Dienstag, 22. Dezember 2015

Geschenke II: Das Gratisgeschenk



Wie fanden Sie meine Ideen für das intellektuelle, das gebildete, für das akademische, promoviertenwürdige, habilitiertenwürdige Geschenk, das Präsent für den Kunst-, Musik- und Literaturfan?
Sie waren Ihnen zu teuer?
Na, ein wenig muss man zum Fest der Liebe schon spendieren, nicht?
Schliesslich bekommen Sie ja auch Weihnachtsgeld, oder?
Gut.
Seien wir nicht so.
Hier kommen sie, die Vorschläge für das billige, das preiswerte, das kostengünstige, sogar kostenlose Präsent:

1.)    Das Selbstgebastelte

Wieso horten Sie die vielen Objekte, die Sie auf den zahllosen Sommerkursen erstellt haben, immer noch im Schrank? Wieso stapeln sich die Figürlein und Tellerlein, die Sie von Yoga und Töpfern auf Kreta mitbrachten, in Ihrem Küchenfach? Was ist mit den Deckchen passiert, die Sie bei Klöppeln und Tai-Chi auf Menorca fabriziert haben? Und wo sind eigentlich die Produkte von I-Ging und Linolschnitt in der Toskana? Ganz zu schweigen von dem selbstgewebten Teppich, den Sie neben Schwimmen und Wandern in Umbrien eingefädelt haben?
Also los: Verschenken Sie die Teile. Zugegeben, sie sind nicht wirklich schön, vielleicht waren Sie durch das viele I-Ging, Qi-Gong, Tai-Chi und Yoga ein wenig zu entmaterialisiert, aber Sie wissen ja, dass man einem geschenkten Gaul… Niemand wird etwas Negatives sagen, und die Deckchen, Tellerlein, Linolschnittchen und Teppiche werden viele Wohnzimmer zieren. Dass man sie immer erst kurz vor Ihrem Besuch aus dem Keller holt, müssen Sie ja nicht mitbekommen…

2.)    Das Selbstgeklaute

Ja, Sie haben richtig gelesen: Eine CD, ein Buch, ein Schal oder ein Parfüm, die der oder das Sie in der MANOR, im PFAUEN oder GLOBUS haben mitlaufen lassen, abgestaubt, organisiert haben (die deutsche Sprache hat so wundervolle Wörter für „stehlen“) hat seinen oder ihren eignen Wert. Es haftet einer selbstgeklauten CD der Duft von Gefahr und Risiko an, es klebt an einem selbstabgestaubten Buch der Geruch von Abenteuer und Wagnis.
Ich habe einen Gegenstand, den ich seit Jahren über alles schätze, nämlich einen grünen Rückenschaber, so ein gezacktes Teil mit Griff, das an Tankstellen und Raststätten fälschlich unter dem Namen „Eiskratzer“ angeboten wird. Ich bekam den Rückenschaber von zwei Schülern, die ihn zwar nicht klauten, dafür aber in der Pause das Schulareal verliessen und eine Stunde Arrest riskierten. Dieses Odeur von überstandener Gefahr prägt ihn bis heute.

3.)    Der Gutschein

Damit meine ich nicht die Gutscheine, die Sie vorher berappen, Gutscheine wie der Innenstadt-Bon, den Deutschen Gourmet-Pass oder den Wellness-Gutschein für 2, sondern einen Zettel, auf dem z.B. draufsteht: WIR KOCHEN EUCH EIN 5-GANG-MENÜ. Natürlich würde Sie ein Fünfgänger für vier Leute, Artischockensuppe, Salat mit Kaviar, Pasta mit Lachs, Wildhauptgang und Frische Kokosnuss, auch eine Stange Geld kosten, den Wein (ein 1967er Château Bloussi muss schon sein) gar nicht gerechnet, aber das Gute ist: Der Bon wird nie eingelöst werden. Vier vollbeschäftigte Leute an einen Tisch zu bekommen, ist heutzutage ein Ding der Unmöglichkeit. Da man ja ständig vernetzt ist, heisst es nicht mehr: JETZT(!) Agenden raus!, sondern „Wir chatten/telefonieren/mailen/simsen/skypen mal, was man dann nie tut – man könnte ja immer, also auch morgen…

4.)    Das Selbstgefundene

Wir leben in einer Wergwerfgesellschaft. Recyclingstellen, Schrottplätze und Einlagerungshallen quellen über und die Flohmärkte sind voll von Gegenständen, die nie oder kaum benutzt wurden. Da finden Sie sicher irgendetwas Schönes, Gutes und Praktisches für Ihre Lieben. Oder ist mal wieder Sperrmüll? Was der Nachbar nicht mehr möchte, kann noch immer ein wundervolles Präsent werden. Die 100 Vinylplatten vielleicht. Hat nicht XY noch so einen alten Apparat? Oder die 15 Ordner im Grün-Gelbkreis-Orangekreis-Design, die sind ja inzwischen als 70-Revival total in. (Ich habe selber noch so einen Ordner mit Farbkreischen, die Rezeptsammlung meiner Mutter, aber den würde ich nie weggeben.)
Vielleicht brauchen Sie auch Plastikteilchen für Kinder, so á la LEGO®. Dann fischen Sie im Rhein, der ist nämlich bis zum Rand voll damit, nein, nicht mit LEGO®, sondern mit Plastikmüll.

5.)    Das Selbstgeschenk

Schenken Sie sich selbst! Der Beschenkte darf einen Tag, eine Nacht, eine Stunde, eine Woche, das legen Sie fest, mit Ihnen machen, was er will. Ja, das schliesst auch Sex mit ein. Aber achten Sie darauf: Nicht in ein festes Paket verpacken! Manchmal gehen die Leute ein wenig ruppig mit Präsenten um, die sie nicht aufbekommen, man weiss ja nicht, dass Sie im Päckchen sind. Sie wollen ja am 24.12. kein Messer in der Brust haben. Ludwig Hirsch hat das wunderschön in Schick dia doch selber deiner Freundin in a Packerl besungen, das hatte aber eine reale Vorlage.

So.
Wenn jetzt nix für Sie dabei ist, weiss ich auch nicht weiter…

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