Freitag, 29. Mai 2015

Eine Frau darf nicht die FIFA anlangen



Es gibt Witze und Wortspiele, die so auf der Hand liegen, dass sie nicht mehr besonders originell sind. Wenn mir jemand sagt, dass das Leben hart und ich Herter sei, dann entlockt das mir nur noch ein sehr müdes Gähnen. Als der Semiotiker aus Bologna seine Weltkarriere startete, machten sämtliche Feuilletons Sprüche wie L‘autore qui fa l’eco (der Autor, der Echo hervorruft) und fanden sich überschäumend einfallsreich. Genauso ist es jetzt mit Loretta Lynch: Wenn eine mit diesem Namen in der Justiz arbeitet, hat sie das Wortspiel Lynch-Justiz schon so oft gehört, dass sie nicht einmal mehr mit der Augenbraue zuckt.
Und dennoch ist es wahr: Die Dame, die hier meint gegen die FIFA stürmen zu dürfen, betreibt genau das.
Ich bitte sie: Das geht doch gar nicht.
Das geht doch gar nicht, dass hier eine Frau (!) in Sachen Fussball (!) ermittelt und Massnahmen ergreift.
Es ist für Männer ja schon schlimm genug, wenn sie von Frauen gedemütigt, beleidigt, wenn sie von Weibern geschlagen, getreten und verletzt werden. Umgekehrt natürlich auch, aber da ist es natürlich, eine mächtige Frau IST gegen die Natur. Hunderte von Geschichten, Theaterstücken, Opern und Operetten wissen davon zu erzählen: Falstaff wird zu seiner grossen Schande von den Merry Wives in einen Waschkorb gesteckt und Oberst Ollendorf, der im Bettelstudent nur ein Kompliment machen wollte, wird mit einem Fächer geschlagen, worauf er traurig singt:
Ach, ich hab sie ja nur auf die Schulter geküsst…
Donizettis Don Pasquale bringt es auf den Punkt:
Bist verloren, Don Pasquale, bist verloren, Don Pasquale, von der eignen Frau geschlagen
Und mir bleibt ein einzig Mittel: Ich geh fort und häng mich auf…

Schlimmer ist es dann, wenn Frauen als Amtspersonen agieren. Welcher Mann lässt sich gerne von einer Frau kontrollieren? Natürlich keiner. Welcher Mann lässt sich gerne von einer Frau anklagen, verurteilen, welcher Mann steht gerne einer Frau Rede und Antwort? Welcher Mann erträgt es, wenn eine Frau in seinen Sachen herumschnüffelt, in seine Schränke guckt, in seinen Mails liest, welcher Mann würde einer Frau freiwillig seine Akten, seine Belege und Scheine, seinen Schreibtisch und seinen Hobbyraum zeigen?
Keiner. Keiner. Keiner.
Und so sollte es auch keine Staatsanwältinnen, keine Richterinnen und Polizistinnen, keine Zollbeamtinnen und Steuerfahnderinnen geben, es sollten keine Frauen bei Ämtern und Behörden und Grenzwachen arbeiten. Oder nur für Weiber zuständig sein.
Denn es ist für einen Mann entwürdigend, einer Person des schwachen Geschlechts sein Leben oder seinen Koffer zeigen zu müssen. Umgekehrt ist es etwas anderes: Die Frau soll dem Manne untertan sein, so steht es geschrieben.

Wenn nun aber so ein Weib (!) als Amtsperson (!) in Sachen herumagiert, die eine klare Männerdomäne sind, dann ist das der Gipfel, der Mount Everest, der Mont Blanc. Es verletzt uns Männer so tief, so grundlegend, dass eigentlich die Menschenrechtsstelle einschreiten müsste. Bereiche, aus denen sich Amtsfrauen fernhalten sollten, sind:
Bier
Autos
Angeln
Fussball
Die EU-Richtlinie über den Hopfengehalt von Weissbier MUSS von einem Mann geschrieben werden, Tempolimits auf Autobahnen MÜSSEN von Kerlen verhandelt werden und die Fischereigesetze MÜSSEN von Leuten überprüft und durchgesetzt werden, die nicht nur etwas im Kopf, sondern auch etwas zwischen den Beinen haben.
Und die FIFA darf nicht von einem Weibsbild angegriffen werden, das ist klar.

Die Frau hat sicher ein Fussballproblem, wahrscheinlich schaut ihr Mann zu viel Major League Soccer, und jetzt muss sie irgendwie um sich schlagen. Die FIFA ist nämlich sauber, sie hat das selber immer wieder intern kontrolliert und überprüft. Alle diese aufwändigen Eigenevaluationen ergaben: Null Kriminalität, null Korruption. Siehste.
Ich meine, kennt diese Tusse überhaupt die Fussballregeln? Weiss sie, was eine Abseitsfalle ist? Kann sie die WM-Austragungsorte der letzten 150 Jahre aufzählen? Weiss sie, wer Pelé, wer Maradona, weiss sie, wer Uwe Seeler und Franz Beckenbauer waren oder sind? Hat sie überhaupt schon einmal in einem Stadion gestanden? Also, wer nicht weiss, wann ein Eckball gepfiffen wird, hat keinerlei Befugnis, in Sachen Fussballverband etwas zu unternehmen. Und wer eine Schwalbe für ein Vögelein hält, das in singulärem Auftritt noch keinen Sommer macht, soll die FIFA in Ruhe lassen.

Frau Lynch mag eine tolle Juristin sein, sie mag fair, klar, direkt und offen sein, studiert, gebildet und intelligent.
Aber sie ist eine Frau.

P.S. Ich habe diesen Post am Donnerstagmorgen geschrieben. (Ehrlich! Indianerehrenwort! Isch schwör!) Am Donnerstagabend erschien in BLICK AM ABEND ein Artikel, in dem dargelegt wurde, dass Loretta Lynch nur an ihrer Karriere arbeite, dass es bei ihr nicht um Fussball ginge, dass sie von Fussball keine Ahnung habe… In der Schlagzeile fand sich das schöne Wortspiel LYNCH-JUSTIZ. Hier sind Redakteure wieder einmal zu geistigen Höhenflügen aufgestiegen, die einen staunen machen.





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