Donnerstag, 10. Juli 2014

Ist ein 7:1 ein wirklich hi(y)sto(e)risches Ereignis?

Ist ein 7:1 ein historisches Ereignis?
Ein hysterisches ist es allemal, Tränen und Wut bei den Brasilianern, Verletze, Demolation - Freude und Jubel bei den Deutschen, Party ohne Ende.
Aber ein historisches?
Um dem nachzugehen müssen wir ein wenig in die Zukunft schauen:

Im Jahre 2233 schreibt (wird schreiben?) der Schweizer Historiker Beat Stimpfli:

Wenn wir die Quellenlage des Jahres alter Zeitrechnung 2014 als repräsentativ betrachten, und wir können nichts anderes tun, müssen wir den Sieg Deutschlands (heute Kanton Mitteleuropa) über Brasilien (heute Kanton Südamerika West) mit 7:1 im Fussball (Ballspiel der Vergangenheit) als wichtigstes Ereignis der Jahre 2010-2020 betrachten. Es scheint mir, als ob mit diesem Fussball die entscheidenden Fragen der Vorherrschaft erörtert wurden, und nicht mit Diplomatie, Geheimdienst, Waffen oder Krieg.

Als kurze Erklärung: Stimpfli redet von "alter Zeitrechnung" und meint damit den Gegensatz zur "neuen Zeitrechnung", die ab dem kompletten Kauf des Globus durch die Eidgenossen im Jahre 2187 gezählt wird, daher rühren auch die Kantonsbezeichnungen. Fussball war inzwischen fremd geworden (wird sein?), die National- (=Global-) Sportarten sind/werden sein Hornussen, Schwingen, Orientierungslauf und alle Arten des Schneesports.
Irrt Stimpfli?
Natürlich, aber ein Historiker kann nur die Quellen sammeln, deuten und wiedergeben, und im Falle des Juli 2014 scheinen alle Ereignisse vor dem 7:1 zurückzustehen. Selbst in SWR2 Kultur kommt der erste Beitrag zur Löw-Elf, BILD bringt 7 Seiten mit Bildern der Tore (ganzseitig), von Twitter, Facebook, Google, Moogle, Foogle ganz zu schweigen.
Und genauso wie wir, wenn wir zur Hochzeit Sigiswalds des Überbissigen mit Philippina der Schmollmündigen Gästelisten und Speisefolgen finden und zur Hochzeit von Baas Brutsch mit Jette Kibbel eben nur einen Kirchenbucheintrag, annehmen, dass eben Sigiswald bedeutender war als Baas, muss Stimpfli annehmen, dass eben nichts wichtiger war als dieses 7:1.
Ich lese gerade das wunderbare Buch Kossenblatt von Günter de Bruyn, in dem er die Geschichte eines Märkischen Schlosses nachzeichnet. Und auch er berichtet mehr von den Schlossherren als von den Dienern, weil auch er - ein meisterhafter Rechercheur - auf die Quellen des 15., 16. und 17. Jahrhunderts angewiesen ist.

Stimpfli MUSS annehmen, dass die Ereignisse, die zeitlich rundum des Sieges passierten, reine Lappalien waren:

* ISIS-Kämpfer erbeuten Uran
* US-Geheimdienste spionieren in deutschen Ministerien
* Israel bombardiert Gaza-Streifen

Und so ist der Rückschluss, dass ausser Fussball keine politischen Mittel existiert hätten, absolut folgerichtig. Stimpfli, Professor für Alte Geschichte (Geschichte vor dem GROSSEN AUFKAUF, Anm. d. Red.) in Bern (Kanton Hauptland - (die komplette heutige Schweiz, Anm. d. Red.)) kann nicht anders urteilen, wenn er die Quellen korrekt sichtet und deutet.
Und das ist vielleicht ein Problem unserer Zeit: Wir produzieren eine für Historiker späterer Saecula furchtbare Quellenlage: Sigiswald (70 Quellen) war als Landesherr bedeutender als Baas (1 Quelle; Kirchenbuch), heute ist das nicht so.
So hält (wird halten) Stimpfli auch Bieber (3.000.000 Follower) für wichtiger als Angie (3.000 Follower)

Also, liebe Leute: Damit nicht so eine Quellenschieflage entsteht, kommen wir mal wieder zum Tagesgeschehen zurück. Es passiert nämlich so allerlei auf dieser Welt, was gar nicht schön ist, vielleicht bemerken wir das auch mal wieder.

Das 7:1 ist ein hysterisches Ereignis.
Ein historisches ist es nicht, es sei denn, wir machen es dazu.





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