Montag, 19. August 2013

Mitleid mit Grube


O Sancta Mobilitas!
Ich möchte rasen.
Den ganzen Tag renn ich herum.
Ich bin von Amtspflicht ganz aufgeblasen.
Das Wohl der Bahn bringt mich noch um.

So könnte – in Anlehnung an den Bürgermeister van Bett aus Zar und Zimmermann – der Bahnchef Grube singen. Ein Chef der DB hat es auch wirklich nicht leicht und er hat unser höchstes Mitgefühl verdient.
Während seine Mitarbeiter nach Dienstschluss die Beine hochlegen, ein Bierchen kippen und fernsehen, hat so ein Topmanager überhaupt keinen Feierabend, immer gibt es noch E-Mails, Tagungsprotokolle, Unterlagen, die man sichten muss. Er hat auch nie ein richtiges Wochenende, während die Mitarbeiter einen freien Tag vergammeln, muss er vorarbeiten, nacharbeiten, querarbeiten und darf nicht einmal Überstunden aufschreiben, weil er pauschal vergütet wird.
Und jetzt – ich hoffe, Sie haben das mitbekommen – musste der arme Grube seinen Urlaub abbrechen. Er musste vom Meer oder von den Bergen – ich weiss nicht, wo Grube Ferien macht, ich glaube, in der Schweiz, weil man sich da wenigstens auf den ÖV verlassen kann, oder am Wolfgangsee, nee, das war ein anderer – also auf jeden Fall musste er heimreisen, weil seine Stellwerker in den Ferien bleiben. Während die Heinis irgendwo in Tunesien oder in Mallorca in der Sonne rumfläzen, darf der Boss sich nicht weiter  erholen. Die bleiben einfach am Urlaubsort, obwohl Grube sie ja noch persönlich angerufen hat!
Wo bleibt denn da die Fairness? Wo bleibt die Gerechtigkeit? Wo ist da das ausgleichende Moment?
Gut, man könnte sagen, das ausgleichende Moment ist Geld. Aber ich bitte Sie: Geld ist doch auch nicht alles. Knete kann doch die Sorgen und Nöte so eines Bahnchefs auch nicht wirklich wettmachen. Grube verdient nämlich nur doppelt so viel wie ein Stellwerksangestellter. Gut, wenn wir ehrlich sind, muss man noch ein Detail hinzufügen, er verdient am Tag doppelt so viel wie ein Stellwerker im Monat, aber wir wollen uns nicht um Kleinigkeiten streiten. Jedenfalls ist die Besoldung auch nicht so stark, dass sie alle die schlaflosen Nächte aufwiegen würde.
Das Schlimmste sind die Kunden. Was die nicht alles wollen! Sie wollen saubere Züge, sie wollen pünktliche Züge, sie wollen günstige Angebote, sie wollen verständliche Angebote, sie wollen eine Buchhandlung am Bahnhof und Kaffee im Zug. Sie wollen bequem, schnell und gut gelaunt reisen, und er, er, er wird ständig zu Verantwortung gezogen. Und wenn er wieder nicht schlafen kann und sich an die Konzeption Bahn 2020 setzt, dann darf er nicht einmal irgendwo einen Badge durchziehen und die Zeit ein anderes Mal abfeiern! Das gleichen die etlichen Milliönchen im Jahr doch nicht aus!!
So träumt unser Bahnchef, wenn er dann doch einmal schläft, er sei ein Postkutschendirektor im 18.Jahrhundert. Da stopfte man die Reisenden in ein winziges Gefährt, das holpernd und polternd über die Chausseen donnerte, und voll von Fliegen und Staub, durchgerüttelt und durchgeschüttelt waren sie sehr, sehr froh überhaupt am Ziele anzukommen. Hätte Mozart sich über Unpünktlichkeit oder Unbequemlichkeit beschwert? Oder dass es in der Relaisstation schlechten Kaffee gebe?
Mitnichten.
Grube mag Mozart.
Aber er wird hart durchgreifen. Er lässt sich auch nicht mehr alles bieten. Wenn der Chef seinen Urlaub abbricht, dann haben das seine blöden Stellwerker auch zu machen. Die Mainzer Weichensteller sind so gut wie entlassen.
Und so singt er heute unter der Dusche leise vor sich hin:

 Oh, ich bin klug und weise
Und mich betrügt man nicht.
Ja, mich betrügt man sicher nicht.  

 

 

 

 

 

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