Freitag, 26. Dezember 2014

Hässliche Kalender für 2015

Haben Sie schon einen Kalender für 2015? Oder sogar mehrere? Wie viele Stunden haben Sie gebraucht, um ihr Exemplar zu finden?

Die Suche ist ja gar nicht einfach, der Büchersupermarkt THALIA zum Beispiel  hatte 1000 verschiedene Kalender im Angebot. (Sorry, ich weigere mich immer noch mit Händen und Füssen einen solchen Schuppen als Buchhandlung zu bezeichnen, der Unterschied zwischen THALIA und meiner Buchhandlung Olymp&Hades ist ungefähr der gleiche wie zwischen McDonalds und einem Restaurant, in dem Kellner Ihnen Speisen auf Tellern bringen.)

1000 Sorten Kalendarium also, das reichte von den Manager-Agenden über Lesezeichen-, Tisch-, und Wandkalender bis zu den Riesenmonstern mit Kunst oder Fotokunst, die eigentlich ganze Hauswände brauchen. Auch bei den Themen herrscht unglaubliche Vielfalt: Hatte man früher EINEN Kalender mit Hunden, gibt es heutzutage 50 Varianten, „Welpen im Wasser“, „Dackel auf Deckeln“, „Bassets im Bassin“ usw. Hatte man früher vielleicht drei Katzen- und zwei Hasenkalender, ertrinkt man heute in einer Masse, die den härtesten Kunden erschlägt und erdrückt. Da gibt es Druckwerke mit Katzen beim Joggen, beim Yoga, beim Ballspiel, Katzen mit Schleifchen, mit Hütchen, mit Schühchen, Katzen, die Heidegger lesen oder Chopin spielen. Da gibt es Hasen im Gemüse, im Kornfeld, auf Kakteen oder Seerosen, da fahren Hasen Schlittschuh oder jonglieren mit Tomaten.

Haben Sie in diesem Riesenangebot etwas entdeckt?
Wenn ja, haben Sie es aber wahrscheinlich doch falsch gemacht: Ihr Kalender ist zu schön. Wir machen nämlich immer wieder den Fehler, dass wir uns durch schöne Fotos, tolle Bilder, durch Ansichten von Kraft und Licht und Liebreiz aufbauen und laben lassen wollen. Das Gegenteil ist stets der Fall.

Nehmen wir mal an, Sie sind ein schwuler Senior (ab 40, die Szene ist da unerbittlich) und kaufen sich den MEN 2015, von Januar bis Dezember ein Adonis nach dem anderen, perfekt trainierte Muskeln, eine seidiggläzende Haut und ein Lächeln, das Berge bezwingt. Natürlich erregt Sie jedes dieser Bilder, und dazu hängen  Sie ein Pin-up ja auch auf, aber gleichzeitig zieht es Sie völlig runter. Sie sind eben kein Adonis mehr, haben keine perfekt trainierten Muskeln, haben keine seidigglänzende Haut mehr und Ihr Lächeln ist müde geworden. Jedes Mal, wenn Sie einen der MEN 2015 betrachtet haben, können Sie zwei Stunden nicht mehr in den Spiegel schauen. Sie bräuchten einen Kalender mit ganz, ganz hässlichen Leuten, damit Sie sagen könnten: „Im Vergleich zu dem bin ich ja echt ein Adonis…“

Nehmen wir mal an, sie haben sich WÄLDER 2015 gekauft und möchten sich jeden Monat, von Januar bis Dezember, mit den Din A3-Aufnahmen von den herbstlichen Ahornbäumen in Kanada, vom Dschungel auf Borneo oder den Zedernwäldern auf dem Libanon eine positive Stimmung holen, gute Laune, Freude und Glück. Das Gegenteil wird der Fall sein, denn Sie werden Fernweh bekommen, ein Fernweh, das sich nicht stillen lässt, denn Ihre Mittel sind beschränkt. So wird von Januar bis Dezember stets die Frage „Warum kann ich mir eine Reise nach Kanada, nach Borneo oder zu den Zedern des Libanon nicht leisten?“ über dem Kalender blinken. Sie bräuchten einen Kalender mit den hässlichsten Orten in Deutschland, und Sie würden beim Anblick des Marktbrunnens von Recklinghausen-West, beim Anblick der Fussgängerzonen in Bottrop und Pforzheim, beim Betrachten der Mehrzweckhalle Kaiserlautern-Ost und des Sportplatzes Heilbronn einen Seufzer loslassen und rufen: „Wie schön habe ich es doch hier! Ich wohne so schön, ich muss gar nicht wegfahren!“
(Das Problem bei diesem Druckwerk ist, dass es nicht jeden Monat das Gleiche zeigen darf, obwohl die Innenstädte in Deutschlands hässlichsten Gegenden so gleich aussehen. Ein junger Mann hat sich ja mal angeblich mit einem Kumpel verabredet, Ort X, nach dem Karstadt rechts rein, und dann die Pizzeria neben dem Drogeriemarkt. Als der Kollege nach einer Stunde nicht gekommen war, rief er ihn an und stellte fest, dass er sich in der Stadt Y befand, in der die Anordnung genauso ist.)

Starkalender?
Berühmt und reich und intelligent und in?
Macht Sie doch nur neidisch.
Sie führen besser mit einem Kalendarium wie LOSER & IDIOTEN 2015. Da könnte man sie dann alle versammeln: Die Promovierten, die bei ihrer Dissertation aus Versehen alle Fussnoten weggelassen oder sie gleich komplett im Internet heruntergeladen haben, die Moderatoren, die, wenn der Interviewte sich nicht unterkriegen lässt, die Fassung verlieren und ihn als A… bezeichnen, alle die Nacktselfieschiesser und Kinderpornorunterlader, alle die, die beim Versuch sich auf der Affäre zu ziehen, sich noch weiter ins Schlamassel reiten. Ein Kalender mit denen, die in den Fettnapf nicht nur getreten, sondern gesprungen sind, all denen, die, indem sie den Rand zu erklimmen probieren, immer weiter in die Sahne, die Butter, in den Schmand und den Rahm sinken.

Haben Sie schon einen Kalender für 2015?
Kaufen Sie sich „Hunde im Weltall“ oder MEERE 2015.
Denn:
Die oben erwähnten Kalendarien gibt es noch nicht.
Leider.
Sie wären ein echte Marktlücke, vielleicht schaffe ich es bis 2016.

 

 

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