Ich stand in der Morgendämmerung an meinem Wohnzimmerfenster
und schaute hinaus auf die Claramatte, den herrlichen Park, der direkt unter
meiner Wohnung liegt. Nein, eigentlich schaute ich NICHT auf die Claramatte,
denn sie war verschwunden. Wo waren die grossen Bäume? Wo der Musikpavillon? Wo
waren die Picknick-Zone und das Le Parcour-Übungsgelände? Wo das
Gründerzeithaus am Ende der Anlage? Stattdessen standen ca. 50 Kühe auf einer
grünen, mit einem Elektrozaun umsäumten Weide, setzten ihre Fladen (kein
Vorwurf, die können mangels eines Schliessmuskels nicht anders) und muhten. Das
allerdings – jetzt Vorwurf – hätten sie leiser tun können, für 6.00 morgens war
es ein Höllenlärm. Ich ging auf meinen Balkon, trank einen Kaffee und rauchte
eine Zigarette, im Hinterhof war alles wie gehabt.
Ich zog mich an und ging auf die Strasse. Täuschte ich mich
oder war die Stimmung wirklich anders? Ruhiger, ländlicher, der Nebel ein wenig
dichter und die Luft bäuerlicher? War wirklich eine grosse Veränderung
passiert?
Das nächste, was mir auffiel, war, dass ALI-DÖNER,
BABA-KEBAB, THAI-EXPRESS und PIZZABLITZ verschwunden waren. „Zur Krone“ las
ich, „Goldener Bär“ und „Zum Adler“.
Mir schwante Übles.
Aus dem ersten Stock eines der Häuser erscholl ein
Pfyffermarsch. Gut, ein bisschen früh um Sechs am Morgen, aber es war ein
Traum, nicht? Also der Marsch:
Da-Daa-Daa-Daa-Daa-Dada
war zu hören. Ich traute meinen Ohren nicht, Von Schoenebuech bis Ammel, gespielt von einer Basler Clique, von
Basler Piccolos in einem Basler Cliquenlokal?
Mit klopfendem Herzen und zitternden Händen raste ich
weiter.
Jodel- und Alphornfest
verkündete ein Plakat
Samstag, 14.3.2015 und
Sonntag, 15.3.2015
Spielorte:
Kulturzentrum
Elisabethen (vormals THEATER BASEL)
Mehrzweckhalle Barfi
(vormals Stadtcasino)
Turnhalle Heuwaage
(vormals Schauspielhaus)
Nun war alles klar, ich musste eigentlich gar nicht mehr auf
die andere Seite ins Grossbasel, aber die letzte Gewissheit brauchte ich doch.
Mit brummendem Kopf erreichte ich die Mittlere Brücke. Ein roter, nach rechts
schauender Baselstab prangte auf den Fahnen, die dort wehten.
Es war passiert.
Liestal hatte die Macht übernommen.
Die Landschäftler waren gekommen und das Baselbiet regierte.
Es war passiert.
Als ich aber am Nachmittag mit einem Kirchenmusiker aus
Tecknau telefonierte, erzählte der mir, er habe genau den gleichen Traum
gehabt.
Aber umgekehrt, und mit umgedrehten Vorzeichen klang der
Albtraum genauso albmässig und furchtbar. Da waren die Kühe verschwunden, da
roch es nach Chemie und Abgasen, da spielte der Musikverein Z’Basel an mym Rhy und die
Mehrzweckhalle Tecknau war in die avantgardistische, multikulturelle,
experimentelle und multimediale Kulturfabrik TECKNO verwandelt worden. Das Schlimmste,
so mein Kollege, das Schlimmste aber sei gewesen, dass der Stammtisch,
bestehend aus den Bauern Ruedi, Fritz und Hans, sowie dem pensionierten
Dorfschullehrer Beat und dem pensionierten Sigristen Kurt sich im THAI-EXPRESS
hätten treffen müssen, und diese lieben fünf Herren unter einem thailändischen
Palmenkitschbild sei doch ein schrecklicher Anblick gewesen, ein sehr
schrecklicher.
Auch er sei schweissgebadet aufgewacht.
Ein Albtraum hier, ein Albtraum da.
Aber sie können verhindert werden.
Also, liebe Onliner, ihr wisst, wie ihr stimmen müsst!
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