Montag, 21. Juli 2014

Liebe LuL

Liebe LuL,

ich möchte heute mit Ihnen…
Sie wundern sich über die Anrede?
Nein, das hat nichts mit dem Chatkürzel *lol* zu tun, ich will Sie auch nicht zulallen oder einlullen, LuL bedeutet Leserinnen und Leser. Abgeleitet habe ich das von Lehrerinnen und Lehrer, man liest das gelegentlich, was man sehr häufig liest, ist SuS für Schülerinnen und Schüler.

Es ist ja nun auch schwierig, eine korrekte Anrede zu finden.
Früher war es einfacher, da sprach man (!!!!) die Männer an und die Frauen fühlten sich einfach mit angesprochen. Oder auch nicht, war eh egal. In einem privaten Pflegedienst wurde die Sache einmal umgedreht: Die Geschäftsleitung teilte mit, da man zu 90% weibliches Personal beschäftige, werde in Zukunft  nur die weibliche Form benutzt, die Männer seien jeweils mitgemeint. Grosser Aufstand bei den beiden Krankenpflegern (2 von 30!): Sie würden sich ganz und gar nicht angesprochen fühlen und es sei eine Schweinerei, nur noch von Krankenpflegerinnen und Mitarbeiterinnen zu reden; dies zum Thema Das andere Geschlecht ist auch gemeint.
Wie also nun? Immer Leserinnen und Leser zu schreiben ist mir zu lang, das würde jeden Post um ein Viertel verlängern, ein Viertel, in dem aber keine fundamental wichtige Aussage gemacht wird.
Leser/-innen oder Leser und –innen?
Das sieht doch so aus, als ob den Frauen etwas fehlt. Ja, geschenkt, machen Sie den Witz, Sie dürfen jetzt sagen, den Frauen fehle wirklich etwas Entscheidendes, damit zeigen Sie aber, dass für Sie das Ding zwischen Ihren Beinen Ihr zentraler Körperteil ist und nicht etwa das Herz oder die Lunge, ohne die niemand leben kann, oder noch entscheidender: Das Hirn. Aber wahrscheinlich haben Sie mehr Penis als Hirn, sonst würden Sie nicht so Sprüche machen.  
Zurück zum Binnen-I? LeserInnen?
War mal gross Mode, das sah immer sehr schön aus bei Begriffen wie InnenarchitektInnen oder AussenministerInnen, aber der Bringer ist das auch nicht.
Also ein neuer Versuch:

Sehr geehrte Damen und Herren,

wieso eigentlich sehr geehrt? Ausser dem Deutschen macht keine Sprache so einen Purzelbaum, mit dem der ach so konfuse Begriffe der Ehre ins Spiel gebracht wird:
Ladies and Gentlemen
Signori e Signore
Dames et Messieurs
Dames en Heren
Warum müssen wir die Leute auch noch ehren, und zwar sehr ehren? Ehre, wem Ehre gebührt, aber gebührt denn allen immer die Ehre?
Und was machen wir eigentlich mit Leuten, die sich nicht damenhaft oder herrenhaft benehmen? Ich sehe ja nicht, was Sie gerade machen, aber wenn Sie gerade in der Nase popeln und dann den Finger in den Mund stecken, dann sind Sie beileibe keine Dame und auch kein Herr.
Also Frauen und Männer?
Das hat jetzt wieder so einen Unterton.
Wenn ich das ein paar Mal hintereinander sage, möchte ich mir nicht nur einen Masskrug voll Bier holen und eine Wagnerplatte auflegen, nein, mein Schnauz zuckt ganz komisch und ich will in Polen einmarschieren.
Geht also auch nicht.

Der Redner, der nicht wusste, ob er von Geschätzten Kollegen, Liebem Publikum oder Hochverehrter Festgesellschaft reden sollte, rettete sich früher in eine Formel, der sich niemand entziehen konnte, weil der Zustand auf alle Zuhörerinnen und Zuhörer zutraf:
Liebe Anwesende

Anwesend sind Sie ja, denn Sie sind auf meiner Seite. Das können Sie nur, wenn Sie mit dem Internet verbunden sind. Also heisst die Formel ab heute:

Liebe Onliner

*lol*

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