Freitag, 15. Dezember 2023

Warum kauft man Geschenke nicht früher?


Und wieder ist es schon fast Weihnachten. Und wieder einmal der Geschenke-Stress. Dabei hätte man ja das ganze Jahr Zeit gehabt…

Erinnern Sie sich? Da standen Sie doch in Berlin vor dem Schaufenster dieser wunderbaren Handweberei und sie fand diesen rosa-weiss-blauen Schal so toll, aber zu teuer. Und Sie hätten am nächsten Tag die Möglichkeit gehabt, in die Handweberei zu gehen und den Schal als Weihnachtsgeschenk zu kaufen. (Schon im September!) Warum haben Sie das nicht gemacht?

Und wieder ist es fast Heiliger Abend. Ein Tag der ja immer so plötzlich zu kommen scheint. Und wieder der Geschenke-Stress. Dabei hätte man ja das ganze Jahr Zeit gehabt…

Erinnern Sie sich? Da waren Sie in Hamburg in der herrlichen kleinen Buchhandlung. Und er hatte die Gesamtausgabe von Alexander Schultz (1903 – 1953) in der Hand, kaufte sie aber dann doch nicht. Und Sie hätten in den nächsten Tagen absolut die Musse gehabt, die 5 Bände Gedichte und Philosophie käuflich zu erwerben. (Schon im August!) Warum taten Sie das nicht?

Und wieder ist es schon fast Weihnachten. Und wieder einmal der Geschenke-Stress. Dabei hätte man ja das ganze Jahr Zeit gehabt…
Warum kaufen wir Geschenke nicht innerhalb des Jahres?

Es gibt wahrscheinlich Casanovas und Schürzenjäger, es gibt Vamps und Femmes Fatales, die davon ausgehen, dass die Liebschaft vom August oder September gar nicht bis in die dunkle und kalte Jahreszeit hält. Die der Meinung sind, dass man gerade bei Mille Tre ist, aber am 24. 12. sicher bei Mille Trenta sein wird. Dann lohnen sich natürlich solche Präsente, die speziellen Wünschen entsprechen, überhaupt nicht. Casanovas und Schürzenjäger, Vamps und Femmes Fatales haben deshalb immer eine grosse Sammlung von Douglas-Produkten im Schrank, die immer passen. Aber nun mal ganz ehrlich: Normalerweise halten Beziehungen bis Weihnachten, der Grund also, etwas nicht zu kaufen, weil man mit der Person nicht mehr zusammen sein könnte, trifft in 95% der Fälle nicht zu.

Warum kaufen wir Geschenke nicht innerhalb des Jahres?

Haben wir Angst, dass der Geschmack der oder des Beschenkten sich plötzlich ändert?
Dass sie im November beschliesst, dass Rosa pfui, Weiss igitt und Blau kotz ist? Und deshalb ein rosa-weiss-blauer Schal das Schrecklichste überhaupt ist und daher auf den Müll gehört?
Dass er im Oktober zur Ansicht gelangt, dass wegen eines Leserbriefes von Schultz aus dem Jahre 1939 – der nicht einmal als gesichert authentisch gilt – er das Werk des Philosophen und Lyrikers komplett ablehnt?
Jetzt mal ehrlich: So wie die meisten Menschen im Winter noch den gleichen Lebenspartner haben, haben sie auch den gleichen Geschmack.

Und wieder ist es fast Heiliger Abend. Ein Tag der ja immer so plötzlich zu kommen scheint. Und wieder der Geschenke-Stress. Dabei hätte man ja das ganze Jahr Zeit gehabt…
Warum haben wir die Präsente nicht schon im Sommer gekauft?

Der Grund liegt ganz woanders: Man will nicht anders sein als die anderen, man will im «Weihnachts-Stress-Spiel» nicht der Spielverderber sein, man will nicht angefeindet werden.
Sie glauben mir nicht?
Machen Sie einmal den Versuch und sagen Sie am 20. Dezember, wenn alle am rumhektiken und rumheulen sind, den einfachen Satz: «Ich habe seit Herbst schon alle Geschenke.»
Es wird ein Shitstorm auf Sie niederprasseln, als hätten Sie gerade Putin verteidigt oder Corona geleugnet. Lieblingshassrede von mir: «Du bist ja auch Lehrer.»

Jetzt macht man das folgende (ziemlich blöde) Spiel, dass man in der Stadt herumläuft und so tut, als ob man Geschenke kauft. Man guckt in Schaufenster, stopft in seinen Taschen herum, man rennt hektisch und versucht einen wirren Blick, nur damit niemand denkt, man sei so ein Verrückter, der schon alle Geschenke hat.
Bei vielen – nicht bei mir! – kippt dann allerdings die Sache, denn wenn sie im einen Jahr ständig so tun müssen, als kauften sie Präsente, dann tun sie es im nächsten WIRKLICH und lassen das Im-Oktober-schon-kaufen.

Und wieder ist es fast Heiliger Abend. Ein Tag der ja immer so plötzlich zu kommen scheint. Und wieder der Geschenke-Stress. Dabei hätte man ja das ganze Jahr Zeit gehabt…

So, genug für heute.
Ich gehe in die City. Und wenn Sie mich mit stieren Augen und zitternden Händen durch die Freie Strasse rasen sehen:
Ich tue nur so…

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