«Wählst du
Kretschmann oder die CDU?», fragt die ältere Dame in einem Freiburger Café ihre
Freundin. Die Frage belustigt mich. Sie belustigt mich, weil in ihr das ganze
Dilemma der Landtagswahl zu Tage tritt. Eigentlich müsste die Frage doch
entweder GRÜNE vs CDU oder Kretschmann vs Wolf lauten. Sie wird aber so nicht
gestellt, nein, die nette Lady um die 70 fragt ihre ein paar Jährchen jüngere
Freundin – oder ist es gar die Tochter? Bei den fitten Senioren heutzutage
weiss man ja gar nix mehr – ob sie Kretschmann oder CDU wähle, und jede andere
würde die Frage wahrscheinlich genauso stellen…
Die GRÜNEN
haben für die Landtagswahl fünf schlagende, gute, bewährte, fünf hervorragende
Argumente, und diese lauten:
1.)
Kretschmann2.) Kretschmann
3.) Kretschmann
4.) Kretschmann
Nun raten Sie mal das fünfte! Hihihihi, falsch, das 5. Argument lautet Ökologie, allerdings belegt Winnie dann wieder die Plätze 6-10.
Kretschi hat
das Problem, in der falschen Partei zu sein. Ein Problem, das zum Beispiel auch
Schmidt Schnauze hatte. Wäre Kretschi bei den Christdemokraten, er wäre längst
Bundesminister, wenn nicht Bundeskanzler. Der Gute ist ein Phänomen, er ist
bürgerlich, grundsolide, bodenständig, er ist erzkatholisch, anständig,
inkorrupt, Kirchenchorsänger und Dorfbewohner. Auf den Wahlplakaten lächelt
einen ein seriöser Herr in den besten Jahren an, seine weissen Stoppelhaare
haben – wie bei allen Herren in den besten Jahren – etwas überaus Attraktives,
es geht ein beinahe erotischer Charme von ihm aus. Einem solchen Herrn würde
man ein Auto abkaufen, man würde ihm einen Kredit gewähren und ihm die
Wohnungsschlüssel geben, ja man würde ihm sogar die Kinder zum Hüten geben und
hätte keine Angst, dass er Böses mit ihnen anstellen würde. Gut, strenge
Atheisten täten es vielleicht nicht, denn wahrscheinlich würde Winnie sie – der
Nichthimmel helf – mit in eine Kirche nehmen und mit ihnen beten.
Ob des
Charismas Kretschis ist es nicht verwunderlich, dass die GRÜNEN nicht mehr mit
Ökoideologie, sondern mit IHM werben, nicht für die UMWELT, die NATUR solle man
grün wählen, sondern FÜR KRETSCHMANN.
Wolfieboy
hat umgekehrt das Glück, in der richtigen Partei zu sein. Haben Sie sich die
Wahlplakate einmal angeschaut? Sollte je einmal ein Preis für das schlechteste Wahlfoto
verliehen werden, Wolfieboy bekäme ihn. Hier steht ein spätpubertärer
Früherwachsener in einem so miserabel sitzenden Anzug, dass man unwillkürlich
«den hat Mami aber feingemacht» denkt. Das mondrunde Antlitz wird durch falsche
Brille und falsche Frisur so betont, dass es noch mondiger und noch
grinserundiger wird. Im Film Das
merkwürdige Verhalten geschlechtsreifer Grossstädter zur Paarungszeit gibt
es den Verlags-Jungchef Henrik jr. (gespielt von Frank Giering), der in seinem Drehstuhl thront und von Tuten und
Blasen keine Ahnung hat, der sieht genauso aus.
Wolfieboy hat auch keine Argumente, er hat weder Charme noch Wissen,
kein Mensch kann sich an irgendeinen Ausspruch, irgendeine Rede, irgendeine
Aktion von ihm erinnern. Er hofft schlicht und einfach auf die CDU-Stammwähler.
Angeblich soll man in der CDU-Zentrale in Stuttgart diskutiert haben, auf die
Plakate CDU WÄHLEN – TROTZ WOLF zu schreiben, es sei aber dann doch verworfen
worden.
Der
Wahlkampf läuft nun ein wenig wie ein Hindernistanz, ja nichts Falsches sagen,
ja nichts Falsches schreiben. Auf der persönlichen Ebene ist eh nix zu holen.
So ein schöner Sexskandal, das wäre es etwas, aber Winnie ist dafür zu
katholisch, Wolfieboy müsste ja erst einmal geschlechtsreif werden. Argument
Wirtschaft? Der Wirtschaft geht es gut, WEGEN uns, sagen die Grünen, TROTZ
euch, sagt die CDU, Fakt ist, dass eine funktionierende Wirtschaft immer den
Regierenden zugeschrieben wird, und Fakt ist auch, dass die Badisch-Schwäbische
Wirtschaft stets funktioniert, egal, wer oder was am Ruder sitzt. Man könnte
die Firmen des Landes auch verstaatlichen, sie würden trotzdem perfekt
weiterarbeiten.
Argument
Flüchtlinge? Ach du lieber Himmel, das meiden beide wie der Teufel das
Weihwasser. Denn wenn Wolfieboy forderte, weniger Flüchtlinge ins Land zu
lassen, würde Winnie ihm so etwas von genüsslich um die Ohren hauen, dass es ja
Wolfieboys Parteichefin ist, die alle weiterhin willkommen heisst. Nein, solche
heissen Eisen packt man nicht an. Da schreibt man lieber «Mehr Tempo beim
Strassenbau» und lässt offen, wie man das bewerkstelligen will. (Den
Bürgerinnen und Bürgern die Einspruchsrechte nehmen? Käme beim Wahlvolk nicht
gut an.)
Es bleibt
also spannend im Ländle, spannend bleibt auch, wie die regierende SPD
abschneidet. Ja, die SPD ist Regierungspartei, merkt zwar niemand, aber es ist
so. Die SPD hat das Geschick als Juniorpartner immer unterzugehen, egal ob
grosskoalitisch oder grünrot.
Die jüngere
der beiden älteren Damen hat übrigens eine Antwort auf die Frage bereit, eine
Antwort, die einem das Blut in den Adern gefrieren und den Atem stocken lässt.
Sie sagt das Grausamste, das Schrecklichste, das, was niemand vermutete. Sie
spricht das widerlichste und fieseste Wort aus, indem sie zu ihrer Freundin
flüstert (ich höre es doch):
«Ich wähle
AFD.»
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