Dienstag, 13. März 2012

Freundschaft

Ich habe in der blogfreien Zeit Freundinnen und Freunde besucht. Alte Freundschaften, die aus der Schulzeit und dem Zivildienst stammen und die ich dieses Jahr unbedingt wieder auffrischen wollte. Aber was ist eigentlich Freundschaft? Jeder Männerchörler könnte jetzt sofort ein Lied anstimmen – „Freunde fürs Leben sind wie ein Diamant, den man vergeblich sucht im heissen Wüstensand...“ – jeder Burschenschaftler könnte es auch, der aber auf Latein, da verstehen wir nicht so viel. Erklären können sie das Phänomen auch nicht.
Vielleicht muss ich meinen jungen Freunden erst einmal erklären, wie Freundschaft nicht funktioniert: Freundschaft wird nicht erbeten, nicht angefragt („Darf ich dein Freund sein?“) und danach akzeptiert oder nicht akzeptiert. Heutzutage muss man ja schon immer nachfragen, wenn jemand sagt, er habe 200 Freunde: „Echte oder auf Facebook?“
Aber was ist denn nun ein Freund oder eine Freundin? Günter de Bruyn schreibt in Buridans Esel: „Das gute war, dass er gute, das heisst kritische Freunde hatte.“ Wie wahr, wie wahr, ein guter Freund ist jemand, der dir auch mal ganz ungeschminkt sagt, dass deine neue Jacke extrem schräg aussieht oder dass du den Friseur wechseln solltest. Ein anderer schöner Spruch ist der:
„Ein Freund ist jemand der dich mag, obwohl er dich kennt.“
Auch wahr. Für mich ist aber das Entscheidende: Mit allen meinen Freunden habe ich irgendwann etwas ganz Verrücktes gemacht oder Erlebt, und zwar wirklich, real, nicht in einer Virtuellwelt oder in einem Game, wir haben gewettet, dass ich nach einer durchgemachten Nacht noch von Stuttgart nach Tübingen laufen kann, zwei haben die Nicht-Schlafen-Kontrolle übernommen und zwei das Mitwandern. Wir sind nachts im See geschwommen und auf Landstrassen stehen geblieben, weil wir die Tankanzeige falsch gedeutet haben, wir haben gegessen, getrunken und geraucht, wir haben über Gott – das meine ich wörtlich, meine Freunde wissen das – und die Welt diskutiert und sind auf die irrwitzigsten Ergebnisse gekommen. So gipfelte ein Gespräch über Eurythmie in der These, dass es von vornherein falsch ist, wenn Menschen sich bewegen. Alle Abende, Morgen, Mittage sind stets mit der einen Person verbunden, absolut einzigartig und unwiederbringlich.
Freundschaft heisst aber auch, dass man unmittelbar an das letzte Treffen anknüpft, als wäre der andere nur kurz Zigaretten holen gegangen oder auf dem Klo gewesen, und dann feststellt, dass es 8 – oder 9, oder 10? – Jahre her ist.
Vielleicht ist das Freundschaft. Aber wenn nicht, ich bin einfach froh, dass es meine Freunde gibt. Und dass es Ferien gibt und sie nicht in Alaska wohnen.

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