Ich querlese mich durch den BLICK AM ABEND, auf der Suche
nach bepostbaren, nach postverwertbaren, nach posttauglichen Themen: Die
Bachelorette, lese ich da, hat zwei ihrer Freier nach Hause geschickt,
geschenkt, denke ich, geschenkt, ich frage mich nur, wie sie die überhaupt
auseinanderhalten kann angesichts der uniformen Fintnessstudiogestalten. Das
Royalbaby heisst Charlotte, auch nicht aufregend, Astrid-Ronja wäre etwas
Witziges gewesen, Sobikanska oder Maria Bombastica. Die UPK hat ein
erfolgreiches Geschäftsjahr hinter sich, ok, ich gönne es der Firma, und ich
schreibe den BLICK als Postquelle ab und suche das Kreuzwortgerätsel und die
Sudokus.
Da brummt es aber doch in meinem Hirn, wer ist denn UPK,
eine Erdnussfirma (United Peanuts Cooperation), müsste dann aber UPC heissen,
oder die Union Paketkontrolle? Die Psychiatrischen Universitären Kliniken
können es ja kaum sein, nun blättere ich doch zurück und siehe da: Es ist jene
Einrichtung, die man früher gemeinerweise als Irrenhaus oder Klapse bezeichnete.
Sie hat im 2014 alles, aber auch alles gesteigert, Anzahl
Verweilnächte, Anzahl Patienten, Anzahl Betten, Umsatz, Gewinn, Rücklagen, 2014
war für die Basler Psychiatrie ein „erfolgreiches Geschäftsjahr“ mit „neuem
Patientenrekord“.
Glückwunsch, UPK, denke ich, Glückwunsch!
Aber Ich denke auch:
Na ja, so kann man das also auch sehen. Denn eigentlich ist
diese schöne Meldung eine desaströse, eine negative, sie ist eine
Hiobsbotschaft, heisst sie doch, dass die Bewohnerinnen und Bewohner beider
Basel im letzten Jahr psychisch kränker geworden sind.
Wat den Eenen sin Uhl is den Annern sin Nachtigall, sagen
die Fischköpfe, und so kann man natürlich alles irgendwie auch schönfärben.
Oder anders gesagt: Jede Katastrophenschlagzeile kann man auch als Umsatzsteigerung
für irgendeine Branche umformulieren.
Schreiben wir also nicht mehr, die Franzosen seien im
vergangenen Jahr mehr fremdgegangen, hätten mehr erpresst und betrogen,
schreiben wir, dass der Verband der Privatdetektive an Loire und Seine ein Wachstum
von 30% verkündet.
Schreiben wir nichts über Kriege, Bürgerkriege und
Revolutionen, über zerbombte Städte und
Häuser, schreiben wir, dass Heckler&Koch oder Mauser ein Supergeschäftsjahr hatten.
Häuser, schreiben wir, dass Heckler&Koch oder Mauser ein Supergeschäftsjahr hatten.
Sagen wir, dass die Brennerei Oltingen 30 neue Stammkunden
gefunden hat und nicht, dass Oltingen 30 neue Alkis hat, die mit roter Nase
durch die Dorfstrasse torkeln.
Sagen wir, dass LERNLEICHT®, SCHÜLERHELFER® und SUPERTUTOR®
ihren Gewinn auf 23 Millionen heraufdrücken konnten und nicht, dass kaum ein
Schüler in BaWü angesichts des bescheuerten G8 noch mitkommt.
Nein, es ist alles positiv:
Da sich aus jeder Schweinerei Geld machen lässt, bedeutet
mehr Sauerei mehr Umsatz für irgendjemand.
Die Frage ist allerdings: Warum werden die Baslerinnen und
Basler immer verrückter? Depressiv kann man eigentlich nicht werden in dieser
Stadt und paranoid auch nicht. Nichts beruhigt mehr als der Rhein, wenn er
träge und der Mittleren Brücke hindurchströmt, nichts muntert mehr auf als die
blühenden Kastanien auf der Pfalz, nichts ist labsalender als ein
Einkaufsbummel durch die Freie Strasse und nichts macht den Kopf freier als ein
Schwumm im Joggeli. Ich glaube, da hat wieder mal unsere Chemie ihre Hände im
Spiel, einerseits produzieren sie Burnoutler am Laufmeter, andererseits
erfinden sie, wenn es sein muss, ein paar pillenumsatzsteigernde Krankheiten –
oder machen normale Befindlichkeiten zu welchen.
Wollen Sie ein Beispiel?
Bitte: Während früher eine Trauerzeit von einem halben Jahr
(vielleicht sogar ein ganzes) durchaus angemessen erschien, ist heute
Niedergeschlagenheit ab 5 Wochen nach dem Todesfall schon leicht pathologisch,
ab drei Monaten spricht man von einer reaktiven Depression.
Aber wir wollten ja nicht so düster schreiben, wir freuen
uns ja über den Umsatz der UPK.
So wie wir die Schlagzeile über das Royalbaby auch so setzen
können:
Königliches Mädel hat
Allerweltsnamen: 10 000 Briten freuen sich über Wettgewinn.
So wie wir die Überschrift über die Heimschickung von Jocki
(22) und Tummi (24), die trotz knackigsten Hintern und extremem Sixpack bei
Frieda Hodel in Ungnade gefallen sind, auch so formulieren könnten:
Die Bachelorette hat
gesprochen: Jocki und Tummi dürfen endlich wieder heim.
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