Freitag, 19. Februar 2016

Stoppt die Pendlerströme (2): Home Office

Wäre Heimbüro (ich wähle mal diesen deutschen Ausdruck für das neuenglische Home-Office) eine Alternative zu den Pendlerströmen?

Letzte Nacht hatte ich einen schrecklichen Albtraum:

Ich sass an meinem Pult und hatte Heimbürotag. Irgendwann während des fröhlichen Arbeitens kommt eine Mail von meinem Kollegen Tim: Kannst du mir Dokument XXY 8946453 einscannen und senden, ich habe Heimbüro. Ich musste ihm leider zurückschreiben, dass ich auch Heimbürotag hätte, und somit an Dokument XXY 8946453 auch nicht herankäme, dass ich aber gehofft hätte, er werde mir YYZ 3334444 einscannen und schicken. Nun blieb uns nur Tom. Aber sie können sich’s denken: Als wir ihn anmailten, teilte er uns mit er sei im Heimbüro, habe aber gehofft einer von uns werde ihm ZZA 63534297564dscvx elektronisch einlesen und mailen…

Es half nichts, einer von uns musste ins Büro. Da es noch kein wirklich gutes elektronisches Schere/Stein/Papier gibt, spielten wir eine Weile Stadt/Land/Fluss. Auch das ist nicht so lustig, wenn alle am PC sitzen, weil man ja nur googelt und nicht WEISS. Jedoch irgendwann, vielleicht war einfach mein Browser zu langsam, hatte ich verloren. Ich musste in unser Büro im Hauptsitz der HUHAMAG.

Ich lief in die Tiefgarage, startete meinen BMW und sauste los. Ca. 5 km vor der Firma gab mein Wagen zunächst stotternde und fiepende Geräusche von sich, hüpfte dann zweimal wie ein epileptisches Kaninchen und blieb schlussendlich stehen. Ich rief meinen Garagisten an und fragte, ob er mich entweder abschleppen und mir einen Leihwagen geben oder ob er kommen und den Schaden beheben könne. Er habe Heimbüro, so dieser, er liege ganz entspannt auf dem Sofa und esse Schokocrossies, könne mir aber einen Reparaturplan zusimsen, wenn ich den Schaden genau beschriebe. Ich teilte ihm, etwas verdutzt und verärgert, mit, dass mein BMW zunächst gestottert und gefiept habe, dann kaninchenhaft gesprungen sei, schliesslich sei er stehengeblieben. Dann sei alles klar, so mein Mechaniker. 30 Sekunden später erreichte mich seine SMS mit 14 Schritten, von Motorhaube öffnen über diverse Knöpfe, die zu drücken und Schalter, die umzulegen waren, bis Motorhaube schliessen. Ich hätte es sogar in 60 Minuten geschafft, hätten nicht Tim und Tom genervt, wo YYZ 3334444 und ZZA 63534297564dscvx blieben…

Kurz und gut, endlich erreichte ich die HUHAMAG, parkte in der Tiefgarage und machte mich auf den Weg zu Büro und Dokumenten. Als hätte es das auch noch gebraucht, ging die Lifttür auch nach mehrmaligem Knopfdrücken nicht auf. Ich rief die aussen auf einer Tafel angebrachte Nummer an und erfuhr – Sie ahnen es, gell, gell, Sie ahnen es! – sie hätten heute alle Heimbüro und ich müsse leider laufen. Nun liegt unser Büro im 40. Stockwerk, und ich bin trotz viel Sport und gesunder Ernährung, halt auch nicht mehr der Jüngste. Aber nach einer Dreiviertelstunde war ich dort. (Dieses Mal war ich um die Nervtelefonate von Tim und Tom ganz froh, weil sie mir bei Stockwerk 20 und 31 je eine kleine Rast bescherten.)

Ein winziger Lichtblick war, dass bei uns auf der Etage der Kaffeeautomat makellos funktionierte. So gestärkt durch drei Espressos ging alles ganz schnell: Scannen, Mailen, Runterlaufen, Tiefgarage, Auto, heim.

Zuhause angekommen und wieder am PC sitzend, stellte ich fest, dass meine Knie wehtaten. Ich entblösste meine Beine und bemerkte eine grün-violett-rosa Färbung, die sich von der Mitte der Unterschenkel bis fast zur Lende hochzog. Irgendwie hatte die Lauferei über 40 Stockwerke hinweg mir nicht gutgetan. Ich rief meinen Orthopäden an. Muss ich noch kundtun, dass dieser Heimbüro hatte, muss ich sagen, dass er ein Foto von meinen Beinen wollte? Muss ich erwähnen, dass, als ich schickte, er gemütlich sagte, mit ein bisschen Mobilat® werde das schon wieder?

Ich strich also die Salbe auf die Beine und legte mich aufs Sofa. Aber irgendwie hatte sich mein Doktor getäuscht, die Knie wurden immer grüner, immer violetter, immer rosaner, sie schwollen an, erst auf Apfel-, dann auf Melonengrösse, zudem schmerzten sie inzwischen höllisch. Ich konnte nicht anders als wie am Spiess zu schreien, gellend und durchdringend.
Mein Nachbar von oben rief an, er habe Heimbüro und könne – bei aller Liebe – wirklich nicht arbeiten, wenn ich solchen Lärm machte…
Die Knie waren inzwischen schwarz, hatten einen Umfang eines Kühlschranks und fingen an zu bluten.

Schweissgebadet wachte ich auf.

Natürlich ist der Traum völliger Unsinn, natürlich werden nie ALLE Leute gleichzeitig den Betrieben fernbleiben, natürlich werden Ärzte, Feuerwehrleute und Gastronomen immer an Ort und Stelle sein. Aber wird es nicht viele blöde Veränderungen geben?
Werden sich z.B. Robi und Annie nie treffen, weil ihre Heimbüro-Tage genau komplementär verlaufen und erst nach 40 Jahren auf einer Betriebsfeier merken, dass sie eigentlich für einander bestimmt waren? Wie soll man umgekehrt eigentlich noch fremdgehen, wenn der oder die andere ständig zuhause sitzt?

Fest steht: Wir drohen zu vereinsamen. Wir arbeiten den ganzen Tag virtuell, flirten dann virtuell, bestellen dann online irgendwelche Speisen um sie bei Filmen aus dem Internet zu konsumieren.
Waren Sie eigentlich heute schon vor der Türe? Dann hören Sie auf, irgendwelche dumme Glossen zu lesen und gehen Sie schwimmen! Na los! Morgen ist zwar auch noch ein Tag, aber wieder einer mit Heimbüro.








3 Kommentare:

  1. Ich verbitte mir diesen Ton. Wer sind Sie, dass Sie sich anmassen die Dienstag-Freitag-Glosse als dumm zu bezeichnen?

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  2. Ich verbitte mir diesen Ton. Wer sind Sie, dass Sie sich anmassen die Dienstag-Freitag-Glosse als dumm zu bezeichnen?

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  3. Wer bin ich? Ja, das ist doch die Frage. Vielleicht sollte man ein wenig Kant dazu lesen oder Sartre?

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