Montag, 9. Februar 2015

Anstand und Charisma

Ich habe die letzten Beiträge über Leute geschrieben, die gegensätzlicher nicht sein könnten: RvW und DSK. Die beiden zeigen, dass Moral und Anstand auf der einen und Beliebtheit und Charisma auf der anderen Seite nicht immer zusammengehören, beliebt waren bzw. sind sie beide, anständig nur der eine.
Der katholische Humor teilt die Päpste in vier Spalten ein:
... war ein Heiliger und wusste es
... war ein Heiliger und wusste es nicht
... war kein Heiliger und wusste es
... war kein Heiliger und wusste es nicht
Wer wohin gehört, dürfen Sie selber rausfinden.
Dementsprechend kann man auch Politiker klassifizieren. Sie möchten in die Politik? Nun, Sie haben die Wahl zwischen vier Möglichkeiten.
Lassen Sie mich das anhand des Sports erläutern:

Sie sind ein guter Basketballer, eine gute Fussballerin, Sie treffen, Sie machen Punkte. Dabei sind Sie dennoch fair und anständig, Sie sind bei der Mann(Frau)schaft, beim Trainer und bei den Gegner(innne)n anerkannt. Man wählt Sie im Unterricht stets in das Team.
Für Sie ist
Typ AB (anständig/beliebt)
anzustreben.
Dieser Typ ist äussert selten und bringt solche Ausnahmeerscheinungen wie Richard von Weizsäcker hervor: Moralische Instanz, kluger Redner, beim Volk und bei allen Parteien anerkannt. Die Wahrscheinlichkeit, dass in einem Wahlkreis X ein ABler kandidiert ist so hoch wie die, in unseren Wäldern einen Dino zu treffen oder in einer Auster eine schwarze Perle zu finden.

Sie sind ein guter Volleyballer, eine gute Hockeyspielerin. Sie treffen, Sie machen Punkte. Sie sind für Siege verantwortlich. Dabei nehmen Sie es aber mit dem Fairplay nicht so genau. Sie langen schon mal den anderen zwischen die Beine oder an den Arsch (sic venia verbo), Sie fluchen, zeigen Mittelfinger und beleidigen den/die Unparteiische(n), wenn das ungestüme Temperament mit Ihnen durchgeht. Aber komischerweise verzeiht man Ihnen alles, weil Sie so sportlich, so trainiert, so smart, so charismatisch sind, weil Sie so nette Grübchen und ein so tolles Lachen haben. Sie sind halt "ein wenig heftig, ein bisschen wild".
Für Sie ist
Typ UB (unanständig/beliebt)
anzustreben.
In diese Kategorie gehören so schillernde Figuren wie Kennedy, Strauss-Kahn, aber auch Berlusconi oder Haider, ihnen kann das Schmiergeld aus der Tasche ragen, die Mafia bei ihnen aus und ein gehen, sie lassen sich von ihrer Maitresse Happy birthday singen, sie nehmen Drogen und begehen Fahrerflucht, das Volk verzeiht ihnen alles. Sie sind der Sonnyboy, der alles tun und lassen kann, was er will.

Sie sind ein guter Handballer, eine gute Wasserballerin, Sie gewinnen und machen Punkte, dabei spielen Sie fair und ohne Fouls. Trotzdem werden Sie selten aufgestellt, weil man Sie irgendwie nicht so mag. Niemand kann Ihnen etwas Böses nachsagen, aber Ihre Bewegungen sind irgendwie zu gelernt, ein wenig unbeholfen, ein wenig linkisch, obschon sehr effektiv. Sie sind weder smart noch schön, nur einfach ein(e) gute(r) Spieler(in), deshalb sitzen Sie häufig auf der Ersatzbank.
Sie müssen
Typ AU (anständig/unbeliebt)
anstreben.
Leute aus dieser Schublade gewinnen nicht die grossen Wahlen, sie dienen sich in der Partei hoch und machen eine gute Arbeit. Dennoch mag sie das Volk nicht. "Why don't they love me? Kennedy was an asshole and they liked him." war die ständige Frage Nixons. Auch der Vater der Deutsch-Osteuropäischen Aussöhnung, Egon Bahr gehört in diese Kategorie. Posthum gelangen solche Politiker(innen) oft zu hohen Ehren: "Inzwischen sind seine/ihre Verdienste um .... als solche anerkannt worden und haben ihm/ihr einen Platz in der Ehrenhalle gesichert."
Haben Sie leider nichts davon, wenn Ihre Taten nach 70 Jahren von der Historik äusserst gewürdigt werden.

Sie sind jemand, der keine Möglichkeit zum Foulen auslässt. Sie stellen Beine, schlagen nach dem Gegner, Sie nennen den Schiedsrichter einen dummen Sack und benehmen sich auf dem Spielfeld wie auch in der Kabine wie die letzte Sau. Aber im Gegensatz zum wilden Sonnyboy nimmt man es Ihnen, weil Sie hässlich und bucklig sind, richtig übel. Machen Sie einen Punkt, schreit man "Zufall", und wenn Sie unfair spielen, ist es nach Meinung der Sportseiten nicht ein Zeichen von Temperament, sondern von miesem Charakter.
Für Sie bleibt
Typ UU (unanständig/unbeliebt).
Auf dieser Schiene fuhren und fahren Leute wie Honecker oder das koreanische Schweinchen. In einer Demokratie würde so jemand natürlich nicht gewählt, daher sollte man rechtzeitig Geld beiseite legen und sich eine wirklich effektive Schlägertruppe zusammenstellen. Typ UU geht nur, wenn man Diktator ist: "Mögen Sie mich hassen, wenn sie mich nur fürchten."

Nun können Sie entscheiden: Typ AB? Typ UB? Typ AU? Typ UU?

Vielleicht reihen Sie sich aber auch in eine der Papstkategorien ein. Papst werden ist gar nicht so schwer, offiziell müssen Sie nur die Bedingungen zum Priesteramt erfüllen...



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