Freitag, 22. Mai 2015

Über (F)anale und (D)ummheit



Es ist von meiner Qualitätskontrolle minutiös gecheckt worden, ob im letzten Post wirklich kein P drin ist: Es war keines drin.
Aber es hat Spass gemacht, das mit dem fehlenden „P“. Die berühmte Pariser Schreibschule Oulipo hat ja ihren Studenten Aufgaben dieser Art gegeben, um ihre Kreativität durch Suchen eines Umwegs zu fördern: Da musste man Texte ohne „E“ schreiben, ohne männliche Wörter, ohne Partikel, da wurde der Wortwert (A=1, B=2) und der Satzwert errechnet, da wurde anagrammiert und palindromisiert. Einer meiner QAs hat dann tatsächlich im Roman Fortgang, der ohne „E“ auskommt – man stelle sich das einmal vor, das ist im Deutschen wie im Französischen eine Herkulesaufgabe – ein „E“ gefunden, allerdings nur eines.
Ein „P“ wegzulassen ist da natürlich viel einfacher, aber es bringt manchmal witzige Wörter hervor.

Man kann das übrigens mit jedem Buchstaben machen, hätten Sie nicht gedacht, gell? Früher kursierten bei uns zwei Sätzlein, die man rufen sollte, wenn man an einer guten Echostelle ist, so in den Bergen und so:

Wie heisst der Bürgermeister von Wesel? – (Esel)
Was hat der Jäger in der Tasche?– (Asche)

Hat übrigens nie funktioniert. Auch wenn Böll in seinem Roman Haus ohne Hüter das Echo der Kapellenwand den Pfarrer wiederholen lässt, der von -ührer, -olk und -aterland  redet (!!!), dann geht das technisch nicht, wird aber zu einem der Leitmotive dieses Buches.

Viele Sprichwörter funktionieren nach dem Muster Erster-Buchstabe-weg:

Eile mit Weile.
Nomen est Omen.

Gut, treiben wir das Spiel ein bisschen.
Da sind z.B. die Romane und Texte von Autorinnen und Autoren, die früher Fanal waren, jetzt aber feuchtgebietsoid nur noch anal sind, da sind die Waffenhändler und Waffenlobbyisten, die, sieht man ihnen ins Gesicht, sich als affenlobbyisten entpuppen. Da sind Trostworte, die so vergammelt sind, dass es rostworte werden, noch zynischer ist der Gedanke, dass der Priester der Hexe auf dem Scheiterhaufen rostworte zuspricht.
Wollte man früher ein bisschen Tapetenwechsel, machte man eine Wallfahrt, heute, wo man schon die ganze Welt gesehen hat, wird es halt eine allfahrt, kostet – welch schönes Wortspiel – gar nicht die Welt, sich ins All schiessen zu lassen.
Wollte man früher gesund werden, ging man in Kur und liess sich eine Zeit lang ausgiebig behandeln, ausgiebig gibt es nicht mehr, der frisch operierte Patient wird mit blutigen Bandagen auf die Strasse gesetzt, man braucht  wieder Betten, es wird ihm noch genau erklärt, wie er die Verbände wechseln soll, hier ist also aus der Heilkunde eine eilkunde geworden.
Früher nahm man den anderen, die andere beim Wort und konnte ihn oder sie auch beim Wort nehmen, heute nimmt man seine Mitmenschen nur noch beim ort. (Ich weiss, wo du bist, ob du lügst, kann ich nicht sagen.)
Und der Gang von Steuer zu teuer ist ja fast schon sprichwörtlich.

Das Schönste aber ist die ummheit.
ummheit ensteht, wenn die Zeit eines dummen Menschen um ist, und zwar wegen seiner Dummheit. ummheit  ist, sich parlamentarische Vorstösse von ausländischen, vorzugsweise lybischen oder syrischen Lobbyisten schreiben zu lassen, ummheit ist auch, wenn zwei Politikerinnen die tupfen- und tüpfeligleiche Rede halten, weil sie dieselbe PR-Agentur haben. (Zu sehen bei Giacobbo/Müller) ummheit ist aber auch, sich VOR Stellenantritt oder WÄHREND der Probezeit negativ über Chef, Mitarbeiter, Arbeitspensum und -gebiet, negativ über Kantine und Kunden zu äussern, und zwar auf Facebook, WhatsApp UND Twitter, dann ist man so etwas von umm, ummer geht gar nicht. – Und ich verstehe den Shitstorm nicht, der über die Chefs hereinbrach, wer die Arbeit so Scheisse (s.v.v.) findet, dass er oder sie es 5000 Followern mitteilen muss, muss den üblen Job auch nicht weiter machen.
ummheit gibt es übrigens für umme.

So, liebe LuL, jetzt können sie ein wenig selber spinnen. Ja, auch pinnen, wenn sie etwas Lustiges gefunden haben. Lassen Sie einfach bei jedem Nomen und bei jedem Verb den Anfangsbuchstaben weg.

Es war kein p in meinem letzten Post, das habe ich genau gecheckt. Eigentlich hat es WORD® geprüft, denn das Suchprogramm findet jedes Zeichen eines bestimmten Typs im Text.

Es gibt leider noch kein Suchprogramm, dass (D)ummheit in Texten aufstöbert.

Leider.

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