Donnerstag, 21. August 2014

Nun also das Nackt-Selfie

Nun also das Nackt-Selfie.

Nach dem Nacktwandern, dem Nacktputzen, dem Nacktschreiben (!), nach dem Nacktbaden und Nacktschwimmen, nach dem Joggen, Beachen und Tanzen im Adamskostüm – warum eigentlich nicht Evakostüm? – nun also das Nackt-Selfie. Es wurde ja auch Zeit, diese beiden Trends mit einander zu verbinden. Keine Angst, ich habe zwar schon einen Selfie-Post geschrieben, in dem ich mein Aussehen darstellte, ich habe einen Post textilfrei in den Laptop gehämmert, aber einen Nackt-Selfie-Post wird es nicht geben, das kann ich Ihnen, liebe Leserin, das kann ich Ihnen, lieber Leser nicht zumuten.

Nachdem eine Sekretärin textilfreie Aufnahmen aus dem Bundeshaus verschickt hatte, ist nun der Badener Stadtammann und Nationalrat ja über so eine Geschichte gestolpert und bös auf die Schnauze gefallen, das Pikante war, dass die Nackt-Selfies, die er an eine Frau verschickte, in seinem Büro entstanden waren.

Der Fall werfe Fragen auf, heisst es. Fragen? Für mich liefert der Fall eine Fülle an Antworten, Antworten, nach denen ich schon lange suchte.

Haben Sie sich nie gefragt, warum man auf Ämtern und Behörden immer im Gang warten muss? Warum man Nummern zieht, aufgerufen wird, warum man wartet, wartet, wartet, einen Kaffee holt und weiterwartet? Warum man ausharren muss, bis entweder ein Türspalt aufgeht und eine Stimme sagt: „Herr Schneider bitte“ oder – manche Ämter sind schon sehr modern – ein grünes Lämpchen aufleuchtet? Ich habe einmal, ein einziges Mal versucht, in ein Amtszimmer einfach hineinzugehen. Die Folge war, dass ein „WAAAAAAAAAAAAAAAARTEEEEEEEEEEEEEEEEN“ erscholl und mehrere Gegenstände von innen an die Türe flogen. Jetzt ist mir natürlich alles klar, auf dem Arbeitsamt, dem Sozialamt, der Führerscheinzulassungsstelle, dem Einwohnermeldeamt und der Baubehörde werden tonnenweise Nackt-Selfies geschossen und verschickt, da wird – verzeihen Sie mir das Zitat – geknipst und geguckt, da wird entblösst und nochmal entblösst. Deshalb seien Sie froh, dass Sie dort immer aufgerufen werden und sonst nicht in die Zimmer dürfen, Sie wollen gar nicht wissen, wie Ihr Sachbearbeiter oder Ihre Sachbearbeiterin ohne Hose oder Rock aussieht.

Haben Sie sich nie gefragt, wie die Staatsangestellten und Beamten zu den Überstunden kommen, von denen sie immer reden? Ein Bekannter von mir arbeitet bei der Stelle, die für die Nordwestschweiz Angel- und Fischereischeine ausstellt. Sie können dort eine Wochen-, Monats- oder Jahreserlaubnis abholen, die Sie berechtigt, eine bestimmte Menge Fisch aus den Gewässern zu holen, und zwar montags, mittwochs und freitags 10.00 – 12.00 und dienstags und donnerstags 14.00 – 16.00. Der gute Sachbearbeiter und Fischereischeinaussteller hat 2013 einhundertfünfzig Überstunden gemacht, die er sofort im Januar 2014 abfeierte. Wie kamen die zustande? Bei zehn Stunden Publikumsverkehr pro Woche? Bei einem Metier, bei dem der Andrang im Winter gleich Null ist? Bei einer Sache, die sich ja auch auf wenige Gewässer und Regionen beschränkt? Niemand wird für Dezember eine Angelerlaubnis holen und niemand für Pratteln, wo Sie im Bereich Schweizerhalle die Fischlein aus der Basler Chemietunke ziehen. Gut, ich weiss nun, was der liebe Herr den lieben langen Tag gemacht hat. Nein, das ist jetzt fies, vielleicht hat er auch Computerspiele gemacht oder den früher üblichen Beamtentriathlon: Gummibaumputzen / Bleistiftspitzen / Ablage. Aber vielleicht hat er doch auch alle Hüllen fallen lassen und seinen Adoniskörper in die Welt geschickt.

Die dritte Frage, die jetzt auch geklärt ist, ist, warum so viele Beamten und Staatsangestellte früher in Ruhestand dürfen. Man fragte sich ja immer schon – und das gilt jetzt vor allem für Deutschland – warum der Sachbearbeiter beim Arbeitsamt, dessen Lieblingsspruch „Wer mit 60 noch laufen kann, kann auch arbeiten“  war und der so viele angebliche Grufties noch in jugendlichen Berufen (Landschaftsgärtner, Möbelpacker) unterbrachte, selber mit 58 in Pension ging, „aus gesundheitlichen Gründen“ wie es hiess. Das war eine Strafpensionierung, es bleibt zu hoffen, mit nicht ganz vollen Leistungen, ich will gar nicht wissen, bei was die den ertappt haben.

Nein, wir wollen es eigentlich gar nicht so genau wissen, was da hinter deutschen, Schweizer und österreichischen Amtstüren abgeht, die Vorstellung, dass auch hochrangige Politiker, die Vorstellung, dass irgendwann auch Nackt-Selfies von Angie…

Nein, es gibt Dinge, die übersteigen das menschliche Vorstellungsvermögen.

Nun also der Nackt-Selfie-Boom.
Man ist gespannt, was das 21. Jahrhundert noch so bereithält.

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