskennt?
Wann hat eigentlich das Planen aufgehört?
In der BRD
schon vor zwanzig Jahren, klar, dort baut man Bahnhöfe in Sumpfgebiete und
Flughäfen ohne Lüftung, dort überfällt der Winter mit Weichenvereisungen und
der Sommer mit ausfallenden Klimaanlagen die DB jedes Jahr mit immenser
Plötzlichkeit, dort ist man immer wieder überrascht, wie viele (oder wenige)
Schüler auf einmal da sind, dort hat man das Planen wirklich nicht erfunden.
Aber in der
Schweiz war Planung eigentlich immer Mode. Die Sage berichtet, dass
Stauffacher, Fürst und Melchtal schon
auf der Wiese das einjährige Schwurjubiläum geplant hätten. Sie hätten Listen
erstellt, auf denen die Zutaten zu einer schönen Grillade verzeichnet gewesen
seien, hätten dann Ketchup, Kartoffelchips, Senfsauce und ähnliche Sachen
gestrichen, weil die noch nicht erfunden waren, und hätten sich auf drei Dinge
geeinigt: Fürst bringt Hirsch, Melchtal bringt Brot und Stauffacher bringt
Bier. Dies war sozusagen die Geburt des OKs. „OK“ heisst hier nicht „in
Ordnung“ sondern „Organisations-Komitee“.
Das OK war
früher eine der perfekten Schweizer Erfindungen. Wenn in drei Jahren ein
Jubiläum anstand, wurde zwei Jahre vorher das OK gegründet. Ein Jahr davor
stand der Zeit- und ein halbes Jahr davor der Einsatzplan. Dann musste man
schrecklich warten, denn gewisse Dinge konnten nun beim besten Willen nur kurz
davor erledigt werden. Man erzählt von Marie H. aus Wutzingen (SZ), die nur
dadurch, dass man sie an ihren Stuhl fesselte, davon abgehalten werden konnte,
Salate für eine Feier schon dreizehn Tage vorher anzumachen.
Heute wird
ein OK für ein Dorffest ein halbes Jahr vor Termin gegründet, und ein Monat vor
dem Ereignis weiss noch niemand, was sein wird. Choreographien für
Chorauftritte macht man zwei Wochen before Stage und Schullager plant man
während der Anreise. «Spontan» heisst das Zauberwort, dessen einziger Zauber
darin besteht, schrecklich viel Chaos anzurichten.
Was ist
eigentlich so schrecklich am Planen?
Ich höre
immer mehr: „Ich muss noch meine Party planen.“ „Ich muss noch die Reise
planen.“ „Ich muss noch mein Wochenende planen.“
Dabei gibt
es doch nichts Schöneres. Man kann alle Gerüche, alle Geräusche, alle Klänge
und Farben schon vorausahnen, man kann sich in alles schon hineinversetzen, man
kann alles schon vorauserleben, man kann schon ein wenig in der Zukunft sein,
Vorfreude ist ja die schönste Freude, abgesehen von der entspannenden Wirkung
des Ich-habe-an-alles-gedacht. Also müsste es doch korrekt heissen: „Ich DARF planen.“
Ich
balancierte also meinen Doppelten Espresso einhändig zur Kasse, in der anderen
meine Geldbörse, meinen Schlüssel und meine Rauchutensilien. Dort stellte sich
mir ein anderes, aus vergangenen Jahren schon bekanntes Problem: Der Doppelte
ist in der Maschine programmiert und kann herausgelassen werden, ist aber in
der Kasse nicht eingegeben. Der Kassierer verlangte die gleiche Summe wie für
einen einfachen, was natürlich nicht stimmte, aber ich wollte nicht streiten,
um mehr bezahlen zu dürfen. Hier hätte, da ja das in den letzten Jahren schon
das Problem war, wiederum ein Nachfragen beim Vorpächter viel gebracht. «Ach,
und dann kommt da immer so ein Typ mit Espresso Doppio», hätte er gesagt, «der
kostet 5,50.-« Oder er hätte dem Nachpächter gleich den Zettel hinterlassen,
der letztes Jahr immer neben der Kasse lag:
Der alte braungebrannte Knacker mit Stoppelfrisur
und roter Badehose zahlt für seinen Scheiss-Doppelespresso fünf Franken
fünfzig.
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