Montag, 1. September 2014

Schlecht kommuniziert?

„Schlecht kommuniziert“, sagt mein Kollege Hebbie, der in den Sommerferien mehrfach vor der geschlossenen Schule gestanden ist, „das war jetzt wirklich schlecht kommuniziert.“ (Anm. der Red.: Ja, es gibt Lehrer, die in den Ferien etwas im Schulgebäude machen wollen.)
Schlecht kommuniziert.
Ich gebe Hebbie zu bedenken, dass die dreiwöchige Schliessung des Schulhauses in den Konferenzen erwähnt worden sei, zudem habe es einen Zettel im Fach und eine Mail gegeben. „Hast du erwartet, dass der Schulleiter jeden extra anruft und ihm das mitteilt?“, frage ich meinen Kollegen. „Ich habe erwartet, dass er zu mir heimkommt und mir einen Zettel an die Pinnwand hängt, er hätte dann auch ein Glas Wein und Nüssli bekommen.“ „Scherz, oder?“ „Natürlich Scherz, aber wenigstens ein Reminder…“
Reminder, wir wollen Reminder, wenn wir keinen Reminder bekommen sagen wir:
Schlecht kommuniziert.
Also die Aktion mit Mündlichkeit, Mail und Zettel drei Wochen vor den Ferien und zu Ferienbeginn einen Reminder: DENKT DRAN, SCHULHAUS ZU! Und Mitte der Ferien noch einen Reminder: DENKT DRAN: SCHULHAUS ZU!

Ich hasse Reminder, denn sie sagen ja eigentlich aus, dass man den Empfänger für blöd, absolut für zu blöde hält sich eine Tatsache wie die 21tägige Schliessung des Arbeitsplatzes irgendwo aufzuschreiben, irgendwo zu notieren, es gibt da ja inzwischen so tolle Programme, man könnte es aber auch ganz simpel in die Agenda notieren oder eben der berühmten Zettel an der Pinnwand, Kühlschrank ist auch sehr schön.
Das Teuflische an der Reminderei ist, dass es wie eine Sucht funktioniert: Man braucht immer mehr und immer öfter die kleine Erinnerung, dass man sich dran gewöhnt. Als Folge merkt sich keine Sau etwas beim ersten Mal, denn es gibt ja spätestens eine Woche vor Ereignis X einen Reminder. Bekommt man keinen, vergisst man das Ganze und darf nachher motzen:
Das war schlecht kommuniziert.
Wir leben im Zeitalter des Doppelmoppelns, ja, das 21. Jahrhundert ist das Zeitalter der Redundanz.

Du musst es dreimal sagen.
Nein, Mephilein, dreimal langt längst nicht mehr,
du musst es dreimal sagen und drei Reminder schicken.
Es ist übrigens witzig, dass Faust das ja gerade zu Mephisto sagen muss, als er ihn hereinbitten will, d.h. Redundanz IST etwas Teuflisches und das Herumgemindere gehört dem Satan.
Wir leben in einer totalen Informationsflut, aber sie wäre nur halb so schlimm, wenn ein paar Infos weggelassen würden.

Wenn Sie mit einer Schulklasse verreisen, schickt Ihnen Beat Hiltbrunner eine SMS Klasse 2a Personenzug 7.59 nach Thun Gleis 6 vorderster Wagen. Sind Sie dann dort, läuft ein Mann auf dem Perron auf Sie zu und erzählt Ihnen, dass Sie im vordersten Wagen sind. Dort hängt dann ein Schild SEKUNDARSCHULE ALLSCHWIL KLASSE 2A HERTER. Auf der Rückreise das Gleiche.
Wenn Sie ein Haarshampoo, ein Duschgel, eine Hautcreme, wenn Sie Zahnpasta oder ein Deo kaufen, prangt in grossen Lettern: DERMATOLOGISCH ÜBERPRÜFT. Es muss hautärztlich getestet sein, sonst dürfte man kein FOR MEN®, kein HAIR & BODY®, kein LIMETTENTRAUM® und kein SMOOTH & CLEAN® verkaufen, absoluter Grundsatz für die Marktzulassung ist, dass ein Drogerieprodukt nicht Ihre Haut, die ja gepflegt werden soll, zerfrisst oder Ihnen die Haare, die ja locker und zart werden sollen, schliesslich ausfallen.
Am schlimmsten ist es in der Politik. Wenn Land A das Land B überfällt, dann sagt am Tag danach der US-Präsident, dass er es nicht gut findet. (Es sei denn, die USA sind das Land A.) Am nächsten Tag meldet sich die EU und sagt, dass sie es nicht gut findet, (Es sei denn, die USA sind das Land A),dann am dritten Tage die UN und wenn ich dann am vierten Tag im Radio höre,  Angela Merkel sagte vor Journalisten, sie verurteile den Einmarsch (Es sei denn A sind die USA),  dann bekomme ich die Krätze.
Wir ertrinken in Fakten, News und Infos und wenn wir wenigstens die Reminder weglassen, ist schon viel gewonnen.
Hebbie hat übrigens wirklich an den Schulleiter geschrieben und mindestens fünfmal, also sehr redundant den Begriff
Schlecht kommuniziert
verwendet.
Die Antwort war entzückend: Er habe wirklich noch mal IN den Ferien dran erinnern wollen, habe sich den Tag auch aufgeschrieben, es dann aber vergessen, weil seine Sekretärin vergessen habe ihm einen Reminder zu schicken.

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