Wegen eines
Erdrutsches bei Schallstadt hält der ICE heute in Denzlingen lese ich am
Freiburger HBF. Jetzt übertreiben sie, denke ich, jetzt übertreiben sie
masslos, schlimm genug, dass die Lokführer streiken, aber dass sie auch noch
die Gleisanlagen kaputtmachen, das ist zu viel. Natürlich könnte der Rutsch
auch vom Platzregen am Samstagabend herrühren, aber die GDL hatte da sicher
ihre Hände im Spiel. Nein, jetzt übertreiben sie, denke ich, und als zweites:
Wie komme ich nun in Richtung Schweiz, denn ich habe keine Lust erst einmal 15
Kilometer Richtung Norden zu fahren.
Fernbus, gut, fahren wir halt einmal Fernbus, diese
Erfahrung muss man ja auch einmal machen, MEINFERNBUS® fährt zwar nur nach
Lörrach, aber von dort komme ich irgendwie weiter.
Die Tickets gibt es am Kiosk auf der Stadtbahnbrücke, die
Fahrt nach Lörrach kostet 8,50.- , der nächste MEINFERNBUS® geht in 15 Minuten,
ich gebe meinen Namen an und erhalte einen Wisch mit Buchung und diesem
Scangemälde, über das der Fahrer dann sein Handy halten kann.
So weit, so gut.
Ich trabe zum ZOB und suche den Bus, der Richtung Süden
ziehen wird, es stehen nämlich noch Busse nach Flensburg (Flensburg? Wer um
aller Himmels Willen will denn nach Flensburg?), Aachen und Bitterfeld (auch
hier die gleiche Frage). Ich stelle mich an, der Fahrer gemäldescant bzw.
behandyt den Code und ich steige ein.
Nein, ich versuche einzusteigen, denn nun trifft mich ein Tasche bitte in den Kofferraum wie ein Keulenschlag. In
unfreundlichstem Ton wird mir mitgeteilt, dass für meine prall gefüllte
Riesensporttasche im Bus kein Platz ist. Woher soll ich denn das wissen? Ich
fahre ja zum ersten Male Fernbus. Gut, mit ein wenig logischem Denken hätte man
vielleicht draufkommen können, dass meine Tasche weder unter den Sitz noch in
die Hutablage passt, aber man kann das doch freundlich sagen. Die muffelige Art
geht gerade so weiter: Als wir abfahren, bekommen wir in wirschestem Ton um die
Ohren gehauen, dass wir uns anschnallen müssen und dass Männer auf der
Bordtoilette im Sitzen pinkeln müssen. (Redundant, man kann in dem
1x1x1-Meter-Kabuff eh nicht stehen.)
Ich lehne mich zurück und sehne mich nach der Freundlichkeit
der Deutschen Bahn.
Nach Durchsagen wie: Wir
begrüssen nun die in Wanne-Eickel neu hinzugestiegenen Fahrgäste und wünschen
ihnen eine angenehme Reise. Unser Zug hat zurzeit eine Verspätung von 62
Minuten. Wegen Ihrer Anschlüsse in Castrop-Rauxel werden wir sie rechtzeitig
informieren.
Ich meine, das hat doch Stil, das hat Charme, hier wird man
höflich begrüsst und rechtzeitig informiert. Hier wird sogar das hässliche Eine Stunde Verspätung in das viel
lieblichere 62 Minuten geändert.
Überaus charmant sind auch die Einladungen in das Bordrestaurant, der berühmte Hinweis auf unseren Gastronomischen Service,
der auch heiter-süsslich mit dem Hinweis verknüpft wird, dass es bedauerlicherweise heute im Restaurant wegen technischer und Lieferschwierigkeiten
nur kalte Würstchen, Tomatensalat und Kirschsaft gibt, sowie einige
Nussmischungen.
Ja, und kommt dann Castrop-Rauxel, entschuldigt man sich
tausende, Millionen Male, dass die Anschlüsse, leider, ja wirklich leider, bedauerlicherweise nicht erreicht werden
konnten und gibt die nächsten Verbindungen bekannt. Ihre nächsten Anschlüsse nach Essen HBF: Um 15.32 von Gleis 3, sowie
nach Bottrop um 15.34 von Gleis 6. Netterweise wird die effektive Wartezeit
hier verschwiegen, das wäre sonst ja hammerhart, wenn man gleich wüsste, dass
man zwei Stunden in Castrop-Rauxel sitzt, was macht man zwei Stunden in
Castrop-Rauxel? (Das Gleiche wie in Flensburg oder Bitterfeld?)
Nein, ich vermisse bei den Fernbussen die erlesene
Höflichkeit, den Charme und die Süsse der DB. Bei allen anderen Vorteilen: Der
Bus kostet weniger als die Bahnfahrt, es ist ruhig im Bus, als er sich auf der
A5 nach Lörrach schiebt, wir erreichen das Wiesental früher als geplant und ich
habe auf der Reise gut geschlafen. Aber die Höflichkeit…
Ich bekomme in Lörrach sogar noch sofort eine S-Bahn nach
Basel Badischer Bahnhof, weil die nämlich eine Viertelstunde Verspätung hat.
Ohne Erdrutsch.
Ohne Streik.
Einfach so.
Siehste, werden Sie sagen.
Die Strecken Basel-Lörrach-Schopfheim und Weil am
Rhein-Lörrach werden allerdings von den sonst absolut perfekten Schweizer
Bundesbahnen, den SBB, betrieben.
Aber wie es so schön heisst:
Nobody is perfect.
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